"Steuerverschwendung": Goslars Kattenberg schafft es ins Schwarzbuch

Das finanzielle Desaster um die Brachflächensanierung am Kattenberg kostete den Steuerzahler 2,8 Millionen Euro und hat es ins "Schwarzbuch 2020" geschafft.

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Symbolbild | Foto: Anke Donner

Hannover / Goslar. Anhand von 12 Beispielen aus Niedersachsen sowie einem Fall aus Bremerhaven dokumentiert der Bund der Steuerzahler in seinem neuen Schwarzbuch die öffentliche Verschwendung zwischen Ems und Elbe. Eines dieser Negativbeispiele kommt aus Goslar. Die Brachflächensanierung am Kattenberg, bei der 2,8 Millionen Euro öffentlicher Gelder verloren gingen. Der Bund der Steuerzahler veröffentlichte hierzu eine Pressemitteilung.



„Die Schwarzbuchfälle sind nur die Spitze des Eisbergs“, erklärt BdSt-Vorsitzender Bernhard Zentgraf und ergänzt: „Die Fehlleitung von Steuergeldern ist ein gravierendes Problem der öffentlichen Haushaltswirtschaft. Regierungen und Parlamente müssen sich gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten diesem Problem stellen“.


"Einen ganz schlechten Deal hat die Stadt Goslar mit dem Verkauf eines 12.622 Quadratmeter großen Areals am „Kattenberg“ gemacht", urteilt der Bund der Steuerzahler. Schon 2011 sah die Stadt Goslar das Potenzial, ihren Kattenberg für die Wohnbebauung zu entwickeln. Dazu sollten Grundstücksflächen von 12.622 qm an einen privaten Investor veräußert werden. Einziges Problem: Die Brachfläche war durch das großflächige Betonfundament der ehemaligen „Reichsbauernhalle“ belastet, die bis zu einem vernichtenden Brand im Jahr 1948 auf dem Gelände stand. Ein Gutachten aus dem Jahr 2014 bezifferte die voraussichtlichen Kosten für die Beseitigung der Altlasten auf mindestens 900.000 Euro.

"Die Stadt wollte die belastete Fläche mithilfe von Landesmitteln selbst sanieren, um so einen höheren Kaufpreis durchsetzen zu können. Was sie für einen äußerst geschickten Schachzug hielt, hat sich allerdings zu einem finanziellen Debakel entwickelt."

- Bund der Steuerzahler e.V. / Schwarzbuch 2020



Umso glücklicher war die Stadt, als sich 2016 mit der Klosterkammer Hannover ein Investor fand, der bereit war, bis zu 1,25 Millionen Euro für das Areal (Buchwert: 950.000 Euro) zu zahlen. Einzige Bedingung: Die Stadt sollte vor der Übergabe das gesamte Areal vollständig von den Altlasten befreien. Die Stadt akzeptierte dies, weil der Erlös – zusammen mit den für die Altlastensanierung in Aussicht gestellten Fördermitteln des Landes Niedersachsen in Höhe von zirka 720.000 Euro – ausreichen würde, um das Projekt für die Stadt kostenneutral zu gestalten. Die Sanierungsarbeiten am Kattenberg begannen im April 2018.


Geld gegen Rücktrittsklausel


Schon bald darauf wurden auf dem Grundstück Asbest und weitere Schadstoffe entdeckt. Die Kosten für die Grundstückssanierung schnellten in die Höhe – im Januar 2019 auf 3,4 Millionen Euro, anschließend sogar auf 4,1 Millionen Euro. Obwohl Grundstücksgutachten ausdrücklich auf eine mögliche Kostensteigerung hingewiesen hatten, hatte die Stadt bei der Vertragsgestaltung diese Risiken nicht berücksichtigt. So enthält der Kaufvertrag keinen Passus darüber, wie mögliche Mehrkosten auf die beiden Vertragspartner aufgeteilt werden sollen. Doch es geht noch schlimmer: Als die Stadt infolge erster Kostensteigerungen liquide Mittel benötigte, vereinbarte sie mit der Klosterkammer die vorzeitige Überweisung des Kaufpreises. Im Gegenzug musste die Stadt auf ihr ursprünglich vereinbartes Recht verzichten, von dem Kaufvertrag zurücktreten zu können.

Am Ende ist der Steuerzahler dran


Wegen dieser "gravierenden Versäumnisse", wie der Bund der Steuerzahler es ausdrückt, und weil die Klosterkammer jegliche Nachverhandlungen ablehnte, bleibt die Stadt Goslar auf dem finanziellen Schaden sitzen – rund 1,23 Millionen Euro. Der Schaden wäre für die Stadt sogar noch größer ausgefallen, wenn sich die Investitions- und Förderbank Niedersachsen nicht zu einer Aufstockung der Fördermittel auf insgesamt 1,6 Millionen Euro bereiterklärt hätte. Die Steuerzahler tröstet das wenig, denn letztlich müssen sie für die Gesamtsumme von zirka 2,8 Millionen Euro geradestehen. Das vollständig sanierte Areal wechselte schließlich im Juni 2020 den Besitzer.


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