Nach Demo vor dem Amtsgericht: Schwere Vorwürfe gegen die Polizei

Wurden Versammlungsrecht und Pressefreiheit eingeschränkt? Während gegen einige Demonstranten Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wurden, liegen beim Verwaltungsgericht acht Klagen gegen die Polizei vor.

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Hat die Polizei korrekt gehandelt? Symbolbild.
Hat die Polizei korrekt gehandelt? Symbolbild. | Foto: Werner Heise

Wolfsburg. Am 2. Juni wurde vor dem Amtsgericht Wolfsburg ein Umweltaktivist zu einer Geldstrafe verurteilt, der an der Blockade des Volkswagen-Werkes im August 2019 beteiligt gewesen sein soll (regionalHeute.de berichtete). Aus Anlass der Verhandlung gab es eine Solidaritätskundgebung vor dem Amtsgericht. In dessen Folge ist es offenbar zu Vorfällen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen, die nun ein juristisches Nachspiel haben. In einer Pressemitteilung, die über die Projektwerkstatt in Saasen verbreitet wurde, werden der Polizei schwere Vorwürfe gemacht. Sie soll gegen das Versammlungsrecht und die Pressefreiheit verstoßen haben.


Im Anschluss an die ohne Zwischenfälle verlaufende Kundgebung sei es spontan zu einer weiteren Demonstration gekommen, nachdem bekannt geworden sei, dass vier Aktivisten von Robin Wood in Gewahrsam genommen worden seien, die ein Transparent an einer Brücke anbringen wollten. Die Polizei erklärt hierzu auf Nachfrage, dass sich die Personen von der Brücke hätten abseilen wollen, was einen gefährlichen Eingriff in den Verkehr bedeutet hätte. Kernpunkt der nun folgenden Kontroverse ist, dass aus Sicht der Demonstranten auch diese spontane Demo vom Versammlungsrecht geschützt werde, aus Sicht der Polizei sich die Personen dort widerrechtlich aufgehalten hätten. Laut Polizei seien aus diesem Grund die Personalien aufgenommen worden.

22 Anzeigen wegen Verstoß gegen die Corona-Verordnung


"Es liegen 22 Anzeigen vor, weil sich Personen nach dem Ende der Versammlung weiterhin entgegen der Corona-Verordnung als Gruppe dort aufgehalten hatten. Dabei wurde die Abstandsregelung nicht beachtet", erklärt die Stadt Wolfsburg, die entsprechende Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet hat. Die Teilnehmer der Demonstration kritisieren dagegen, dass sie von der Polizei eingekesselt worden seien und dass sie durch diese Maßnahme erst gezwungen wurden, den Mindestabstand nicht mehr einhalten zu können. Zudem seien sie widerrechtlich gefilmt worden. Außerdem hätten zwei Pressevertreter trotz Nachweis durch Presseausweis einen Platzverweis erhalten. Von einem soll aus Gründen der Beweissicherung die Kameraausrüstung beschlagnahmt worden sein. Hiergegen habe man juristische Schritte eingeleitet.

Acht Klagen gegen die Polizeidirektion


"Zurzeit liegen der zuständigen 5. Kammer des Gerichts in diesem Zusammenhang acht Klagen vor", bestätigt das zuständige Verwaltungsgericht Braunschweig auf Anfrage. "Die Klagen beziehen sich auf verschiedene Polizeimaßnahmen vom 2. Juni: Beeinträchtigung beziehungsweise Auflösung einer Demo in der Nähe des Amtsgerichts, Ingewahrsamnahmen, Filmen durch die Polizei und Platzverweise", so Dr. Torsten Baumgarten, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht. Die Kläger hätten beantragt festzustellen, dass die polizeilichen Maßnahmen rechtswidrig gewesen seien, sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklagen, die sich gegen die Polizeidirektion Braunschweig richten.

Grundsätzlich sehe die Prozessordnung vor, dass das Gericht eine mündliche Verhandlung durchführe und auf dieser Grundlage ein Urteil verkündet. "Wann eine Verhandlung stattfinden wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Das in der Prozessordnung zunächst vorgesehene schriftliche Verfahren ist noch nicht abgeschlossen", so Baumgarten. Das Gericht habe die Beklagte zur Stellungnahme aufgefordert. Die dafür gesetzte Frist laufe noch.

Die Polizei wollte sich mit Hinweis auf die laufenden Verfahren nicht weiter zu den Vorwürfen äußern.


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