DRK löst Pflegebereich auf: Betriebsrat kritisiert Schritte der Geschäftsführung

Das DRK Wolfenbüttel will seine Pflege+Betreuung gGmbH auflösen. Mehr als 42 Mitarbeiter werden ihren Job verlieren und 200 Kunden ihre Pflege.

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Symbolfoto | Foto: Public Domain

Wolfenbüttel. Aus wirtschaftlichen Gründen, so erklärten DRK-Vorstand Andreas Ring und Horst Kiehne, Vorsitzender des Präsidiums, vor knapp zwei Wochen, habe man sich entschieden die Pflege + Betreuung gGmbH aufzulösen. Damit stehen 42 Mitarbeiter und 200 zu betreuende Menschen vor einer ungewissen Zukunft. Die Betriebsratsvorsitzende Sabine Ecklebe-Ismail kritisiert diesen Schritt ihres Arbeitgebers und sagt, es hätte sogar eine Option gegeben.



Die Nachricht zu erhalten, dass man bald keinen Job mehr hat, sei so kurz vor Weihnachten schon eine Hiobsbotschaft gewesen. Natürlich mache man sich Sorgen um die eigene berufliche Zukunft, sagt Sabine Ecklebe-Ismail im Gespräch mit regionalHeute.de. Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen seien seit vielen Jahren in der Pflege tätig und finden im fortgeschritteneren Alter auch nicht so leicht wieder eine Anstellung. Angebote von anderen Einrichtungen würde es auf jeden Fall gegeben - auch mit durchaus besserer Bezahlung, sagt sie. Aber so einfach sei es ja trotzdem nicht. Man müsse eben sehen, welche Bedingungen angeboten werden. "Man fängt ja quasi bei Null an, hat beispielsweise eine Probezeit und die Jahre der Betriebszugehörigkeit fallen weg oder Tarifverträge werden nicht übernommen. Ich bin 32 Jahre da, wenn ich jetzt irgendwo wieder bei Null anfange, ist das ja nicht gerade das, was man sich wünscht", sagt die Betriebsratsvorsitzende. Und dann sind da ja auch noch die Kunden, die man nicht im Stich lassen möchte, sagt sie.

Dass das Aus nun kam, habe sich schon eine Weile abgezeichnet, sei aber vermeidbar gewesen. Das Unternehmen habe man nach und nach ausbluten lassen und runtergewirtschaftet, sagt Sabine Ecklebe-Ismail. Angebote von Mitarbeitern, die Stunden zu erhöhen, damit die Arbeit abgedeckt werden kann, wurden abgelehnt. Und wirkliche Anstrengungen, Mitarbeiter zu halten, oder zu motivieren habe es auch nicht gegeben. Man hat sie einfach ziehen lassen oder sogar dazu geraten, sich nach einer anderen Stelle umzuschauen, berichtet sie. "Wir haben vor zwei Jahren noch 100 Mitarbeiter gehabt. Und es war nicht so, wie man in der Presseerklärung gesagt hat, dass die in Rente gegangen sind. Es wurde auch nie der Versuch unternommen, Mitarbeiter zu halten und die Arbeit attraktiver zu machen. Die haben gekündigt und das wurde einfach so hingenommen."

Und so hatte sich der Mitarbeiterstamm in den vergangenen Jahren um die Hälfte reduziert. Am Ende kümmerten sich 42 Pflegekräfte um etwa 200 Kunden im ganzen Landkreis. Und die sind nun die Leidtragenden, weiß Sabine Ecklebe-Ismail. Was soll aus denen werden? "Es gibt einen Aufnahmestopp in den anderen Einrichtungen. Mit viel Glück nehmen die vielleicht zwei oder drei Kunden auf. Aber wir haben 200. Wir machen uns also gar nicht so viel Sorgen um uns, sondern um die 200 Menschen, die nicht mehr betreut und gepflegt werden können", macht sie deutlich. daher habe man auch am vergangenen Samstag die Aktion in der Fußgängerzone durchgeführt. "Damit haben wir die Pflege in Wolfenbüttel zu Grabe getragen."

Mitarbeiter des DRK-Pflegedienstes haben in Wolfenbüttel symbolisch die Pflege zu Grabe getragen.
Mitarbeiter des DRK-Pflegedienstes haben in Wolfenbüttel symbolisch die Pflege zu Grabe getragen. Foto: Privat


Mitarbeiter verstehen Schritte nicht


Nachdem bekannt wurde, dass das Unternehmen nicht zu retten sei und geschlossen wird, war der Schreck groß. Dabei habe man seitens des DRK versichert, dass man Bestrebungen unternehme, genau das zu vermeiden. Ein Angebot einer anderen Einrichtung hätte es sogar gegeben. "Uns wäre es ja egal, unter welcher Einrichtungen wir weiter arbeiten. Deswegen sind wir noch gar nicht hellhörig geworden. Schlimm wurde es erst als es hieß, dass man nun ganz zu mache, weil sich niemand gemeldet hat und dass die Patienten dann ohne Versorgung wären. Das war für uns bitter und auch für die Patienten. Da gab es auch mitunter Tränen", erzählt Sabine Ecklebe-Ismail und versteht das Handeln des DRK überhaupt nicht. Weder das Vorgehen, noch die Aussage dass man aus wirtschaftlichen Gründen schließen müsse. "Wir sind eine GGmbH, also eine gemeinnützige Institution. Da reicht eine Null, wir müssen keinen Gewinn machen. Und andere Pflegedienste machen durchaus gute Gewinne. Da frage ich mich, warum das bei uns nicht klappt. Und dass das DRK sagt, wir können es uns nicht mehr leisten, ist auch ein Ding. Ich meine wir sind eine Tochtergesellschaft des Kreisverbandes, der oben am Exer für neun Millionen Euro neu baut. Und dann ist kein Geld da?", klagt sie an.

Das DRK möchte sich auf Nachfrage von regionalHeute.de nicht äußern. Horst Kiehne, Vorsitzender des DRK-Präsidiums, bitte um Verständnis. Zwar könne er den Unmut des Betriebsrates nachvollziehen, aber zum jetzigen Zeitpunkt, wo Vertraulichkeiten gewahrt werden müssen, wolle er sich aber nicht weiter äußern. Es seien noch zu viele Gespräche zu führen und Dinge zu entscheiden. "Wenn es Beschlüsse und Entscheidungen gibt, werden wir damit auch an die Öffentlichkeit gehen", so Kiehne.

Belegschaft wartet ab


Für Sabine Ecklebe-Ismail und ihre Kollegen sieht die Zukunft also gar nicht wirklich schwarz aus. Nach wie vor würde es Angebote zu guten Konditionen geben und auch die Einrichtung, die ein Angebot abgegeben hatte, die Mitarbeiter und notfalls auch die Kunden zu übernehmen, habe ihr Versprechen erst kürzlich erneuert. Das wäre für Sabine Ecklebe-Ismail die beste Option. So könnte das Team zusammenbleiben und die Kunden könnte man mitnehmen. "Wir sind einfach ein super Team und wir wissen einfach, was wir aneinander haben und sind zusammengewachsen. Und natürlich wäre es uns am liebsten, das würde so bleiben. Auch für unserer Kunden, denn die sind am wichtigsten."

Doch sich um die Versorgung der Kunden zu kümmern, sei Aufgabe der Geschäftsführung, gibt Sabine Sabine Ecklebe-Ismail die Aussage ihres Arbeitgebers wieder. "Das hatte man ja so auch in der Pressemitteilung betont. Und auch gestern als wir die Geschäftsleitung darauf angesprochen haben, was mit den Kunden werden soll, sagte er, das sei nicht unsere Aufgabe, sondern seine. Und das sollen sie dann auch machen. Wir sind sehr gespannt, wie er das macht. Denn wie gesagt, es gibt einen Aufnahmestopp. Der beste Fall wäre, es würde ein gutes Angebot geben und die Kollegen oder das Team nehmen dann ihre Kunden mit." Ähnliche Angebote habe es aber auch schon gegeben. Darüber soll sich aber die Geschäftsführung Gedanken machen.

Erst wenn alle Stricke reißen und alle Optionen ausgeschöpft sind, werde man zu Plan B greifen. Bis dahin werden sie und ihre Kollegen erst einmal "die Füße stillhalten" und abwarten, was die Zeit bringt. "Zu leicht wollen wir es ihnen ja nicht machen, indem wir uns um alles kümmern und die hier nachher nur die Tür abschließen brauchen." Vielleicht ist man im neuen Jahr schon schlauer, bis dahin gibt es aber noch einige Dinge zu verhandeln und zu besprechen, hofft sie. Aber ein Versprechen gibt sie: "Wir bleiben hier bis das Licht ausgeht und kümmern uns um unsere Kunden."


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