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Sinti sauer - "Wir leben hier menschenunwürdig"

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Die Sintis in der Weststadt sind sauer. Sie wollen endlich eine vernünftige Wasserversorgung auf ihrem Platz. Fotos/Video: Anke Donner

Braunschweig. Derzeit dreht es sich in den politischen Gremien der Stadt immer wieder um die Frage, wann die Wasserversorgung am Sinti-Platz endlich erweitert wird. Die Bibs-Ratsfraktion drängt schon seit einiger Zeit darauf, dass etwas geschehen muss. Die Bewohner selbst sind stinksauer und kritisieren die Politik und die Stadtverwaltung auf´s Schärfste .


Denn mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges haben die Bewohner des Wohnwagenplatzes am Rande der Weststadt noch immer keinen vernünftigen Wasseranschluss. Geschweige denn einer, der bis in die Wohnparzellen führt. "Wir leben hier unter menschenunwürdigen Zuständen. Es gibt nur eine Wasserstelle für alle. Die befindet sich aber abseits der Wohnparzellen. Wenn ich also Wasser brauche, muss ich einen weiten Weg laufen. Das ist nicht ganz leicht – ich bin inzwischen 71 und krank", klagt Peter Anton. Der "Zigeuner", wie er sich selbst nennt, lebt seit 60 Jahren auf dem Platz. Fühlt sich dort wohl und zuhause. Dennoch – das mit dem Wasser macht ihm zu schaffen. Peter Anton sieht die Stadtverwaltung und die Politik in der Pflicht, etwas an den Umständen zu ändern.

Für die Gemeinschaft setzt sich auch Heidi Wanzelius ein. Sie begleitet die Sinti in Braunschweig schon über 40 Jahre, ist eng mit den Bewohnern befreundet und mag die Kultur der Menschen dort. Sie ist entsetzt darüber, dass man den Antrag auf eine bessere Wasserversorgung nun wieder abgelehnt hat. "Es war ein Schlag in die Magengrube", so Heidi Wanzelius.

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Kurt Stein hat viele Jahrzehnte auf dem Platz gelebt. Foto: Anke Donner



Derzeit leben auf dem Platz 45 Menschen, darunter Kinder und Rentner. Ihre Lebensweise gefällt ihnen, hier fühlen sie sich sicher und unter ihresgleichen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung könnte aber größer sein. "Wir haben aber zu den Nachbarn, vor allem zu denen aus dem Kleingartenverein, einen guten Kontakt. Dennoch sind wir in den Augen der Bürger Zigeuner", so Peter Anton. Ein Zigeuner ist er, sagt er. Aber sie seien keine Aussätzigen. Viele der älteren Bewohner haben das Nazi-Regime überlebt, konnten den Konzentrationslagern entkommen und haben sich nach dem Krieg hier eine Heimat geschaffen. Einer von ihnen ist Kurt Stein, der 88-Jährige hat das KZ-Auschwitz überlebt und in Braunschweig eine Heimat gefunden. Viele Jahre hat er auf dem Sinti-Platz gelebt, bis er sich eine Wohnung in der Weststadt genommen hat. "Aber ich komme noch täglich hier her um meine Familie und meine Freunde zu besuchen", erklärt Kurt Stein.


Eigentlich, so erklären die Bewohner, sei es die Pflicht der Stadt, für eine ausreichende Grundversorgung zu sorgen. Denn noch immer sei der Platz Eigentum der Stadt – die Bewohner zahlen lediglich eine Pacht an den Eigentümer.

Die Kultur der Sinti ist über Jahrhunderte eine nichtsesshafte (nomadische). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ihnen ein Wagenplatz am Madamenweg 94 zur Verfügung gestellt. Damals neben der Schuttdeponie gelegen, ist dieser Platz bis heute das kulturelle Zentrum einiger sesshaft gewordener Familien.

Peter Anton: "Wir leben hier menschenunwürdig"



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