Spontanaktion: Landwirte blockieren Aldi-Lager in Salzgitter

Die Landwirte blockieren das Lager bereits zum dritten Mal. Sie fordern Aldi zu Gesprächen über das "Preisdumping" bei den Einkaufspreisen für Lebensmittel auf, die sich für die Landwirte derzeit auf einem "ruinösen" Niveau befinden würden, während die Gewinnspanne der Einzelhändler steige.

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In der Porschestraße ging am heutigen Montagmorgen nichts mehr.
In der Porschestraße ging am heutigen Montagmorgen nichts mehr. | Foto: Rudolf Karliczek

Salzgitter-Bad. "Es ist ein großes Höfesterben im Gang", berichtet Landwird Eckhard Koch aus Liebenburg. Schuld daran seien nach Ansicht der Landwirte vor allem die Discounter, die mit ihrem "Preisdumping" die Existenz regionaler Landwirte gefährdeten. Aus diesem Grund blockierten etwa 30 Traktoren und Schlepper etwa ab 3:40 Uhr in der Nacht die Ein- und Ausfahrten zum Aldi-Lager in der Porschestraße. Man wolle Aldi so lange "nerven", wie es Steffen Hohnschopp aus Groß Mahner ausdrückt, bis der Discounter sich zu Gesprächen mit den Landwirten bereit erkläre. Wie die Polizei berichtet, sei die Versammlung nicht angemeldet gewesen.


Augenzeugen berichten von einem "Katz und Maus-Spiel" mit der Polizei. Wenn eine Zufahrt frei war, blockierten die Landwirte der Bewegung "Land schafft Bewegung" eine andere. Zwei Stunden habe die Aktion angedauert. Die Landwirte lebten dabei auch mit Strafandrohungen seitens der Polizei. Diese konnte schließlich einen "Versammlungleiter" ausfindig machen, der bei den Beamten eine Spontanversammlung anzeigte. Die Polizei führte mit ihm ein "Kooperationsgespräch und erteilte Auflagen", wie Polizeisprecher Matthias Pintak auf Anfrage von regionalHeute.de mitteilt.

"Aldi könnte Einfluss nehmen"


Für Steffen Hohnschopp, Landwirt aus Groß Mahner, ist es nicht die erste Aktion dieser Art: "Wir sind dieses Jahr mittlerweile schon das dritte Mal vor dem Zentrallager von ALDI, beim letzten Mal, das war vor einer Woche, haben wir Aldi eine Frist gesetzt bis zum 1. November und wollten mit Aldi ins Gespräch kommen, um die Situation für die Erzeuger nachhaltig zu verbessern." Darauf habe Aldi jedoch nicht reagiert. "Es geht um die Erzeugerpreise, also die Preise die zum Beispiel Schlachthöfe, Molkereien und Mühlen ausgezahlt bekommen. Aldi kauft diese Produkte billig von den Abnehmern ein, um sie dann weiter profitabel zu verkaufen." Hohschnopp führt weiter aus: "Aldi könnte Einfluss auf die Erzeugerpreise nehmen und sie erhöhen. Denn diese Preise sind derzeit so ruinös, dass kein Landwirt davon leben kann."

Die Landwirte wollen wiederkommen


Hohnschopp nennt ein Beispiel. Derzeit liege der Schlachtschweinepreis bei 1,27 Euro pro Kilo Schlachtgewicht. "Diese 1,27 Euro werden aber nicht ausgezahlt, weil die meisten Schweine übergewichtig sind. Deshalb gibt es nochmal zusätzliche Preisabschläge." Letzten Endes würden die Viehbauern dann nur noch 98 cent pro Kilo bekommen. Um nachhaltig wirtschaften zu können, müsste der Erzeugerpreis jedoch für das Kilo mindestens bei 2,50 Euro liegen - Ein gewaltiger Unterschied. Bei konventionell erzeugter Milch sei die Sachlage ähnlich. Laut der Zeitung "Topagrar" lag der Einkaufspreis im Durchschnitt bei 33,7 Cent pro Liter. 45 bis 50 Cent müsste er aber laut Hohnschopp mindestens kosten, um zumindest kostendeckend arbeiten zu können. Etwa 30 bis 40 Fahrzeuge mit ebenso vielen Landwirten schlossen sich der Spontandemonstration an, Aldi habe sich jedoch bislang nicht gerührt. Dennoch wolle man weiter Präsenz zeigen, wie Hohnschopp ankündigt: "Wenn nichts passiert werden wir in noch kürzeren Abständen mit noch mehr Leuten hier auffahren und jedes Mal neu eine Demonstration anmelden, auch vielleicht spontan, um wirklich den Finger in die Wunde legen und Aldi solange zu nerven, bis die endlich zu Gesprächen bereit sind."

"Der Verbraucher wird ausgebeutet bis zum Anschlag"

- Eckhard Koch, Landwirt aus Liebenburg



Eckhard Koch, Landwirt aus Liebenburg (Landkreis Goslar) macht vor allem auf das große Höfesterben in Deutschland aufmerksam: "Wir kommen hier alle aus einer sehr guten Gegend, wo es den Landwirten noch einigermaßen gut geht", stellt Koch fest, erklärt aber: "Aber wir müssen das Gesamtbild der Landwirtschaft sehen und das sieht sehr, sehr schlecht aus." Discounter wie Aldi, Edeka und Rewe würden das Höfesterben mit "starkem Preisdumping" beschleunigen. Dabei würden die Discounter mit einer riesigen Gewinnspanne arbeiten. Als Beispiel nennt Koch die Preissteigerungen in den letzten sechs Monaten mit einem für Verbraucher gut nachvollziehbaren Beispiel - Der Prinzenrolle: "Vor Corona hat die 1,29 gekostet. Heute zahlen Sie für diese Rolle 1,40 Euro. Das komische ist: Die Energiekosten sind geringer geworden, die Löhne sind nicht gestiegen, die Leute arbeiten in diesen Läden wirklich zu Mindestlohnpreisen, ob es hier vor Ort bei Aldi die LKW-Fahrer sind, oder ob es die armen Frauen und Männer, die in den einzelnen Läden arbeiten. Trotzdem werden diese Preise angehoben, nicht von den Produzenten, sondern von denen die es weiterverkaufen." Durch dieses Vorgehen werde am Ende auch der Verbraucher ausgebeutet, kritisiert der Liebenburger Landwirt abschließend.


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