Umweltmedizinisches Gutachten für Oker/Harlingerode geplant


Die Mitglieder des Projektbeirates während ihrer ersten Sitzung am Mittwoch im Goslarer Kreishaus. Die nächste Sitzung des Beirats ist für den 27. März geplant. Foto: Landkreis Goslar
Die Mitglieder des Projektbeirates während ihrer ersten Sitzung am Mittwoch im Goslarer Kreishaus. Die nächste Sitzung des Beirats ist für den 27. März geplant. Foto: Landkreis Goslar | Foto: Landkreis Goslar

Harlingerode/Oker. Mehrheitlich hat der Kreistag des Landkreises Goslar im Dezember 2018 beschlossen, dass mit einem „umweltmedizinischen Gutachten“ ermittelt werden soll, ob von den Geruchsbelästigungen und den gesamten Umweltbelastungen im Raum Oker/Harlingerode gesundheitliche Probleme für die Bevölkerung ausgehen könnten. Das teilt der Landkreis Goslar mit.


Hintergrund seien die seit Jahren wiederkehrenden Beschwerden von Anwohnern, die über unangenehme Gerüche klagen, ob der ungewissen Herkunft stark verunsichert wären und sich ohnehin über bestehende und möglicherweise anwachsende Umweltbelastungen sorgen, die letztlich Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben könnten.

Zusätzliche Brisanz habe die Situation erfahren, als jüngst bekannt wurde, dass bei einem ortsansässigen Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie grenzwertüberschreitende Dioxinwerte gemessen wurden, diese Information aber lange nicht den Weg in die Öffentlichkeit fand. Seither stehe nicht nur das Unternehmen in der Kritik, sondern auch das öffentliche Vertrauen in die zuständige Aufsichtsbehörde habe gelitten. Bereits im Januar habe die für diesen Zweck gebildete Projektgruppe ihre Arbeit aufgenommen, um sich fortan um die Umsetzung des von der Politik geforderten Gutachtens zu kümmern. Unterstützt werde die Gruppe dabei von einem breit aufgestellten Projektbeirat, dessen Aufgabe darin bestehe, die Zielsetzung des Gutachtens zu bestimmen und Schwerpunkte festzulegen, die sich eignen, die unterschiedlichen Interessen abzubilden, um letztlich der öffentlichen Erwartungshaltung gerecht zu werden.

Machbarkeitsstudie kommt vor Untersuchungen


Der Beirat sei am Mittwoch zu seiner ersten Sitzung zusammen gekommen und habe sich zunächst mit der Planung einer Machbarkeitsstudie befasst, die ermitteln solle, welche umweltmedizinischen Untersuchungen durchgeführt werden. In dem geforderten Gutachten, so die klare Forderung der Politik, solle es darum gehen, ob in den betroffenen Gebieten eine Häufung bestimmter Krankheitsbilder (beispielsweise Atemwegsbeschwerden, Krebserkrankungen oder COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung)) vorliege, und ob diese möglicherweise mit Umweltbelastungen (unter anderem belastete Luft) zusammenhängen.

Michael Hoopmann, Epidemiologe beim Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA), das Projektgruppe und -beirat mit fachlicher Expertise und der Umsetzung der Machbarkeitsstudie unterstütze, habe in seinem Impulsvortrag darauf hingewiesen, dass man vor dem Einstieg in die gutachterliche Arbeit schon sehr genau geklärt haben sollte, welche Parameter untersucht werden sollen. So gelte es unter anderem das Untersuchungsgebiet, den Untersuchungszeitraum, die Auswertungsstrategie als auch die Erhebungsformen im Vorfeld klar zu definieren. Die Machbarkeitsstudie diene also der klaren Eingrenzung und Definition der umweltmedizinischen Untersuchungen.

Transparanz für Bürger


Landrat Thomas Brych unterstrich zu Beginn der ersten Beiratssitzung, dass die Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Orten Antworten erwarten und verloren gegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden müsse: „Mir, und ich denke auch der Politik ist bewusst, dass ein umweltmedizinisches Gutachten nicht auf die Schnelle erstellt werden kann, das sehen wir schon an der notwendigen, vorgeschalteten Machbarkeitsstudie, die ebenfalls Zeit in Anspruch nimmt. Deshalb ist es aber umso wichtiger, dass wir die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mitnehmen und von Anfang an für größtmögliche Transparenz sorgen. Nur so kann es uns gelingen, der Verunsicherung der Bevölkerung zu begegnen und das klare Signal auszusenden, dass wir die geäußerten Sorgen sehr ernst nehmen“.

Landrat Brych wies in diesem Zusammenhang auch auf die geplanten Bodenuntersuchungen hin, die noch in dieser Woche beginnen, und im Vorgriff auf das umweltmedizinische Gutachten Erkenntnisse zur aktuellen Belastungssituation vor allem im Hinblick auf mögliche Dioxinwerte liefern sollen. Dr. Walter Schmotz von der unteren Bodenschutzbehörde des Landkreises und organisatorischer Leiter von Projektgruppe und –beirat erläuterte, dass zwölf Standorte beprobt werden, begonnen werde auf dem Gelände des Kindergartens Harlingerode. Der Projektbeirat, der sich im Verlauf der rund dreistündigen Sitzung auf die Vorbereitung der Machbarkeitsstudie konzentrierte, begrüßte diesen Schritt. So merkten unter anderem die Beiratsmitglieder Dr. Wolfgang Bauer (Ökologischer Ärztebund), Joachim Niemeyer (PUR Harlingerode e.V.), Rüdiger Wohltmann (Arbeitskreis Oker) und Dr. Friedhart Knolle (BUND) übereinstimmend an, dass dies „eine positive Nachricht für die Bevölkerung ist“, denn sie zeige, dass nun endlich konkret untersucht werde.

Gesundheitliche Probleme seien vielschichtig


Ralf Abrahms, Bürgermeister der Stadt Bad Harzburg und ebenfalls Mitglied des Projektbeirates, unterstrich, dass es ihm besonders wichtig sei, „dass die bisher sehr emotional und mitunter auch reißerisch geführte Debatte versachlicht wird und nicht mit Ängsten oder überhasteten Forderungen, wie der Schließung von Betrieben, Stimmung gemacht wird“. Auch Dr. Martin Hepp, Amtsarzt des Landkreises Goslar und fachlicher Leiter der Projektgruppe, betonte, dass das umweltmedizinische Gutachten Klarheit bringen könnte, wies aber zugleich daraufhin, dass gesundheitliche Probleme vielschichtig seien und deshalb sehr genau geschaut werden müsse, welche Ursachen den unterschiedlichen Krankheiten zugrunde liegen könnten. „Das ist eine komplexe Aufgabe“, so Dr. Martin Hepp.

Die nächsten Schritte sehen nun vor, dass die Projektgruppe die am Mittwoch erarbeiteten Vorschläge in ihrer nächsten Sitzung konkretisiert und dann – Ende dieses Monats – dem Beirat ein ausgearbeitetes Arbeitskonzept vorlegt, damit die Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden kann.


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