Wolfenbüttel, Moskau, Tokio: 17.000 Kilometer mit dem Rucksack unterwegs

Gregor aus Wolfenbüttel machte sich nur mit seinem Rucksack auf den Weg nach Japan.

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Gregor Neumann hat sich aus Wolfenbüttel auf nach Japan und Russland gemacht. Viele Kilometer legte er dabei zu Fuß zurück.
Gregor Neumann hat sich aus Wolfenbüttel auf nach Japan und Russland gemacht. Viele Kilometer legte er dabei zu Fuß zurück. | Foto: Gregor Neumann

Wolfenbüttel und die Welt. Gregor Neumann aus Wolfenbüttel ist ausgezogen, um die Welt kennenzulernen und sie ein wenig auch zu uns in die heimischen Wohnzimmer zu bringen. Seit Februar ist er – mehr oder weniger zu Fuß - in Russland und Japan unterwegs und hat atemberaubende Orte und unberührte Natur gesehen.


Doch wie kommt man eigentlich auf die verrückte Idee, mit 27 Jahren seinen Rucksack zu packen und durch die Welt zu bummeln? Als wir Gregor diese Frage via WhatsApp und E-Mail stellen, "schippert" er gerade auf einem Segelboot im Hafen von Tokio rum. Dorthin hat es den gebürtigen Wolfenbütteler derzeit verschlagen. Ganz so auf der faulen Haut liegt er aber nicht. "Ich helfe einem kanadischen Kapitän sein Segelboot fit zu machen", berichtet Gregor und erzählt von seiner Idee, die Welt zu entdecken.

Im Augenblick ist Gregor in Yumenoshima, einer Insel in der Bucht von Tokio.
Im Augenblick ist Gregor in Yumenoshima, einer Insel in der Bucht von Tokio. Foto: Gregor Neumann


Europa war nicht mehr genug


"Da ich noch nie außerhalb Europas reisen war, wollte ich unbedingt mal ein bisschen auf Weltreise gehen. Geplante Größenordnung war etwa ein Jahr. Interessiert hat mich besonders Südamerika, Kanada oder Asien. Angefangen zu planen habe ich dann im Sommer 2019", schreibt Gregor, der kurz vor seinem Aufbruch seinen Master in Physik in Heidelberg gemacht hat.

Weil er in der Wintersaison mit seiner Reise starten wollte, hat er sich dann für Japan entschieden. Denn der Schnee in Japan gilt unter Ski- und Snowboardfahrern als legendär, besonders in Hokkaido und drittens, verrät uns Gregor: "Auf Google Earth sah Japan mit all seinen Vulkanen ziemlich beeindruckend aus." Und dass eigentlich in diesem Jahr die Olympischen Spiele im Land seiner Wahl stattfinden sollten, war ein weiterer Anreiz, nach Japan zu reisen. "Diese Spektakel hätte ich mir sicher nicht entgehen lassen. Also dachte ich, es wäre eine gute Gelegenheit, dort im Winter als Skilehrer mit 'Work&Travel' zu starten."

Gruß vom Baikalsee. Gregor überquerte ihn zu Fuß. Sein Zelt schlug er mitten auf dem See auf.
Gruß vom Baikalsee. Gregor überquerte ihn zu Fuß. Sein Zelt schlug er mitten auf dem See auf. Foto: Gregor Neumann


Die Idee, die Reise ohne zu fliegen anzutreten, sei ihm schon recht früh gekommen. Stattdessen wollte er mit der Transsibirischen Eisenbahn fahren. "Zum eine wollte ich gerne einen Langstreckenflug vermeiden, zum anderen reise ich einfach gerne langsam und mag es mitzubekommen, wie sich allmählich Land und Leute verändern", sagt er. Doch mit dem Plan, die Transsibirische Eisenbahn zu nutzen, musste er sich von der Ski-Idee in Japan verabschieden. "Aber das war okay. Russland sollte schon genug Schnee bereithalten", dachte sich der 27-Jährige und plante eifrig weiter. "Wenn schon im Winter nach Sibirien, dann muss eine Baikalsee-Überquerung auf dem Eis auch drin sein. Damit habe ich meine Planung dann noch zirka zwei Monate nach hinten auf Mitte Februar verschoben. So hatte ich Zeit mir entsprechendes Equipment zu besorgen und auf Messen und UN-Konferenzen zu arbeiten, um die Reisekasse etwas zu füllen", beschreibt er die Zeit vor seiner Abreise.

Mit der Transsibirischen Eisenbahn ging es für Gregor in Richtung Baikalsee.
Mit der Transsibirischen Eisenbahn ging es für Gregor in Richtung Baikalsee. Foto: Gregor Neumann


Auf nach Russland


Nachdem sich Gregor Last Minute ein "Working Holiday Visum" (WHV) für Japan besorgt hatte, sollte es bald losgehen. Das WHV ist ein Jahr gültig und beinhaltet auch eine Arbeitserlaubnis. So wollte sich Gregor einfach ein wenig Zeit in Japan verschaffen, denn ein normales Visum hätte nur drei Monate Gültigkeit gehabt. "Am 15. Februar bin ich mit 30 Kilo Winterausrüstung in St. Petersburg gelandet. Am 17. Februar habe ich dort mit meinem neuen Freund Wanya meinen 27. Geburtstag gefeiert", sagt Gregor über die ersten Tage in Russland.

Gregor überquerte den Baikalsee - der älteste, tiefste und größte Süßwassersee der Welt. 25 Millionen Jahre alt mit einer maximalen Tiefe von 1.642 Meter und einer Fläche von 31.722 Quadratkilometern, so groß wie Belgien.
Gregor überquerte den Baikalsee - der älteste, tiefste und größte Süßwassersee der Welt. 25 Millionen Jahre alt mit einer maximalen Tiefe von 1.642 Meter und einer Fläche von 31.722 Quadratkilometern, so groß wie Belgien. Foto: Gregor Neumann


Zu Fuß über den Baikalsee


Was dann folgt, war eine Reise voller unglaublicher Naturschauspiele, kilometerlanger Fußmärsche und frostiger Temperaturen. So lief er 600 Kilometer zu Fuß durch Japan und 65 Kilometer durch Russland, als er bei minus 20 Grad den zugefrorenen Baikalsee überquerte und fuhr mit der Transsibirischen Eisenbahn. "In Russland war ich so weit allein unterwegs, allerdings bin ich in jeder Stadt bei Couchsurfern untergekommen. Dies ist nicht nur kostenlos, sondern ich hatte gleichzeitig Kontakt zu coolen Locals", berichtet Gregor weiter.

In Kasan fand er schnell Anschluss und wohnte bei Nick, Olga und Aygul.
In Kasan fand er schnell Anschluss und wohnte bei Nick, Olga und Aygul. Foto: Gregor Neumann


"Während des Monats in Russland brach die Pandemie in Deutschland aus. In Russland interessierte das zu diesem Zeitpunkt kaum jemanden.
Die Fähre von Wladiwostok nach Japan fuhr nicht. Corona war wohl nicht der Grund, aber genau konnte ich das nicht feststellen. Um das WHV zu bekommen musste ich einen Flug nach Japan vorweisen. Also hatte ich schon einen Flug von Wladiwostok nach Tokio gebucht, wollte den aber im Falle, dass es eine Fähre gibt wieder stornieren. Leider musste ich fliegen", sagt Gregor.

Unglaublich. Gregor fotografierte einen Bären beim Fischen im Shiretoko National Park.
Unglaublich. Gregor fotografierte einen Bären beim Fischen im Shiretoko National Park. Foto: Gregor Neumann


Etwa zwei Wochen nach seiner Einreise in Japan wurden aufgrund der Pandemie die Grenzen dicht gemacht. "Nun war ich nur noch bedingt traurig darüber, dass mein Russland Visum nur einen Monat gültig war. Wäre ich länger in diesem wunderschönen Land geblieben, hätte ich nicht nach Japan einreisen können", erzählt Gregor rückblickend. Nun ist er in Tokio und so wie es derzeit aussieht, bleibt er auch noch eine Weile im Land der aufgehenden Sonne. "Als gegen Frühsommer klar wurde, dass die Pandemie das Weiterreisen in andere Länder kompliziert bis unmöglich macht, habe ich mich entschieden, eine Position als Skiinstruktor auf Hokkaido für den kommenden Winter anzunehmen und mein Jahresvisum auszuschöpfen", berichtet der 27-Jährige.

Der Strand von Izu, südwestlich von Tokio.
Der Strand von Izu, südwestlich von Tokio. Foto: Gregor Neumann


Insgesamt hat Gregor in den vergangenen Monaten auf seiner Reise durch Russland und Japan mehr als 17.000 Kilometer zurückgelegt. Davon knapp 700 zu Fuß, etwa 10.000 Kilometer mit der Bahn, mehr als 300 mit dem Fahrrad und rund 6.000 Kilometer per Anhalter. "Grundsätzlich bin ich allein, aber wenn es geht, suche ich mir Begleitung, da ich sehr viel lieber im Team unterwegs bin. Die Abwechslung macht es", sagt er und betont, dass er auf seiner Reise tolle und freundliche Menschen kennengelernt hat, zu denen er inzwischen eine enge Freundschaft pflegt. So wie der Schweizer Dominik, den Gregor inzwischen zu seinen besten Freunden zählt. Mit ihm umrundete er den Vulkan Fuji - der mit mehr als 3.700 Metern der höchste Berg Japans ist. "Mit Dominik habe ich Japan quasi vom südlichsten bis nördlichsten Punkt durchquert", sagt Gregor.

Gregor und seine Freunde kamen in Yakushima bei Kotoga unter.
Gregor und seine Freunde kamen in Yakushima bei Kotoga unter. Foto: Gregor Neumann


Gregor reist "ultra-low-budget" - das heißt, er ist mit einem Zelt unterwegs, in dem er das Notwendigste dabei hat. Gekocht wird da, wo er ist, mit den Dingen, die ihm zur Verfügung stehen. Das kann mal selbst gekochte Pasta, oder günstige Speisen aus den Supermärkten oder Bistros sein. "Japan ist teurer als Deutschland, aber man kann auch günstig leben. Am Abend wird in Supermärkten das Sushi und Sashimi zum halben Preis verkauft. Da kann man sich den Bauch für fünf Euro komplett mit feinstem Sushi und Sashimi voll hauen", sagt er.

Traumhaft: Eine heiße Quelle und ein heißer Wasserfall im Shiretoko National Park.
Traumhaft: Eine heiße Quelle und ein heißer Wasserfall im Shiretoko National Park. Foto: Gregor Neumann


Ansonsten kommt er in Hostels oder bei Menschen zuhause unter, die er auf seiner Reise kennenlernt. Er erlebte immer wieder eine große Gastfreundschaft. So wie bei seinem Aufenthalt in Kasan, wo er auf Nick, Olga und Aygul traf. "Nachdem ich meine Reise nach Kasan veröffentlicht hatte, schrieben mir ungefähr sechs Leute Angebote, mich zu treffen, die Stadt zu zeigen oder mich zu beherbergen. Ich beschloss schnell, meinen Aufenthalt von zwei auf dreieinhalb Tage zu verlängern. Bereits am ersten Abend bildete Nick schnell eine Gruppe von acht bis zehn recht internationalen Leuten. Wir sind durch den Kreml gelaufen und hatten viel Spaß", beschreibt Gregor seinen Stopp in der russischen Stadt. Und auf ebenso große Gastfreundlichkeit stieß er in Japan. Auf der Insel Yakushima traf er auf Kotoga, der sie in sein selbstgebautes Haus einlud und dort etwas über die Insel erzählte. Gebadet wurde oft in den Onsen - den heißen Quellen, die in Japan viel verbreitet sind.

Ein Bad unter freiem Himmel. Gregor genießt das Bad in einer heißen Quelle in Japan - traumhafte Aussicht inklusive.
Ein Bad unter freiem Himmel. Gregor genießt das Bad in einer heißen Quelle in Japan - traumhafte Aussicht inklusive. Foto: Gregor Neumann


Wie lang seine Reise durch die östliche Welt noch dauert, kann Gregor noch nicht sagen. Das kommt ganz darauf an, wie die Wintermonate werden, sagt er. Sicher ist aber, dass er auch weiterhin auf seinem Blog www.graexploring.com fleißig über seine verrückte Reise berichten wird. Wer also Lust hat, sich die tollen Landschaftsaufnahmen anzusehen und zu verfolgen, wo sich der Wolfenbütteler rumtreibt, sollte dort unbedingt mal gucken. Aber Achtung: Es besteht die Gefahr, dass einen das Fernweh packt!


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