Wolfenbüttel: GRÜNE reagieren auf Angriff des CDU Stadtverbandes - öffentliche Entschuldigung gefordert

von Marc Angerstein




Die Stadtratsfraktion der Grünen hat heute Nachmittag auf die gestern veröffentlichte Stellungnahme des CDU-Stadtverbandvorsitzenden Eckbert Schulze reagiert, in der er der Stadtratsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen "Unehrlichkeit und Unredlichkeit" vorwirft (WolfenbüttelHeute.de berichtete). Stefan Brix, der für die Fraktion auf die Vorwürfe antwortete, wünscht eine öffentliche Entschuldigung Schulzes und hält ihm Beleidigung sowie neben der Bekanntgabe vom Abstimmungsverhalten aus einer nicht öffentlichen Sitzung, eine sachlich falsche Darstellung vor.

Wir veröffentlichen die Reaktion der Grünen an dieser Stelle - wie immer - unkommentiert und ungekürzt:

Wie viel Unwissenheit und Beleidigungen will der CDU Stadtverband noch präsentieren?


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Stefan Brix. Foto: Privat



Ein bisschen enttäuscht sind wir schon, derartige Entgleisungen vom Vorsitzenden des CDU-Stadtverbands und Ratskollegen(!) Eckbert Schulze lesen zu müssen: Tatsachen verdrehen, Vorurteile bedienen, Beleidigungen aussprechen, provozieren. Ist das der Abschied des vom Bürgermeister immer so gern (und durchaus nicht zu Unrecht) angeführten "Wolfenbütteler Stils" in der Ratspolitik?  - Wir wissen es derzeit nicht und wir wollen es nicht hoffen. Gleichwohl müssen wir auf diesen Angriff reagieren. Die Ratsfraktion der Grünen tut dies wie immer: Mit Argumenten, Sachinformation und dem Versuch einer Abwägung. Wir haben zu jedem einzelnen Punkt der "verspäteten Aschermittwochsrede" Stellung genommen.

1. Aldi in Linden


[image=5e17653d785549ede64ce4e0]Die Grünen sind für den Aldi-Markt in Linden in seiner jetzigen Form und gegen den Umzug auf die "grüne Wiese" außerhalb der Ortsgrenzen, das ist richtig. Aber genau das ist im Bauauschuss vorgetragen und in aller Offenheit mit Argumenten belegt worden, von denen nur zwei hier wiederholt werden sollen:

Aldi verabschiedet sich vom Diskounter-Dasein und wird zum Vollsortimenter (wie REWE gegenüber), damit werden Sortiment und Verkaufsfläche "innenstadtrelevant", mit anderen Worten: Der Innenstadt wird Konkurrenz gemacht. Dies konterkariert die Bemühungen des Bürgermeisters und im übrigen auch das Engagement der zahlreichen Bürger, die das Innenstadtentwicklungskonzept erstellen. Es steht dem Stadt-CDU-Vorsitzenden frei, Stefan Brix' Vortrag dazu als "hochintellektuelles Philosophieren" abzutun, für die Grünen ist es schlicht das Denken in einfachen Zusammenhängen. Seit drei Jahren gibt es ein mit den Stimmen der CDU beschlossenes Konzept zu den Verkaufsflächen in der Stadt, um die Innenstadt (und auch die heimische Wirtschaft) zu unterstützen. Jetzt, beim ersten Mal, da es angebracht wäre, sich daran zu halten, ist es der CDU offenbar schon egal. Es soll damit keinesfalls ausgeschlossen sein, Pläne den veränderten Bedingungen anzupassen, doch haben sich diese Bedingungen verändert? Die Innenstadt leidet immer noch durch das Einkaufen am Stadtrand (und in Braunschweig) und hat das Konzept nötiger denn je.

Aldi will auf die "grüne Wiese" ziehen, aus der bebauten Ortschaft heraus. Die Fußwege dahin müsste die Stadt bauen, der Einkauf zu Fuß wird einen halben Kilometer länger. Das sind nicht die Voraussetzungen, unter welchen die Grünen Stadtentwicklung betreiben wollen! - Ja, reine "Auto-Standorte" zum Einkaufen lehnen wir ab. Nur eine kleinräumige Einkaufslandschaft wird dem demografischen Wandel und der heimischen Wirtschaft gerecht. Denn nur eine kleinräumige Einkaufslandschaft ist auf kurzen Wegen zu Fuß erreichbar. Das mag vielen Mitgliedern des Stadtrates, die mutmaßlich alle (auch wir Grünen übrigens) über ein Auto verfügen, aktuell weniger wichtig erscheinen, doch viele ältere Menschen können kein Auto mehr fahren und Kinder und Jugendliche können es noch nicht. Es ist die Pflicht eines Rates, bei der Stadtentwicklung auch an diese Personen zu denken. Die weiteren Themen Klimaschutz und Flächenverbrauch seien hier nur erwähnt, aber nicht nicht näher erläutert.

Was im Gesamtzusammenhang aber besonders bedenklich stimmt ist, dass die CDU eine "Erpressung" der Stadt durch Aldi "Wenn Aldi den neuen Standort nicht kriegt, macht Aldi ganz zu!" vehement verneint, diese "Erpressung" aber in ihrer Argumentation für den neuen Standort selbst aufnimmt, in dem Eckbert Schulze suggeriert, dass es ohne den Umzug Aldis bald gar kein Aldi mehr in Linden gäbe. Diese Politik der angeblichen "Alternativlosigkeit" teilen wir nicht.

Übrigens stehen die meisten dieser Überlegungen tatsächlich in der (vom Bürgermeister unterschriebenen!) Verwaltungsvorlage. Wir Grünen verstecken uns nicht dahinter, sondern unterstützen und ergänzen sie argumentativ - öffentlich! Versteckt sich die CDU hinter jeder Verwaltungsvorlage, der sie zustimmt?

2. Hertie-Immobilie


[image=5e176525785549ede64ce0d8]Die Sitzung des Rates der Stadt Wolfenbüttel zum Erwerb der Hertie-Immobilie war nicht-öffentlich. Insofern sind wir Grünen schon auf das Verfahren des Bürgermeisters gegen Eckbert Schulze gespannt, der das Abstimmungsverhalten von Fraktionen öffentlich macht und darüber hinaus sachlich falsch darstellt.

Sei es drum. - Ja, die Grünen haben mit sechs Stimmen gegen den Erwerb der Hertie-Immobilie gestimmt und sich mit einer Stimme enthalten (ein Fraktionsmitglied war bei der Sondersitzung des Rates nicht anwesend). Und das obwohl wir den Kauf von Immobilien in der Innenstadt befürworten und selbst beantragt haben. Unser eigenes Abstimmungsverhalten hätten wir auch öffentlich machen können und haben dies bisher nicht getan. Warum eigentlich? - Die Antwort ist einfach: Wir sind nicht unbedingt einer Meinung mit den anderen Fraktionen im Rat, aber wir sind loyal zu Wolfenbüttel! Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende dagegen ist nicht einmal loyal zum eigenen Bürgermeister und zum eigenen Rat, wenn er jetzt an die Öffentlichkeit zerrt, wie sich die eine oder andere Fraktion in der Abstimmung verhalten hat.

Wenn wir Grünen unsere Ablehnung öffentlich gemacht hätten, dann hätten wir diese Ablehnung auch begründen müssen. Diese Gründe sind aber derzeit nicht öffentlich! - Wir dürfen nicht darüber reden, wenn wir den Fortgang des Projektes Hertie nicht gefährden wollen. Also verhalten wir uns loyal zu Wolfenbüttel. Und sind betroffen wie ein CDU-Stadtverbandsvorsitzender die einfachsten Gepflogenheiten, die nebenbei gesetzlich verankert sind, mit Füßen tritt.

Die Behauptung die Grünen würden "mit kleinen Tricks versuchen, die Wiederinbetriebnahme der Immobilie zu behindern oder sogar von hinten herum schlecht zu reden" erfüllt den Tatbestand der Üblen Nachrede, wenn nicht den der Verleumdung. - Denn Beweise für seine Behauptung wird Eckbert Schulze nicht liefern können. Die tatsächliche Haltung der Grünen ist, dass es dringend notwendig ist, Hertie zu entwickeln. Das gilt natürlich völlig unabhängig davon, dass die Immobilie gegen unsere Stimmen im Rat gekauft wurde. Dies muss allerdings mit einiger Weitsicht geschehen und nicht mit unüberlegten Jubelparolen einerseits und Beleidigungen politischer Mitstreiter andererseits. Das ist kein Wolfenbütteler und schon gar kein "Grüner" Stil, den sich der CDU-Stadtverband in dieser Sache zu eigen macht.

Über eine öffentliche Entschuldigung Eckbert Schulzes zum beleidigen Gebrauch des zweitplazierten Unwortes des Jahres 2011 "Gutmenschen" würden wir uns freuen.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Wolfenbüttel

Stefan Brix


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