"Es reicht!" Bürgermeister Pink platzt in Sachen Bürger Museum der Kragen

Nach der Anzeige gegen das Museum droht Thomas Pink seinerseits mit rechtlichen Schritten gegen die Familie aus der Region Hannover.

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Bürgermeister Thomas Pink. Archivbild
Bürgermeister Thomas Pink. Archivbild | Foto: Werner Heise

Wolfenbüttel. Der Bürgermeister schlägt zurück: Nachdem in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass die Familie Gottschalk aus der Region Hannover Anzeige gegen die Verantwortlichen des Bürger Museums erstattet hat (regionalHeute.de berichtete), kommt nun die Reaktion aus dem Rathaus. In einem vierseitigen "offenen Brief" an das Ehepaar Gottschalk, das in Kopie nicht nur an die Medien, sondern unter anderem auch an die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Fraktionen im Rat der Stadt geschickt wurde, weist Pink die Vorwürfe weitgehend von sich und kündigt seinerseits mögliche rechtliche Konsequenzen gegen die Gottschalks an.


In dem Schreiben übernimmt Thomas Pink nochmals die Verantwortung dafür, dass die Ausstellung in Teilen fehlerhaft und "mindestens oberflächlich" gewesen sei. Er bedauere, dass diese Mängel auf das Ehepaar Gottschalk offenbar beleidigend gewirkt hätten. Auch äußert Pink einen gewissen Respekt für das Engagement der Familie gegen das Vergessen der Verbrechen des Naziregimes und gegen jegliche Form von Rassismus und Antisemitismus. Zum Teil habe dies dazu beigetragen, dass die Ausstellung nun unter professioneller wissenschaftlicher Aufsicht überarbeitet werde. Doch mittlerweile hätten die vorgetragenen Vorwürfe die Grenze zur Unerträglichkeit überschritten. "Sehr geehrtes Ehepaar Gottschalk, es reicht!", heißt es gleich zweifach in dem offenen Brief.

"Was und wer berechtigt Sie, in dieser agitatorischen Maßlosigkeit zu wirken? Was und wer berechtigt Sie dazu, ein derartiges Lehrstück an Denunziation zu inszenieren? Es geht Ihnen hier bei dem Thema der Umgestaltung des Bürger Museums in Wolfenbüttel offenbar schon lange nicht mehr um die Sache. Es geht Ihnen darum, einen planvollen und persönlichen Rachefeldzug gegen alles und jeden zu veranstalten, der nicht Ihrer persönlich entwickelten Rechtsauffassung beziehungsweise Ihrer Fasson entspricht! So kann und so darf ein Rechtsstaat nicht funktionieren."

- Thomas Pink, Bürgermeister von Wolfenbüttel



Thomas Pink wehrt sich in seinem Schreiben nicht nur gegen Vorwürfe, er würde Personen im Amt belassen, die die "mehrjährigen menschenunwürdigen und menschenverachtenden Darstellungen" zu verantworten hätten. Er sieht auch die Stadt Stadt Wolfenbüttel unter Generalverdacht gestellt.

"Ich verwahre mich mit aller Deutlichkeit gegen den ständigen, permanenten und unterschwelligen aber ab und an auch offenen Vorwurf des gelebten Antisemitismus dieser Stadt! Ich verwahre mich gegen die permanente Skandalisierung und Kriminalisierung des Bürger Museums, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch meiner Person. Ich verbitte mir jegliche Empfehlungen oder Forderungen bezüglich personalrechtlicher Maßnahmen."

- Thomas Pink, Bürgermeister der Stadt Wolfenbüttel



Der Bürgermeister kündigt an, alle Anschuldigungen der Gottschalks und deren Verhaltens- und Verfahrensweisen einschließlich des öffentlichen Vorwurfs der Volksverhetzung straf- und zivilrechtlich juristisch prüfen zu lassen und gegebenenfalls selber Schritte einzuleiten. Konkret fordert Pink das Ehepaar Gottschalk auf, bis zum 1. September 2020 objektivierbare und einer wissenschaftlichen Überprüfung standhaltende Belege für die aufgestellten Behauptungen zu erbringen. Sollte dies nicht gelingen, wird ein öffentliches Widerrufsschreiben der aus der Sicht der Stadt unhaltbaren Behauptungen gefordert. Dieses will die Stadt notfalls gerichtlich durchsetzen.


Konkret bezieht sich dies auf die Kritik der Familie Gottschalk an der Vitrine „Fallschirmseide und Aluminiumkochtöpfe“. Diese sei laut Bürgermeister Pink kein Bestandteil des Bereichs "Uniformierte Zeiten", sondern thematisiere die Mangelwirtschaft der Nachkriegszeit. Eine Beziehung der dort gezeigten Gegenstände zu einem Fallschirm aus alliierter Produktion oder gar zur Ermordung US-amerikanischer oder britischer Mitglieder von Bombermaschienen bestehe nicht und werde auch durch die Vitrine nicht impliziert. Seitens des Ehepaars Gottschalk werde hier ein Zusammenhang zur Ermordung von Sheppard Kerman* konstruiert. Dies sei ein Versuch, das Museum in unzulässiger und ekelhafter Art und Weise zu skandalisieren und zu kriminalisieren.

* Sheppard Kerman war ein amerikanischer Bomberpilot, der nach dem Abschuss seiner Maschine im August 1944 in Wolfenbüttel von Wehrmachtsangehörigen ermordet wurde. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Seite der Stolpersteine Wolfenbüttel.

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