LeserMeinung: Bürgerbeteiligung in Wolfenbüttel - Zukunftswerkstatt unter dem Ladentisch?

von Marc Angerstein




[image=57624]Am 19. Juni nahm ich als Zuhörerin bei der gemeinsamen Sitzung des Bau- und des Finanz­ausschusses der Stadt Wolfenbüttel teil. Es ist spannend, als Bürgerin unmittelbar mitzuerleben, welche Gedanken und Entscheidungen Ratsmitglieder und Stadtverwaltung erarbeiten, um unsere Stadt zu gestalten. Und wie sie miteinander umgehen.

Die Einladungen zu den Sitzungen samt Tagesordnung und Beschlussvorlagen findet man im Bürgerinformationsportal der Stadt - normalerweise.

Für heute waren die Kennziffern von zwei Beschlussvorlagen in der Einladung genannt, aber nur eine (von Bürgermeister Pink) war als Datei im Internet zu finden. Von einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung erfuhr ich, ja, diese zweite Vorlage gäbe es bereits seit einiger Zeit, aber nicht in allgemein zugänglicher Form. Er wisse nicht so genau, um was es dabei gehe und ob darüber überhaupt abgestimmt werden solle.

Bürgermeister Pink erläuterte in der Ausschusssitzung ausführlich seinen Antrag zur Entwicklung des Zukunftsprofils der Innenstadt Wolfenbüttel. Bürgerbeteiligung soll dabei eine große Rolle spielen. Dieses methodische Konzept und seine Begründung fand fraktionsüber­greifend großen Anklang und wurde einstimmig angenommen.

Und dann kam noch einmal die geheimnisvolle zweite Beschlussvorlage zur Sprache, die offenbar bereits im Mai von den Piraten eingebracht worden war. Einigen Ausschussmitgliedern lag sie vor, anderen nicht. Interessierte Bürger hatten jedenfalls keine Gelegenheit, sie zur Kenntnis zu nehmen. Zum Inhalt fiel das Stichwort "Zukunftswerkstatt". Auf Nachfrage des Piratenvertreters wurde deutlich, dass der Bürgermeister diese Beschlussvorlage für irgendwie unpassend hielt. Zuerst meinte er, ein solcher Antrag könne erst im Jahr 2014 behandelt werden, dann hieß es, er käme viel zu spät, weil ein anders lautender Beschluss bereits gefasst sei.

Was immer vom Inhalt dieses Antrags zu halten sein mag - ich grübele noch darüber, wie es sein kann, dass ein offiziell eingebrachter und in der Tagesordnung ausdrücklich genannter Antrag eines gewählten Ratsmitglieds wie ein Papier "unter dem Ladentisch" behandelt wird. Und was ein solches Verfahren wohl für den Umgang mit Ideen aus den Bürger-Arbeits­gruppen bedeutet...

Heute - am 20.06. - wurde tatsächlich das Deckblatt für den Antrag im Informationssystem nachgetragen. Der eigentliche Antrag allerdings fehlt immer noch. Er wurde im Übrigen in der Ausschusssitzung abgelehnt.

Gunda Reichenbach


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