Neujahrsempfang der IHK – mehr Toleranz gefordert

von Robert Braumann




Wolfenbüttel/Braunschweig. Rund 1.000 Gäste aus der ganzen Region kamen zum Neujahrsempfang der IHK in die BraWo Soccafive Arena, die eigens für diesen festlichen Rahmen aufwändig umgestaltet wurde. In ihren Reden riefen IHK Präsident Dr. Wolf-Michael Schmid und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zu mehr Toleranz auf. "Die Attentate in Paris dürfen nicht zu einer Gewaltspirale führen", sagte Schmid. Stephan Weil ergänzte: "Deutschland und Niedersachsen müssen weltoffen bleiben."





Den Abend eröffnete der IHK Präsident Dr. Wolf-Michael Schmid. Nach seinem Dank an die Organisatoren die United Kids Foundations und die Volksbank BraWo hielt er seine Rede. Kritik gab es dabei an den Regelungen für Mindestlohn. Besonders die Mindestlohndokumentationspflichten würden zu einem erheblichen Bürokratieaufwand führen, der eine zusätzliche Belastung bedeute. Den Vorstoß aus der Politik, dass Arbeitnehmer, die fit sind, freiwillig bis 70 arbeiten können, begrüßte der IHK Präsident dagegen. Sorgen habe er vor allem wegen der  Stundenausfälle an Berufsschulen insbesondere in gewerblich-technischen Fächern. Hier müssten Lösungen her. Auch sei es offensichtlich immer schwieriger, Diplom-Ingenieure für den Öffentlichen Dienst zu gewinnen. "Wir müssen verhindern, dass wir Verkehrsinfrastruktur in Niedersachsen nicht bauen können, weil Planungskapazitäten fehlen.", so Schmid. Zur Fachkräftesicherung  müsste auch die Qualifizierung und Integration von Langzeitarbeitslosen vorangetrieben werden und Menschen mit Migrationshintergrund müssten bessere Chancen am Arbeitsmarkt erhalten. Das würde auch die vereinfachte Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften beinhalten. Weiterhin müsste dazu die bessere Einbindung von Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung im Blickpunkt bleiben.



Zusammen gegen den Terror


Auch auf die Flüchtlingssituation ging der IHK Präsident ein. Nur mit Wohnraum und Arbeitsplätzen könne eine Integration gelingen. "Mit Sorge verfolge ich die Demonstrationen der PEGIDA-Bewegung. Nicht nur nach meinem Eindruck ein Sammelbecken aller, die unzufrieden und dagegen sind. Wir leben in einem Wohlstand, um den uns mindestens 90 Prozent der Menschen auf unserer Erde beneiden. Wir brauchen keine neuen Wut-Bürger, wir brauchen vielmehr Mut-Bürger, wir brauchen Menschen, die mitwirken bei der Bewältigung unserer Probleme - auch und gerade bei der Integration von Zuwanderern und Flüchtlingen. Das schreckliche Attentat in Paris darf in keinem Fall zu einer Gewaltspirale führen. Wir müssen alle stärker als bisher Vorurteilen entgegentreten, für Toleranz und Akzeptanz kultureller Unterschiede eintreten und das friedliche Miteinander stärken. "Wir stehen zusammen" ist die richtige Antwort der westlichen Demokratien auf den Terror.", so Schmid.



Noch viel zu tun


Entwicklungsbedarf sieht Schmid vor allem noch beim Handel. "Alles, was vom heimischen Sofa aus bestellt wird, geht dem klassischen Händler verloren. Unsere Einkaufszentren und Innenstädte sind nicht mehr alleiniger Verkaufsraum. Es besteht die Gefahr von Überkapazitäten in den Innenstädten mit Leerständen und Standort-Erosionen." Es seien aber in Braunschweig Ansätze zu sehen die eine Handelsentwicklung versprechen. Dabei sei vor allem die Neuausrichtung in Bezug auf die Heinrich-der-Löwe-Kaserne zu erwähnen. Als Erfolg für die Region wird von ihm zudem der Start der RegioBahn mit dem 14. Dezember gesehen und der deutliche Rückgang der Energiepreise während der letzten Monate. Das würde  der Industriekonjunktur noch einmal einen Schub geben. Er schloss seine Rede mit einer Aufforderung: "In diesem Jahr wählt unsere IHK eine neue Vollversammlung und damit das höchste Beschlussorgan. Ich möchte Sie alle auffordern, meine Damen und Herren, für diese Vollversammlung zu kandidieren und sich in dem höchsten Ehrenamt unserer IHK zu engagieren."


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Optimistisch in die Zukunft schauen



Im Anschluss betrat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil die Bühne. Er bedankte sich für die Einladung und die gute Zusammenarbeit mit der IHK. Zu Beginn versuchte er das Publikum auf seine Seite zu ziehen: "Es wäre doch schön, wenn wir im Sommer den direkten Wiederaufstieg der Eintracht feiern könnten.", so der Ministerpräsident. Er erntete freundlichen Beifall. Dann fasste er das Jahr 2014 kurz zusammen: "Wenn ich zurückblicke, dann bleibt mir das vergangene Jahr politisch in keiner guten Erinnerung." Es habe viele Krisen gegeben und leider würde das Jahr 2015 daran anschließen. "Die Anschläge von Paris gehen uns allen unter die Haut", so Weil. Doch er habe auch Hoffnung: "Unser Land ist in unruhiger See, ein großes aber stabiles Schiff. Eine offene und freie Gesellschaft, die wirtschaftlich stark ist. Das wir diese Attribute haben, sollte uns auch manchmal dankbar stimmen." Die Situation am Arbeitsmarkt sei gut. Sogar auf dem niedrigsten Stand seit 1991, das sei ein gutes Vorzeichen für 2015. Und es gäbe weitere positive Signale. Zum Beispiel einen günstigen Ölpreis oder eine starke wettbewerbsfähige Wirtschaft in Niedersachsen. Deshalb müsse man mit Optimismus vorangehen und Zuversicht haben. Dabei aber auch immer an kommende Generationen denken. Deshalb sei die Schuldenbremse so wichtig.



Wer sich abschottet, der schadet sich selbst


Eine der zentralen Aufgaben für die Zukunft sei es Fachkräfte in der Region zu halten und auszubilden. Dabei wäre die Zuwanderung ein richtiger und wichtiger Aspekt: "Wer sich abschottet, der schadet sich zuerst selbst. Deutschland und Niedersachsen müssen weltoffen bleiben." Vor diesem Hintergrund verwies Weil auch auf die Duale Ausbildung, die zum besten gehöre was das Land habe. Dennoch würden noch zu viele junge Menschen nicht den Anschluss an den Arbeitsmarkt schaffen. "Das müssen wir ändern. Das Bündnis Duale Ausbildung soll dies in Zukunft verhindern." "Eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat, Agentur für Arbeit und Ausbildungsbetrieben wird für dieses neue Programm nötig sein", sagte der Ministerpräsident.



Investitionen werden nötig sein


Dazu mahnte Weil, dass auch Geld fließen müssten, um alle Ziele zu erreichen: "Wir brauchen die richtigen Investitionen, um unser Land auf Kurs zu halten. Auch eine Region wie der Harz braucht neue Perspektiven." Die Qualität von Datennetzen müsse verbessert werden. Auch um die Standorte im ländlichen Bereich attraktiv zu halten. Verkehrspolitisch positionierte sich Stephan Weil ganz klar: Der Ausbau der A39 und die Weddeler Schleife werden Themen sein, für die sich der Minister persönlich einsetzen will. Damit sollen bestehende Netze entlastet werden. So könnten auch die regionalen Entwicklungen vorangetrieben werden. Er beendete seine Rede mit den Worten: "Alles in allem funktioniert dieses Land und ist auf dem Kurs. Aber dennoch sei viel zu tun."


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Geld für Kinder in der Region



Zum Abschluss stellte Jürgen Brinkmann (Vorstandsvorsitzender der Volksbank BraWo) die Aktion 1000x1000 vor. Die United Kids Foundations möchte für Kinder, die in der Region in Armut lebe, mindestens eine Millionen Euro an Spenden sammeln (Unsere Schwesterzeitung BraunschweigHeute.de berichtete). Es sollen viele Menschen gefunden werden, die sich nachhaltig engagieren. Mit zwei emotionalen Filmen und einer deutlichen Ansprache gemeinsam etwas zu ändern, wandte er sich an das Publikum.


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Im Anschluss konnte bei kalten Getränken und verschiedenen Speisen über kommende und vergangene Projekte miteinander gesprochen werden. Es entwickelte sich in der interessanten Location in der SoccaFive Arena eine gelöste, freundliche Stimmung.


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