Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen vermeintlich millionenschweren Subventionsbetrugs gegen die Tochterfirma „Gutsgold“ Geflügelkonzerns Doux bestätigt nach Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die grundsätzliche Kritik an der staatlichen Exportförderung, die insbesondere in afrikanischen Ländern zur Verdrängung dortiger Kleinbauern durch heruntersubventionierte Dumpingangebote führe. In einer Presseerklärung heißt es (ungekürzt und unkommentiert):
Der multinationale Geflügelkonzern Doux, der erst kürzlich Gerüchte über einen bevorstehenden Verkauf des Unternehmens dementieren musste, dürfte durch die neuerlichen Vorfälle zusätzlich in Schwierigkeiten geraten. Durch die Schließung von Schlachtkapazitäten würde sich die Lage zahlreicher Arbeitnehmer und abhängiger landwirtschaftlicher Vertragsmäster weiter existenzbedrohlich verschlechtern.
Als „erstes Opfer der ruinösen Überproduktion im weiter andauernden Verdrängungskampf der Geflügelkonzerne“ hatte die AbL zuvor bereits das Aus des Visbeker Unternehmens Stolle bzw. dessen Übernahme durch den niederländischen Plukon-Konzern bezeichnet. Plukon (Marke „Friki“) sei wiederum vor einiger Zeit vom Finanzinvestor Gilde Buy Out geschluckt worden, dieser sogenannte „Heuschrecken“-Konzern dringe nun weiter in den deutschen Markt vor. Vor allem in Ostdeutschland würden riesige Mastanlagen mit jeweils mehreren hunderttausend Plätzen beantragt. Parallel werde durch den ebenso massiven Ausbau der Schlachthof- und Mastkapazitäten der Konzerne Wesjohann („Wiesenhof“), Sprehe („Astenhof“) und Rothkötter („Emsland-Frischgeflügel“) eine ruinöse „Hähnchenblase“ aufgebaut, die noch weitere Opfer fordern werde.
Auch weitere Konzerne in anderen EU-Ländern sind laut AbL am Aufbau der Überschüsse von Geflügelfleisch beteiligt, die angesichts der Billigkonkurrenz aus Brasilien und USA auch auf dem Weltmarkt kaum absetzbar sei. „Als Folge der ruinösen Überproduktion“, so AbL-Agrarindustrie-Experte Eckehard Niemann, „bezahlen die Schlachtkonzerne den von ihnen total abhängigen Vertragsmästern mittlerweile durchweg Erzeugerpreise weit unterhalb der Kosten, zumal sich die Preise der von den Schlachtkonzernen gelieferten Futtermittel im letzten Jahr fast verdoppelt haben.“ Infolge der Absatzkrise habe auch Europas größter Fleischkonzern Vion in Großbritannien bereits eine Geflügelschlachterei geschlossen und eine weitere reduziert – trotzdem befürworte Vion-Aufsichtsrat Werner Hilse in seiner Funktion als niedersächsischer Landvolk-Präsident hierzulande immer noch den Einstieg weiterer Landwirte in die Vertragsmast.
Die AbL sieht die Geflügelkonzerne in einer Zwickmühle: Einerseits hätten sie im gegenseitigen Verdrängungskampf insgesamt zu viele Mäster angeworben, so dass die dadurch aufgebauten Überschüsse nur zu unrentablen Dumpingpreisen absetzbar seien. Gleichzeitig könnten einige Konzerne gerade in jenen Regionen, in denen sie Schlachthöfe neu bauten, nicht genügend Mäster anwerben – so dass sie das Geflügel hierfür ggf. von weither anfahren müssten. So habe der Rothkötter-Konzern für seinen Mega-Schlachthof in Wietze (bei Celle) schätzungsweise nur ca. 30 Vertragsmäster anstelle der angepeilten 420 gewinnen können. Die fehlenden Hühner müsse er vermutlich teuer aus Holland holen, sofern der Schlachthof nicht ohnehin durch Klagen der Schlachthofgegner stillgelegt werde. Auch Plukon habe die Inbetriebnahme seines Schlachthofs in Neustrelitz verschoben, weil Bürgerinitiativen den Bau der erforderlichen Mastanlagen verhinderten.
Die AbL warnte alle Landwirte vor der absehbaren Verschärfung der Überproduktions- und Akzeptanzkrise der agrarindustriellen Geflügelhaltung. Unter dem gesellschaftlichen Druck für eine artgerechte Tierhaltung reagierten mittlerweile auch Länder, Bund und EU mit Plänen für Tierschutzmaßnahmen und die Eindämmung von Agrarfabriken. Die AbL rief alle Bauern auf, sich im eigenen Interesse aktiv in diese Auseinandersetzung einzumischen – für eine Geflügelhaltung mit genügend Platz und Auslauf der Tiere auf konzern-unabhängigen Bauernhöfen mit eigener Futtergrundlage. Die damit verbundene Mengenbegrenzung und eine massive Förderung im Rahmen eines Umbauprogramms könnten und müssten für die Durchsetzung fairer Erzeugerpreise genutzt werden.
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