In meinem Kopf ist alles anders - Alltag als autistischer Schüler


Der Autor und Zeichner Robin Schicha gab Einblicke in die Gedankenwelt eines autistischen Teenagers. Foto: DRK
Der Autor und Zeichner Robin Schicha gab Einblicke in die Gedankenwelt eines autistischen Teenagers. Foto: DRK | Foto: DRK

Wolfenbüttel. Das Solferino am Exer ist gut gefüllt, als Robin Schicha sein Buch in die Höhe hält. Etwas mehr als 50 Personen sind der Einladung der DRK-Autismusambulanz gefolgt, um ihn aus seinem Werk „Außerirdische Reportagen vom Schulalltag“ lesen zu hören. Das DRK berichtet.


Es gibt drei Dinge, die ihn an diesem Abend von den meisten anderen Menschen unterscheidet. Erstens sitzt er vorne, nicht im Publikum. Zweitens ist er kunterbunt gekleidet: Über einem grünen Shirt trägt er ein weiteres graues und die Hose ist knallrot. Und drittens: Robin Schicha ist Autist. „Während meiner Schulzeit habe ich mich ständig anders gefühlt, irgendwie außerirdisch“, erzählt er. Mit 14 Jahren habe er dann begonnen ein Tagebuch aus der Sicht eines Außerirdischen zu schreiben und mit kleinen Zeichnungen zu versehen.

Erst später lernte er, dass viele amerikanische Autisten den Begriff „Wrong Planet Syndrom“ für das verwenden, was er fühlte. Seine Diagnose bekam er mit 15 Jahren: „Mitten in der Pubertät. Der absolut schlechteste Zeitpunkt für so etwas“, räumt er ein. Nach einer langen Phase der Verleugnung, in der er nicht wahrhaben wollte anders zu sein, folgte eine Phase des Selbstmitleids und später die Akzeptanz. Seine anonymisierten Tagebucheinträge sind Grundlage für die „außerirdische Reportage“.

"Was ich erlebt habe, ist typisch"


„Ein Lehrer klopfte fortwährend kumpelhaft auf die Schulter. Das machte mich fertig. Statt mich auf den Unterricht zu konzentrieren verbrachte ich die gesamte Stunde damit darauf zu achten, dass er mich nicht berührt“, liest der 27-Jährige vor und windet den Körper. „Gelernt habe ich dabei natürlich nichts.“ Was er erlebt habe, sei einerseits typisch, berichtet er bei einem Gespräch mit dem Publikum, andererseits sei jeder Mensch mit Autismus ein Individuum mit eigenen Schwächen, Fähigkeiten, Vorlieben und Eigenheiten. Seine Worte untermalt er gerne mit Gesten. Eine Eigenheit, die er sich beim Theater spielen angeeignet hat. „Statt auf die Schwächen von autistischen Menschen zu schauen, lohnt es sich die Stärken zu entdecken und sie zu fördern.“

Auf eine Leinwand sind seine Zeichnungen projiziert. Im zweiten Buch, das er vorstellt, hat er sich als Kommunikationsdesigner mit ebenfalls autistischen Gestaltern und Gestalterinnen auseinandergesetzt. Bei einigen von ihnen, wie Andy Warhol, gab es die Diagnose erst nach ihrem Tod, andere leben noch und sind als Künstler tätig. „Meine Leidenschaft war immer das Zeichnen und ich hatte das Glück, dass ich es zu meinem Beruf machen konnte. Meine Begeisterung möchte ich weitergeben“, so Schicha.

Er will Kunst unterrichten


Sein Traum ist es, ein Pädagogikstudium aufzunehmen und später Kunst zu unterrichten. Zwölf Wolfenbütteler hatten am Tag nach der Lesung die Gelegenheit, an einem Comiczeichnen-Workshop im Integrations- und Therapiezentrum (ITZ) des DRK bei ihm teilzunehmen. Der Abend im Solferino klang aus mit angeregten Gesprächen und einigen weiteren Anekdoten aus der Schul- und Studienzeit des Autors. Es wurden Adressen ausgetauscht, Schicha versprach, wieder nach Wolfenbüttel zu kommen. Denn Bücher und Lessing interessieren ihn sehr.


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