Lipödem: „Konservative Verfahren reichen oftmals nicht aus“


Ausführlich ging der Experte auf die zahlreichen Fragen der Besucherinnen und Besucher ein. Foto: Städtisches Klinikum
Ausführlich ging der Experte auf die zahlreichen Fragen der Besucherinnen und Besucher ein. Foto: Städtisches Klinikum | Foto: Städtisches Klinikum

Wolfenbüttel. Im Rahmen einer Patientenveranstaltung informierte Dr. Frank Michael Hasse am vergangenen Mittwoch vor rund 130 Interessierten und Betroffenen im Konferenzzentrum des Städtischen Klinikums ausführlich über das Krankheitsbild des Lipödems, so das Klinikum in einer Pressemitteilung.


Der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie habe deutlich gemacht, dass es sich hierbei nicht nur um ein ästhetisches Problem handele. „Das Lipödem ist eine ernstzunehmende Erkrankung. Es handelt sich dabei um eine schmerzhafte Fettverteilungsstörung“, so Hasse. Da die Erkrankung fast ausschließlich bei Frauen auftrete, wird vermutet, dass eine Hormonumstellung die Krankheit hervorrufen könne. Faktoren wie Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre, aber auch Stress und Depression können demnach den Ausbruch der Krankheit kennzeichnen. Betroffen seien vorrangig die Beine, Hüfte, Gesäß sowie die Arme der Lipödem-Patientinnen, erläuterte Dr. Hasse.

Im Erscheinungsbild der Frauen, insbesondere bei schlanken Frauen, sei eine auffallende Disproportion zwischen betroffenen und gesunden Körperregionen erkennbar. Zu den Symptomen des Lipödems gehören laut Dr. Hasse angeschwollene Beine mit Berührungs- und Druckschmerz sowie eine erhöhte Hämatomneigung bis hin zur Behinderung beim Gehen. Das Lipödem lasse sich klar von anderen Erkrankungen wie Fettleibigkeit oder Lymphödemen abgrenzen, wobei es auch Mischformen geben könne, so der Experte. Je nach Schwere der Erkrankung werde das Lipödem in Stadien von I bis III eingeteilt.

Therapie des Lipödems


Für die Behandlung eines Lipödems werde zwischen konservativen und operativen Maßnahmen unterschieden. Von den Krankenkassen werden bisher lediglich die Kosten der konservativen Maßnahmen übernommen. Beide Maßnahmen können den Krankheitsverlauf verzögern und die Beschwerden lindern. „Für einen dauerhaften Erfolg und eine wesentliche Reduzierung der Beschwerden reichen die konservativen Verfahren jedoch oft nicht aus“, erklärte Hasse. Dazu komme, dass die Maßnahmen ein Leben lang durchgeführt werden müssten.

Eine Methode, die wesentlich mehr Erleichterung bringe, sei laut Hasse die Fettabsaugung (Liposuktion). Im Städtischen Klinikum Wolfenbüttel wird seit 2016 die wasserstrahlassistierte Liposuktion, ein besonders schonendes Verfahren zur Entfernung des kranken Fettgewebes, angewendet. Der Wasserstrahl ermögliche ein schonendes Lösen der Fettzellen aus dem Unterhautzellverband, ohne dabei die durch die Fettverteilungsstörung hervorgerufenen Lymphbahnen zu zerstören, gab der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie Einblicke in das Verfahren. Je nach Fettmenge werden mehrere Eingriffe nötig. Pro Eingriff werden jedoch höchstens fünf Liter Fett abgesaugt, da es sonst zu Schädigungen kommen könne, erörterte Hasse. Entscheidend sei auch die Nachbehandlung in Form von besonderer Kompressionskleidung.

Kostenübernahme nur über Einzelantrag möglich


Nach den Erfahrungen des Experten ermöglicht dieses Verfahren den Patientinnen „eine nicht gekannte Besserung der Beschwerden mit beeindruckender Zunahme der Lebensqualität“. Eine Kostenübernahme der Liposuktion sei momentan nur über einen Einzelantrag bei der Krankenkasse möglich. Die Kassen zögen für die Entscheidung meist den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) hinzu. „Es gibt Bestrebungen des Gesetzgebers, den Eingriff in das Kassenprogramm aufzunehmen“, so Hasse. Die Überlegungen gehen derzeit soweit, zumindest die Kosten einer Fettabsaugung für Patientinnen im Stadium III bis zum Ende der Studie im Jahr 2024 zu übernehmen. Eingehende Beratungen diesbezüglich bietet Hasse zu den Sprechstunden in seiner Braunschweiger Praxis an.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung zeigte Hasse auf, dass auch das abgesaugte Fett noch von Nutzen sein könne. So werde es beispielsweise für Brustvergrößerungen, Narbenauffüllungen und zur Stammzellengewinnung verwendet. Abschließend konnten die Besucherinnen und Besucher in einer offenen Runde zahlreiche Fragen zum Thema stellen. Hierbei schilderten auch einige Betroffene ihre bisherigen Erfahrungen mit der Erkrankung.


mehr News aus der Region