Nach Gedenken an Amok-Lauf in Erfurt: Wie sicher sind Wolfenbütteler Schulen?

von Marc Angerstein




[image=5e1764b7785549ede64ccb54]Es ist zehn Jahre her, am 26. April 2002 erschoss in Erfurt der 19-jährige Robert Steinhäuser 16 Menschen und sich selbst. In dieser Woche waren plötzlich wieder alle wachgerüttelt - und er war wieder präsent: Der Amok-Lauf am Erfurter Gutenberg-Gymnasium, der erste in Deutschland, aber nicht der letzte, wie sich inzwischen herausstellte. Plötzlich waren sie wieder da, die Bilder vor dem geistigen Auge, die Ängste - und die Politiker, mit ihren Forderungen nach schärferen Gesetzen und Notfallplänen...

So sprach sich am Donnerstag nach Medienberichten über unzureichende Vorbereitungen der Schulen auf Amokläufe, der Wolfenbütteler FDP-Landesbildungspolitiker Björn Försterling dafür aus, alle niedersächsischen Schulen noch einmal durch die Schulträger prüfen zu lassen.

<a href=">
Foto: FDP



„Wir gehen davon aus, dass Notfall-Pläne in den Schulen existieren. Möglicherweise waren einige Schulträger darüber nicht genügend informiert. Sie sollten jetzt aber auf jeden Fall sicherstellen, dass die Schulen auf den Notfall vorbereitet sind“, sagt Försterling. Die Schulträger stünden in der Pflicht, die Rahmenbedingungen wie Lautsprecheranlagen oder auch sichtbare Markierungen der Räume umzusetzen. Dafür gebe es Handlungsempfehlungen von Seiten des Landes", meint der FDP-Bildungspolitiker (WolfenbüttelHeute.de berichtete).

Der stellvertretende Vorsitzende der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Karl-Heinz Klare, ist der Auffassung, dass Niedersachsens Schulen bereits verbindliche Sicherheitskonzepte hätten.

<a href=">
Foto:



„Obwohl Lehrer längst auf das Thema sensibilisiert sind, lassen sich derartige Situationen leider nie völlig ausschließen. Wo bisher keine konkreten Schutzvorkehrungen gegen Amokläufe eingerichtet sind, muss von den Schulträgern dringend nachgebessert werden. Jede Schule muss für den Notfall ein individuelles Rettungs- und Schutzkonzept haben, bestehende Sicherheitsmaßnahmen sollten zudem regelmäßig – etwa durch die Landesschulbehörde – auf ihre Effektivität geprüft werden", forderte er (WolfenbüttelHeute.de berichtete ebenfalls).

[image=5e1764cf785549ede64cd077]Die Stadt Wolfenbüttel erklärte auf Anfrage unserer Online-Zeitung, dass die Schulen verpflichtet seien, bezogen auf ihren jeweiligen Standort ein Sicherheitskonzept zu erstellen. Die Bewertung dieser Konzepte werde von der örtlichen Polizei vorgenommen.

"Einheitliche Sicherheitsstandards an Schulen wurden von Seiten des Landes nach meiner Kenntnis nicht vorgegeben", erklärt der zuständige Dezernent Thorsten Drahn. "Die Umsetzung  der Sicherheitskonzepte obliegt in baulicher Hinsicht und bezogen auf Ausstattungsgegenstände grundsätzlich dem jeweiligen Schulträger."

Um, nach unserer spontanen Medienanfrage,  einen vollständigen Überblick über den Stand der Maßnahmen an den städtischen Schulen zu erhalten, müsste  auch das Zentrale Gebäudemanagement (ZGM) mit einbezogen werden, da jede Schule ein eigenes Sicherheitskonzept entwickelt habe oder noch entwickele, heißt es aus dem Rathaus.

Die Stadt Wolfenbüttel hat 355 von 655 Waffenbesitzer kontrolliert


Der Amok-Lauf von Erfurt war nach Experten-Meinungen nur möglich, weil der Täter Sportschütze war und seine Waffen zu Hause hatte. Daran hat sich auch bis heute nichts geändert:  Derzeit gibt es in der Stadt Wolfenbüttel (Stand: 01. März 2012) 655 Waffenbesitzer mit 4268 registrierten Waffen.

Die Zahlen für das Wolfenbütteler Stadtgebiet:


655 Waffenbesitzer


4268 registrierte Waffen

545 Waffenbesitzer sollten kontrolliert werden (Kontrollversuche)

255 Waffenbesitzer wurden überraschend kontrolliert

100 Waffenbesitzer wurden nach Anmeldung kontrolliert

355 Waffenbesitzer wurden insgesamt kontrolliert

80 Beanstandungen wurden festgestellt

Nach dem Amoklauf von Winnenden im Frühjahr 2009 hat der Bundestag die Regelungen des Waffengesetzes noch einmal verschärft, aber bereits nach dem Amoklauf von Erfurt waren einzelne Regelungen restriktiver gefasst worden.

Thorsten Drahn: "Eine der Neuerungen der Waffenrechtsnovelle von 2009 ist die Überprüfung der Waffenbesitzer am Wohnsitz, im Hinblick auf die vorschriftsgemäße Aufbewahrung der Waffen." Diese Aufgabe wird von den Kommunen als untere Waffenbehörden wahrgenommen, im Stadtgebiet Wolfenbüttel also vom Ordnungsamt.


<a href=">
Foto: Stadt Wolfenbüttel



"Mit der Anzahl der bisher erfolgten Kontrollen ist die Stadt Wolfenbüttel statistisch bundesweit in der Spitzengruppe."

Stadtrat Thorsten Drahn


Seit November 2009 führt die Stadtverwaltung, nach eigenen Angaben, verdachtsunabhängige Waffenkontrollen durch. Diese finden in der Regel ohne Vorankündigung statt. 255 Waffenbesitzer wurden bei unabhängigen Waffenkontrollen angetroffen. Wird ein Waffenbesitzer nicht vor Ort angetroffen, dann erfolgt eine schriftliche Benachrichtigung mit der Aufforderung, einen Termin zu vereinbaren. Es wurden seit November 2009 in Wolfenbüttel 545 Kontrollversuche durchgeführt. Tatsächlich wurde die Aufbewahrung bei 355 Personen kontrolliert.

<a href=">
Foto:



Bei insgesamt 80 Waffenbesitzern wurde festgestellt, dass die Aufbewahrung nicht dem Waffengesetz entsprach. In diesen Fällen wurde in der Regel eine fristbezogene Aufforderung zur Sicherstellung der rechtskonformen Aufbewahrung gesetzt, die vom jeweiligen Waffenbesitzer nachzuweisen war. Ist ein Besitzer von erlaubnispflichtigen Schusswaffen nicht im Besitz eines Waffenschranks, werde die Waffe sichergestellt und so lange von der Stadt Wolfenbüttel aufbewahrt, bis eine ordnungsgemäße Aufbewahrung beim Waffenbesitzer gewährleistet sei.

"Mit der Anzahl der bisher erfolgten Kontrollen ist die Stadt Wolfenbüttel statistisch bundesweit in der Spitzengruppe", freut sich der Dezernent. "Wir werden weiterhin mit Nachdruck die Kontrollen durchführen. Positiv ist hervorzuheben, dass die Waffenbesitzer bei den Kontrollen in ihren Wohnungen und Häusern bisher in nahezu allen Fällen kooperativ mitwirken", erklärt Thorsten Drahn.


mehr News aus der Region