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Kinokritik: Blade Runner 2049 - Fortsetzung des Kults

Wir sahen den Film "Blade Runner 2049" im Cineplex Goslar. Foto: Nino Milizia
Wir sahen den Film "Blade Runner 2049" im Cineplex Goslar. Foto: Nino Milizia | Foto: Nino Milizia

Goslar. Blade Runner war 1982 genreprägend und lieferte eine Blaupause des Cyberpunks. Als bekannt wurde, dass Denis Villeneuve eine Fortsetzung des Kultfilms drehen würde, machte sich Skepsis unter den Fans breit. Wir schauten Blade Runner 2049 im Cineplex und bildeten uns unser eigenes Urteil.

Teil 1 spielte im Jahr 2019. Die Menschen hatten zur Erschließung des Weltraums synthetische Menschen namens Replikanten erschaffen, die mit übermenschlichen Fähigkeiten ausgestattet Sklavendienste ausführten. Doch führte ihre künstliche Intelligenz zu dem Wunsch, sich gegen ihre Schöpfer zu erheben. Nach blutigen Kämpfen zwischen Schöpfung und Schöpfer wurden Replikanten verboten, von sogenannten Blade Runnern gejagt und in den "Ruhestand" geschickt. Harrison Ford spielte den Replikanten-Jäger Rick Deckard, der in einer dystopischen Welt die zu Gefühlen fähigen Widerständler gnadenlos Jagd, um im späteren Verlauf seine Taten zu hinterfragen und sich schlussendlich selbst in eine Replikantin verliebt.

Was Blade Runner zu einem so besonderen Werk machte, war sicherlich sein philosophischer Überbau. Wenn eine Künstliche Intelligenz denkt und fühlt wie ein Mensch und moralisch handelt, kann man dann nicht von einer Seele und einer dem Menschen gleichwertigen Lebensform sprechen? Was ist Moral, was ist Liebe, was ist Erinnerung? Und so bohrte sich der Monolog von Rutger Hauer, der den Anführer der aufständischen Replikanten verkörperte, in das Gedächtnis der Filmgeschichte: "Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet. Gigantische Schiffe, die brannten, draußen vor der Schulter des Orion. Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Tannhäuser Tor. All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen. Zeit zu sterben.“

Odyssee mit villeneuve'schen Winkelzügen


Um nicht Blade Runner-kundigen Menschen deutlich zu machen, was eine Fortsetzung dieses heiligen Science-Fiction-Grals für eine Mammut-Aufgabe darstellte, muss man ihnen nur ein weiteres Sequel der Pate-Reihe in Aussicht stellen. Genau deswegen ist es Villeneuve nicht hoch genug anzurechnen, dass es ihm tatsächlich gelingt, diesem filmischen Meisterwerk nicht nur gerecht zu werden, sondern die Geschichte tatsächlich sinnvoll zu erweitern und nach 35 Jahren alte Handlungsstränge so selbstverständlich wieder aufzugreifen. Exemplarisch dafür ist die Eröffnungssequenz, in der erneut ein Replikant Bezug auf Rutger Hauers Tannhäuser Tor-Zitat aufgreift ("Ich habe Wunder gesehen") und für seine Überzeugung stirbt. Und so werden viele weitere lose Enden des Vorgängers erneut aufgenommen und zufrieden stellend weiter gesponnen.

Doch was dem hier schreibenden noch besser gefällt als im ersten Teil, ist die Tragik, die jede auftretende Figur entfaltet. Bis auf den durch und durch wahnsinnigen Wallace, gespielt von Jared Leto, sind die Beweggründe aller Parteien schlüssig. Die Hybris des Menschen wird einem permanent vor Augen geführt durch künstliche Wesen, die oftmals menschlicher als der Mensch erscheinen, obwohl ihnen nachgesagt wird, dass sie keine Seele besitzen. Doch ist das wirklich war? Und so begleiten wir Ryan Gossling, der den neuen Blade Runner K spielt, auf seiner Odyssee, die den Zuschauer dazu verleitet, sein eigenes Selbst zu hinterfragen. Das alles in visuell beeindruckenden Bildern erzählt, mit einem Spannungsbogen, der sich Zuschauern, die auf einen reinen actiongeladenen Unterhaltungsfilm gehofft hatten, nur schwerlich entblättert und mit einigen villeneuve'schen Winkelzügen versehen.

Langeweile vs. Meisterwerk


So bleiben am Ende wieder widersprüchliche Wertungen der Zuschauer. Langweilig oder Meisterwerk, Enttäuschung oder Begeisterung. Blade Runner ist kein Blockbuster, der nichtalle Kinogängertypen gleichzeitig glücklich macht. Doch wer sich auf diesen Film einlässt und für den Begriffe wie Singularität keine böhmischen Dörfer sind, wird 169 Minuten verzückt in seinem Kinosessel sitzen und wie wir noch lange von diesem Erlebnis schwärmen.

Fazit: Denis Villeneuve brachte das Kunststück fertig, dem kultigen Original ein Meisterwerk folgen zu lassen. 5 von 5 Punkten

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So fanden die Goslarer Kinobesucher den Film:

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