"Das Schulsystem bricht zusammen" - Gewerkschafterin richtet Appell an Landesregierung

Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Laura Pooth, nutzte ihren Auftritt in der Pressekonferenz des Kultusministers für mahnende Worte.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: pixabay

Region. Bei der heutigen Pressekonferenz des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne wurden nicht nur die Soforthilfen in Höhe von 45 Millionen Euro für die verbesserte Corona-Ausstattung der Schulen besprochen. Mit am Tisch saß auch Laura Pooth, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wisenschaft (GEW). Sie nutzte die Gelegenheit für ein kritisches Wort und einen Appell an die Landesregierung. Ihre Botschaft: Die Unterfinanzierung des Bildungsbereiches muss endlich beendet werden.


Ihr Auftritt in der Konferenz sei nicht als Schulterschluss mit dem Minister zu verstehen, stellt Pooth klar. Lobende Worte findet sie dafür, dass Tonne regelmäßig Gewerkschaften mit an den Tisch holt. Dennoch würden die Gewerkschaftsvorsitzende immer mehr verzweifelte Nachrichten aus den Schulen erreichen: "Die Situation spitzt sich weiter zu. Deswegen nehmen wir wohlwollend zur Kenntnis, dass der Minister genau für diese Punkte das Geld bereitstellt, die wir so dringend eingefordert haben." Das Geld soll vorrangig für mehr Personal und erweiterte Schutzmaßnahmen an den Schulen genutzt werden. Im Schnitt entfallen auf jede niedersächsische Schule 15.000 Euro. "Das darf aber nur der erste Schritt sein", mahnt Pooth und erklärt: "Denn der Finanzbedarf an den Schulen ist weitaus größer. Und genau deshalb sitze ich heute auch hier, weil ich eine entscheidende Frage stellen will." Diese Frage, so Pooth, richte sich nicht nur an Kultusminister Tonne, sondern auch an den niedersächsischen Finanzminister Reinhold Hilbers, Ministerpräsident Stephan Weil und die ganze Landesregierung.

"Ein Großteil der Schüler bleibt auf der Strecke, wenn man sie mit oder ohne blinkendes Endgerät zu Hause sich selbst überlässt."

- Laura Pooth, Landesvorsitzende der GEW Niedersachsen



"Wie kann es sein, dass der Kultusbereich um jede müde Mark betteln muss?", leitet die Gewerkschafterin ein, "Wie kann es sein, dass sich alle einig sind, dass wir Präsenzunterricht brauchen. Wir brauchen Lehrkräfte, und gleichzeitig wird gerade jeder Cent zweimal umgedreht, bevor er wieder zurück in die Tasche gesteckt wird." Sie wolle auch verdeutlichen, was man aus den Schließungen und der schrittweisen Wiedereröffnung der Schulen im Frühjahr gelernt habe: "Uns allen ist gemeinsam klar geworden, welche Bedeutung der Präsenzunterricht für Kinder und Jugendliche hat. Lernen basiert auf sozialer Interaktion. Auf dem Austausch miteinander, auf der Rückmeldung von versierten Lehrkräften." Pooth stellt fest: "Ein Großteil der Schüler bleibt auf der Strecke, wenn man sie mit oder ohne blinkendes Endgerät zu Hause sich selbst überlässt."

Die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth (Archivbild)
Die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth (Archivbild) Foto: Alexander Dontscheff



Wichtig für die Beschäftigten und die Wirtschaft


Die Gewerkschafterin fährt fort: "Wenn man den Betriebsratsvorsitzenden eines Einkaufsmarktes wie Real befragt, oder den Vorsitzenden von BMW Hannover, wenn man die fragt was das Wichtigste für Beschäftigte in der Corona-Krise ist, lautet die Antwort: 'Das Wichtigste ist, dass ihre Kinder verlässlich betreut werden'." Das sei eine Voraussetzung für die gesamte Wirtschaft. "Aber an dieser Forderung hängt ein Preisschild. Eine Schule ist mehr als ein Aufbewahrungsort", appelliert Pooth und schlussfolgert: "Wir können noch lange über Szenario A, B oder C diskutieren, das bildet nur den Moment ab. Wenn das ganze System Schule nicht dauerhaft unter der Belastung der Beschäftigten zusammenbrechen soll, muss schon im Haushalt 2021 alles für den Gesundheitsschutz bereitgestellt werden."


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