Ein Heimatministerium unter bayerischer Flagge? Geht's noch?

von Sandra Zecchino


Hauptsache, mir ham Spaß. Symbolbild: pixabay
Hauptsache, mir ham Spaß. Symbolbild: pixabay

Wie stellen sich Menschen, die noch nie hier waren, Deutschland vor? Genau, mit Dirndl, Lederhose und Oktoberfest. Und wenn wir ehrlich sind, ist das auch unser Bild von Bayern. Und jetzt soll ein Bayer - oder genauer gesagt Horst Seehofer - Heimatminister werden? Na gut, ich muss ja korrekt sein: Seehofer soll Minister für Inneres, Bau und Heimat werden.


Den Unterpunkt Heimat in dem Ministerium haben sich die wahrscheinlichen Koalitionspartner bei den Verhandlungen ausgedacht. Dabei haben sie aber leider vergessen zu definieren, was sich genau dahinter verbirgt. Doch zum Glück gibt es in Deutschland ja schon ein Heimatministerium, und dreimal dürfen Sie raten, wo ... Richtig, in Bayern. Also schnell mal nachgeschaut, was genau die Aufgaben des dortigen Heimatministers sind. Das NürnbergWiki, wo das Bayrische Heimatministerium zuhause ist, umschreibt die Aufgaben mit folgenden Worten:
"Man könnte den verkürzten Namen „Heimatministerium“ als Ministerium für Heimatpflege verstehen wie zum Beispiel ein Ministerium für Baugestaltung, Denkmalpflege, Landschaftspflege, Brauchtum, Sprachpflege und Sprachkultur, Volksschauspiel, Trachten, regionale Geschichtsforschung, Volksmusik, Volkslied und Volkstanz."

Das Lachen im Halse


Gut, jetzt brauche ich erst mal einen Augenblick, um das sacken zu lassen. Auf den ersten Blick wirkt das lustig und vor meinem inneren Auge läuft ein gesamtes Ministerium in Trachten rum, tanzt Schuhplattler und zuzelt Weißwurst.

Aber wenn ich ehrlich bin, bleibt mir das Lachen schnell im Halse stecken. Denn leider hat das Ganze auch noch eine andere Seite. Wenn eine Partei, die in einem Zehn-Punkte-Plan vor den Koalitionsverhandlungen Sätze wie "Weil gesunder Patriotismus und Liebe zur Heimat wichtig sind" und "Weil es die konservative Stimme braucht gegen Denkverbote und Meinungspolizei" verwendet, ein Heimatministerium zugewiesen bekommt, sind da leider noch ganz andere Bilder, die vor meinem inneren Augen auftauchen. Und diese Bilder machen mir Angst.

Denn was bedeutet denn übertriebene Heimatliebe, Patriotismus und Konservatismus? Es ist ein großen Schritt weg von einer weltoffenen Gesellschaft, in der wir mit offenen Augen staunend die Welt erkunden und die positiven Eindrücke in unser Leben einfließen lassen. Oder um es mit einem Zitat von Sandra Staube, Mitglied des Stadtrates Wolfsburg, zu sagen: "Man sollte wirklich mit offenem Herzen, offenem Kopf und offenen Augen in der Welt unterwegs sein." Es bedeutet ein Zurück in die kleine, enge Welt der direkten Nachbarschaft, auf die das Leben vor den Reisemöglichkeiten und dem Internet beschränkt war. Es bedeutet Angst davor, sein Herz zu öffnen und etwas neues hineinzulassen.

Aber zum Glück liegt es immer noch an uns, wie weit wir es zulassen, dass solche Ansätze sich in der Gesellschaft breit machen. Und für mich steht eines fest: Heimat ist da, wo ich mich wohl fühle und Menschen sind, mit denen ich gern zusammen bin. Dabei ist es mir egal, ob das, was wir gerade machen, ein Brauchtum aus Niedersachsen, Bayern oder sonst wo auf der Welt ist. Ich werde mich nicht durch ewig gestrige einengen lassen. Denn eigentlich zählt doch nur eines: Hauptsache, mir ham Spaß ;)


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