Halsbrecherischer Parcours im Wald - Werden Mountainbiker vernachlässigt?

Mountainbike: Ein kurzlebiger Trendsport oder ein ungedeckter Bedarf in unserer Stadt? Das sagen die Ratsfraktionen.

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(Symbolbild) | Foto: Pixabay

Goslar. Am 18. Juni berichtete die Stadt Goslar von einer abenteuerlichen Holzkonstruktion im Wald, die wohl von akrobatischen Radsportlern in der Freizeit genutzt wurde. Eine Rückfrage unserer Online-Zeitung bei der Stadt Goslar ergab, dass dieses Kuriosum mitnichten ein Einzelfall war: Ganze drei weitere Anlagen seien in den letzten fünf Jahren in den Stadtforsten um Goslar herum gefunden worden. Jedoch werfen diese Vorfälle die Frage auf, ob nicht ein ungedeckter Bedarf besteht, dem sich die Politik annehmen sollte. regionalHeute.de hat bei den Ratsfraktionen der Stadt Goslar nachgefragt - die wussten bisher größtenteils von nichts.


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Hinter dem Jugendzentrum B6 existiert ein kleiner Skaterpark. Für BMX-Fahrer vielleicht interessant, jedoch liegen die richtigen Mountainbike-Strecken alle außerhalb der Kernstadt. Hierzu gehören beispielsweise der Bikepark in Altenau, sowie Strecken in Hahnenklee oder Braunlage. Orte, die von Goslar aus selbst für geübte Radfahrer nur schwer zu erreichen sind. Martin Mahnkopf von der SPD-Fraktion im Stadtrat sieht ein, dass der kleine Skatepark für Mountainbike-Bedürfnisse nicht ausreichend ist: "Der höchst attraktive Skaterpark ist mit einer Mountainbike-Piste nicht zu vergleichen. Von daher ist der SPD-Ratsfraktion klar, dass der Mountainbike-Sport, so wie es der Name schon sagt, etwas mit Berge, Abenteuer und Nervenkitzel zu tun hat. Das rechtfertigt natürlich nicht den Bau einer illegalen Piste."

Martin Mahnkopf. Foto: Anke Donner
Martin Mahnkopf. Foto: Anke Donner Foto: Anke Donner



Mahnkopf regt an, dennoch auf die gesicherten Angebote zurückzugreifen: "Natürlich sind diese Bikestrecken etwas von Goslar entfernt, doch geht es hier ja auch um einen Radsport, der nicht in einer Stunde erledigt ist. Wir wollen daher aus Gründen der Sicherheit und Umwelt appellieren, die gesicherten und ausgewiesenen Bikerstrecken zu nutzen."

Henning Wehrmann von der Bürgerliste konkretisiert: "Die 'Volksbank-Arena Harz' umfasst 74 Strecken mit 2.300 Kilometern Länge. Davon starten allein fünf Routen im Herzen der Goslarer Altstadt. Darüber hinaus gibt es mit dem kommerziell betriebenen Biker Park Hahnenklee ein anspruchsvolles Angebot in einem Goslarer Stadtteil. Es gibt also genug legale Angebote in und um Goslar, um diesen Sport auszuüben."

Kein Weg um den Abriss des Parcours


Fraktionsübergreifend ist eine Sache trotz aller Unterstützung für den Sport jedoch klar: Um den sofortigen Abriss der illegalen Konstruktionen kommt man nicht herum, "da hier die Stadt Goslar in der Haftung wäre, wenn sie dieses duldet und es zu Unfällen kommen würde", meint Dirk Straten von der AfD-Fraktion. Auch die Ratsfraktion der Grünen hält die Vorgehensweise für richtig: Im Gegensatz zu den genehmigten Routen seien die illegal errichteten Anlagen sicherlich nicht auf ihre Sicherheit geprüft und verleiten auch Kinder und Jugendliche zu halsbrecherischen Fahrten. „Die Erbauer sollten sich dieser Verantwortung bewusstmachen und es ist richtig, dass die Stadt Strafanzeige gestellt hat", erklären Ratsfrau Sabine Seifarth und Mathias Schlawitz, Sprecher des Kreisverbandes." Auch Norbert Schecke (CDU) beruft sich auf die mangelnde Sicherheit des Bauwerkes.

Sabine Seifarth, Ratsfrau der Grünen
Sabine Seifarth, Ratsfrau der Grünen Foto: Alec Pein



Grundsätzlich zeigten sich die meisten Ratsfraktionen mit Ausnahme der SPD überrascht von der Anfrage. Trotz der Tatsache, dass in und um Goslar herum bereits vier dieser halsbrecherischen Bauwerke in den letzten Jahren errichtet wurden, hörten CDU, AfD und Bürgerliste nun zum ersten Mal davon. FDP und Linke äußerten sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht.

Besteht ein Bedarf?


Trotz der vielfältigen Möglichkeiten, die bereits im Umfeld von Goslar bestehen, zeigt die SPD sich offen: "Die illegale Mountainbike-Piste zeigt uns doch, dass es in Goslar eine Nachfrage gibt. Wir würden gern mit Sportlern und Jugendlichen genau über das Thema Bedarf und Nutzung reden", meint Mahnkopf und erklärt weiter: "Mir haben oft Jugendliche erzählt, dass sie bei einer BMX-Strecke oder einem Parcours gerne selber die Strecke verändern und/oder ausbessern wollen". Es geht daher nicht nur um das Angebot, sondern auch die Einbeziehung der Jugend. Verantwortung und Ideengeber sind hier die Stichwörter." Dirk Straten meint: "Bisher war es uns nicht bekannt, dass es anscheinend solch einen Bedarf einer Downhill Strecke hier in Goslar gibt. Wobei man auch ganz klar sagen muss, dass dieser Extrem-Sport auch nicht ungefährlich ist. Erst vor wenigen Wochen hat es zwei schwere Unfälle auf der Strecke vom Bocksberg gegeben." Doch auch der AfD-Politiker zeigt sich offen für Neues: "Aufgrund der Vorkommnisse, werden wir dieses Thema prüfen, inwieweit hier die Möglichkeit besteht, einen Mountainbike-Park zu schaffen."

Die ökologische Wende fördern


Auch die Grünen sehen ein, dass diese vermeintliche Nischensportart offensichtlich immer beliebter wird. „Viele Menschen reisen am Wochenende dafür extra in den Harz, um diesen Sport auszuüben“, erläutert Seifarth. „Um die Attraktivität von Goslar zu steigern, sollte man tatsächlich darüber nachdenken, ob ein zentrumsnaher Parcours für uns sinnvoll ist.“ ergänzt Schlawitz. „Der Umwelt- und Naturschutz muss dabei berücksichtigt werden, ebenso die Sicherheit Unbeteiligter“ sind sich beide einig. Ferner fehlt ihrer Meinung nach ein weiterer Platz für BMX-FahrerInnen. Solche Einrichtungen sind weniger gefährlich und werden gern von Kindern und Jugendlichen genutzt. "Uns ist wichtig den Trend zum Fahrradfahren zu bestärken. Wer von klein auf viel Rad fährt, nutzt es später häufiger als Fortbewegungsmittel. "Damit kann eine ökologische Wende in der Verkehrspolitik unterstützt werden", äußert sich Schlawitz.

Norbert Schecke, Ratsherr der CDU.
Norbert Schecke, Ratsherr der CDU. Foto: Anke Donner



Dem Zeitgeist unterworfen


Norbert Schecke (CDU) holt etwas weiter aus: "Selbstverständlich kann es im Bereich von Freizeitmöglichkeiten nicht genug Angebote geben. Allerdings sind diese vielfach dem Zeitgeist und auch den finanziellen Möglichkeiten anzupassen. Die CDU habe 2014 eine Prioritätenliste zur Ertüchtigung der städtischen Sportanlagen beantragt, die aktuell abgearbeitet werde und noch in diesem Jahr aktualisiert werden soll. Zu nennen sei der Kunstrasenplatz und neue Umkleidebereiche im Osterfeldstadion, der Neubau der Mehrzweckhallen in Hahndorf und Oker, die Sanierung des Kunstrasenplatzes in Oker, Planungen für einen neuen Kunstrasen in Vienenburg, Beleuchtung auf dem Hockeyplatz. Diese Maßnahmen sichern Infrastruktur für sämtliche Generationen und für die Zukunft. Doch auch Schecke wirkt nicht ganz ablehnend: "Selbstverständlich stehen wir weiteren Ideen offen gegenüber und sehen gute Freizeitmöglichkeiten als wichtigen Baustein für ein attraktives Goslar."

'Modesportarten' sind kurzlebig


Henning Wehrmann von der Bürgerliste hält die sportlichen Angebote in Goslar ebenfalls für ausreichend: "Neben den zahlreichen vereinsgebundenen Sportarten gibt es auch offene Angebote an Bolzplätzen sowie den bereits erwähnten Skatepark und das DFB-Kleinspielfeld am Jugendzentrum B6. Für die kommenden Jahre in Planung sind ein Fitness-Parcours am Vienenburger See, ein Beachvolleyballfeld und ein Streetballfeld." Bei all diesen Punkten gibt der Ratsherr jedoch zu bedenken: "Die grundlegende Problematik dieser offenen Angebote liegt allerdings in der Tatsache, dass es sich dabei meist um 'Modesportarten' handelt, die bereits nach wenigen Jahren nicht mehr angenommen werden. Allein schon aufgrund der knappen Finanzmittel wird eine Kommune nicht jeden neuen Sporttrend befriedigen können."


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