Billen-Pavillon öffnet Türen für Architekturinteressierte


Blick in die Empfangshalle des Billen-Pavillons. Foto: Heinrich Heidersberger, 1961
Blick in die Empfangshalle des Billen-Pavillons. Foto: Heinrich Heidersberger, 1961

Wolfsburg. Aktionswochen machen das Baudenkmal zugänglich für Kreative und Architekturinteressierte. Die Stadt Wolfsburg berichtet in einer Pressemitteilung.


60 Jahre alt wird das ehemalige Verwaltungsgebäude der Firma Naturstein Billen in diesen Tagen, seit 2012 steht das besondere Gebäude am Wolfsburger Maybachweg unter Denkmalschutz und wartet auf eine neue Nutzung. In seiner Architektur für Wolfsburg und Niedersachsen einmalig, strahlt der flache filigrane einstöckige Bau aus dem Jahr 1959 durch seine großen Glasflächen Offenheit und Transparenz aus. Ein begrüntes Atrium lässt Luft und Licht in die innenliegenden Räume. Ein Vergleich mit dem Barcelona-Pavillon von Mies van der Rohe drängt sich auf. In drei Aktionswochen – unter anderem mit Foto-Ausstellungen, Gesprächen mit Zeitzeugen und Architekturexperten, Kunstaktionen, einem Familientag und einem Sommercafé – wird der Billen-Pavillon vom 18. August bis 8. September öffentlich zugänglich gemacht. Alle Interessierten haben so die Möglichkeit, die wiederentdeckte Architektur-Ikone in kreativer Nutzung zu erleben.

Billen und Bauhaus


Der Billen-Pavillon und das Unternehmen Naturstein-Billen stehen für die Aufbaugeschichte der jungen Stadt in den Nachkriegsjahren. Und im Jahr des 100-jährigen Jubiläums des Bauhauses sind gerade hier die Bezüge der wegweisenden Architekturschule offensichtlich. Im Vorfeld der Gebäudeplanung war es 1955 zu einer folgenreichen Begegnung des Wolfsburger Unternehmers Johann Tilmann Billen mit dem Architekten und ehemaligen Direktor des Bauhauses Ludwig Mies van der Rohe in Chicago gekommen. Als Billen 1959 beim Wolfsburger Architekten Rudolf Richard Gerdes einen neuen Verwaltungsbau in Auftrag gab, nahm dieser unverkennbar Anleihen an Mies van der Rohes Barcelona Pavillon, den dieser 1929 für die Weltausstellung entwarf und der als die Ikone der Moderne gilt.

Geöffnet zum Sehen und Verstehen


Um das Potential der Räume zu zeigen, werden sie an insgesamt sieben Tagen geöffnet sein. Ausstellungen und Führungen, Zeitzeugengespräche, ein Familiennachmittag und mehrere Kunstprojekte, Diskussionen, Kurzvorträge und Konzerte bieten ein buntes Programm mit vielen Förderern, Helfern und Beteiligten (siehe Anhang). Ein Sommercafé vor dem Gebäude lädt bei Musik und kühlen Getränken zum Chillen bei Billen ein. Geöffnet ist jeweils am Donnerstag von 16 bis 22 Uhr und am Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Die Eröffnung ist für Sonntag, 18. August um 15 Uhr vorgesehen. Den Abschluss macht der "Tag des offenen Denkmals" am Sonntag, 8. September.

Zu den Initiatoren zählen Bernd Rodrian vom Institut Heidersberger und Ali Altschaffel, Künstler und Fotograf in Wolfsburg. Sie werden unterstützt vom Forum Architektur der Stadt Wolfsburg und der Unteren Denkmalschutzbehörde.

Um was geht es?


Es geht darum, die Kultur- und Kunstszene in Wolfsburg zu fördern, neue Orte zu entdecken, das baukulturelle Erbe der Stadt lebendig zu halten und den Austausch der kreativen Szene strukturell zu unterstützen. "Auch oder gerade nicht perfekte Orte können inspirierend sein", unterstreicht Bernd Rodrian, "auch wenn vielleicht nur eine temporäre Nutzung im Sommer möglich ist." Ziel ist es, eine solche kreative Nutzung mit vielen Akteuren für drei Wochen zu testen. Vieles ist improvisiert und wird mit einem Mini-Budget realisiert. "Das ist untypisch für Wolfsburg", findet Rodrian. Doch die Aktion ist an vielen Stellen in Wolfsburg auf offene Ohren gestoßen und hat schon im Vorfeld große Unterstützung.
"Wir wollen zeigen, dass dieses Bauwerk ein spannender Teil unserer Wolfsburger Geschichte ist und dies auch weiter sein kann", ergänzt Ali Altschaffel. Eine gemischte Nutzung aus Kreativwirtschaft, Kunst und Bildung wäre sicher auch im Sinne von Johann Tillmann Billen (1923-2018), der stets bildende Künstler förderte und unterstützte. "Ohne langfristige Nutzungsperspektive werden nur Sicherungsmaßnahmen möglich sein", so Friederike Hansen von der Unteren Denkmalschutzbehörde. Wünschenswert wäre es langfristig, diesen Ort in einen lebendigen Standort mit kleinen Büros und Ateliers für Künstler und Kreativschaffende oder Lehr- und Bildungseinrichtungen zu überführen. Ergänzen und öffnen könnte man diesen Ort durch ein kleines selbstverwaltetes Café im Foyer, das sich für die Anrainer des Areals als ein Treffpunkt zum Austausch etablieren könnte. Die Priorität soll in der Erhaltung der Aura des Ortes liegen, was zunächst auch mit einfachen Mitteln realisiert werden kann. "Wir können diese Möglichkeiten nur andeuten", sagt Esther Orant vom Forum Architektur der Stadt Wolfsburg. "Aber mit etwas Phantasie lässt sich vielleicht erspüren, was hier tatsächlich möglich ist. Zumindest sollte man die Chance nutzen und vorbeikommen, wenn man mitreden will."
Weitere Informationen unter www.wolfsburg.de/architektur und in Kürze auch unter: www.billen-pavillon.de


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