Einschränkung der Bewegungsfreiheit: "Corona-Leine" muss streng geprüft werden

Kommunen können selbst entscheiden, ob eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit ihrer Bürgerinnen und Bürger ab einer Inzidenz von 200 notwendig und angemessen ist.

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Mit dem 15-Kilometer-Radius soll verhindert werden, dass sich Menschen aus Landkreisen mit hoher Inzidenz beispielsweise mit unter die Menschen in den Rodel- und Skigebieten im Harz mischen.
Mit dem 15-Kilometer-Radius soll verhindert werden, dass sich Menschen aus Landkreisen mit hoher Inzidenz beispielsweise mit unter die Menschen in den Rodel- und Skigebieten im Harz mischen. | Foto: aktuell24

Region. Ab einer 7-Tage-Inzidenz von 200 können Landkreise und kreisfreie Städte eine Einschränkung des Bewegungsradius der Bürgerinnen und Bürger auf einen Radius von 15 Kilometern um ihre Meldeadresse verhängen. Das sei jedoch ausdrücklich kein Automatismus, wie Regierungssprecherin Anke Pörksen in der Landespressekonferenz am heutigen Dienstag klarstellt. Die Kommunen sollen ihr Ausbruchsgeschehen vor Ort prüfen und auf Basis dessen entscheiden, ob eine solche Maßnahme "notwendig und angemessen" ist.


Wenn der Bewegungsradius begrenzt wird, gelte dies für den gesamten Landkreis oder die gesamte kreisfreie Stadt. "Die Frage die sich dabei stellt ist, ob es ein flächendeckendes Infektionsereignis gibt", erläutert Pörksen und fährt fort: "Wenn das Infektionsgeschehen in einzelnen Alten- und Pflegeheimen, fleischverarbeitenden Betrieben oder Gefängnissen ist dann muss man nicht den gesamten Landkreis unter eine solche Auflage stellen."

Gleichbehandlung von Stadt- und Landbevölkerung


Sollte eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit in Kraft treten, gelte diese ab dem Ort des regelmäßigen Wohnsitzes. "Das hat Vorteile. Stadt und Landbevölkerung werden gleich behandelt. Bei einer Beschränkung ab der Stadtgrenze wären zum Beispiel Hannoveraner bevorzugt, weil sie sich von jedem Punkt der Stadtgrenze aus 15 Kilometer bewegen könnten, wenn ich das aber abstelle auf den Wohnsitz kann man einen gedanklichen Radius ziehen." Dieser sei auch nicht als harte Grenze zu verstehen, sondern als Richtwert. "Es ist eine ungefähre Größenordnung", stellt Pörksen klar. Man verlasse sich darauf, dass die Ordnungsbehörden Mechanismen entwickeln, um das auch zu kontrollieren. Das habe sich in der Vergangenheit bewährt. Bei offensichtlichen Verstößen kann auch ein Bußgeld verhängt werden. Claudia Schröder, stellvertretende Leiterin des Niedersächsischen Corona-Krisenstabes ergänzt: "Ich hoffe, dass wir eine solche Regelung gar nicht brauchen. Dieser Paragraf 18 ist eine Option, wenn trotz all unserer Anstrengungen ein Inzidenzwert von 200 überschritten wird." In Niedersachsen gibt es derzeit keine Stadt und keinen Landkreis, der eine Inzidenz von 200 überschreitet. Auch in der Vergangenheit wurde dieser Wert meist nur kurz überschritten, beispielsweise im Landkreis Vechta oder in der Stadt Osnabrück. In unserer Region ist Gifhorn mit einer Inzidenz von 179 am dichtesten an der Grenze, an der ein solches Vorgehen vom Landkreis zu prüfen wäre.

Ausnahmen von der 15-Kilometer-Grenze


Eine Prüfung der Notwendigkeit einer solchen Maßnahme durch die Kommunen habe auch den Vorteil, dass die Behörden vor Ort Ausnahmeregelungen treffen könnten, um die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Das betreffe beispielsweise ländliche Gegenden, bei denen die nächsten Einkaufsmöglichkeiten weit entfernt liegen. Diese wären im Falle einer rein inzidenzbasierten Regelung ansonsten von der Versorgung abgeschnitten. "Das müssen die Landkreise in die Prüfung einbeziehen und Ausnahmen vorsehen", stellt Schröder ganz explizit klar. Weiterhin gelten auch darüber hinaus Ausnahme, wenn es einen triftigen Grund für die Reise gibt. "Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ich medizinische, psychosoziale oder veterinärmedizinische Behandlung organisieren muss. Auch der Besuch naher Angehöriger mit Behinderung oder Pflegebedarf zählt darunter. Explizit geregelt haben wir jedoch, dass Tagesausflüge kein triftiger Grund sind", so Schröder. Pörksen wies in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Situation im Harz hin, der an den vergangenen Wochenenden von zahlreichen Tagestouristen besucht wurde: "Wir möchten nicht, dass Menschen aus Hochinzidenzlandkreisen sich zu sehr in andere Landkreise bewegen. Wir möchten auch nicht, dass bei so hohen Inzidenzen Leute in den Harz fahren zum Rodeln und sich da mit Menschen aus anderen Landkreisen tummeln."


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