Stadt-GRÜNE: "Wir sind nicht Verwalter sondern Gestalter"

von Marc Angerstein




[image=49342]"Seit etwa 8 Monaten ist nun die neue Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen bei der kommunalpolitischen Arbeit, ein Anlass, einmal auf diese Zeit im Rat der Stadt Wolfenbüttel zurückzuschauen", sagte Jürgen Selke-Witzel zur Begrüßung eines aus diesem Anlass angesetzten Pressegesprächs in ihrem "Grünen Laden" an der Halchterschen Straße. Und das taten Sie dann auch, sogar so umfangreich, dass die angesetzte Zeit deutlich überzogen wurde. Markus Brix leitete wohl deshalb mitten in einer lebhaften Diskussion über die grünen Vorstellungen von "sanftem Tourismus" sein Schlußwort ein: "Wir sind nicht Verwalter sondern Gestalter der gesellschaftlichen Bedingungen in Wolfenbüttel und dafür streiten wir uns gern." Das Besondere: Über allem schwebt die Aussage "Keine Denkverbote!"

Mit einem starken Mandat der Wählerschaft ausgestattet, mit einem gegenüber vorher verdoppelten Ergebnis, ist die jetzt 8-köpfige Fraktion an den Start gegangen. Die Stärke der Grünen Fraktion im Rathaus schlägt sich unter anderem im Vorsitz des Ausschusses für Bauwesen durch Stefan Brix nieder. Zudem stellen die Grünen mit Jürgen Selke-Witzel einen Stellvertretenden Bürgermeister und mit Beate Zgonc eine Stellvertretende Ratsvorsitzende.

Eines der Schwerpunktthemen der Stadtratsfraktion ist die Energiewende auf kommunaler Ebene. Hier hat die Fraktion einige Anträge gestellt, mit dem Ziel die Notwendigkeit der Energiewende im Bewußtsein zu halten und die Verwaltung zur zügigen Umsetzung aufzufordern. Hier gilt es in den kommenden Jahren konkrete Umsetzungsmöglichkeiten gemeinsam zu erarbeiten und durchzuführen. Die Verwaltung hat mit dem derzeitigen Austausch der Leuchtkörper im Stadtgebiet einen guten Anfang gemacht, waren sich die Grünen einig.  "Insgesamt gehen uns die Entwicklungen in Wolfenbüttel aber viel zu langsam", sagte Reiner Strobach. "Da müssen wir schneller werden, in zehn Jahren ist der Zug sonst abgefahren." Nach seiner Auffassung müssen sich alle Initiativen zur Energiewende besser vernetzen und ihre Arbeit koordinieren.

Zum Windpark Ahlum-Dettum haben die Grünen eine durchweg positive Einstellung. Er soll sich aber in Bürgerhand befinden, entweder durch den Betrieb der Wolfenbütteler Stadtwerke oder durch die Gründung einer Genossenschaft. Nur dann können, nach Auffassung der Grünen, die Bürgerwünsche auch in allen Belangen berücksichtigt werden. Die Größe der Parks könnten dadurch kleiner, oder der Abstand der Windmühlen zu Wohngebieten vergrößert werden.

Markus Brix machte noch einmal deutlich, wie wichtig die Vorranggebiete des Zweckverbands Großraum Braunschweig (ZGB) sind: "Sonst könnte jeder zu jederzeit auf seinem Boden unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften einen Windpark errichten, ohne die Belange der Anwohner zu berücksichtigen."

Im Zusammenhang zum Thema Energiewende können sich die Grünen auch vorstellen, die Altstadtsatzung der heutigen Zeit anzupassen: "Wir wollen da keine Denkverbote", so Brix. Die stellvertretende Bau-Ausschussvorsitzende Ulrike Krause kann sich Photovoltaikanlagen auf Dächern  im alten Kern der Innenstadt durchaus vorstellen.

"Wenn wir mehr Menschen in die Innenstadt holen wollen, müssen wir uns auch in der Innenstadt dem Thema Dachausbau öffnen", meinten Krause und Margarete Schwanhold. Markus Brix erläuterte dann seine Vorstellungen vom Ausbau mit Positiv- und Negativ-Gauben. Außerdem müssten die Außenwerbeanlagen der Innenstadt zeitgemäß sein und nur die Frage "wie fügt sich das ins Stadtbild ein" positiv beantwortet werden.

Nach anfänglich sehr kontroversem Streit zum Thema Baumschnitt und Baumfällungen im Stadtgebiet, ist derzeit etwas Ruhe eingekehrt. "Wir wollen versuchen durch Aufklärung die Verwaltung zu einem Umdenken im Bereich der Baumpflege zu bewegen", sagen die Grünen. "Es kann doch nicht sein, dass die Verwaltung irgendwo eine gesunde Hybridpappel wegschneidet, nur weil es eine Hybridpappel ist."

Die Stadt lebt von ihren grünen Bereichen, so die Meinung in der Fraktion, die zum Thema Baumpflege auch noch eine Informationsveranstaltung durchführen will. Zu den Bäumen an der Reichstraße, die krank sein sollen und im Zuge der bevorstehenden Bauarbeiten am Kornmarkt in Frage gestellt sind, wollen die Grünen die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung abwarten. Trotzdem haben sich die Grünen hier schon festgelegt: Dort sollen immer Bäume in der gleichen Anzahl wie jetzt stehen. Und wenn es neue werden müssten, dann aber auch Bäume - keine Bäumchen.

Die Stadt-Grünen treten weiterhin für die verlässliche Ganztagsbetreuung in Grundschulen ein und berichten darüber, das dies zurzeit auf der Ebene von Verwaltungsgesprächen begleitet wird. Diese Ganztagsschulen müssen den Schülern aber Freiräume für ihre Freizeitgestaltung geben. "Die Außerschulische Jugendarbeit soll von den Jugendlichen selbst gestaltet werden", erklärt Beate Zgonc. Außerdem denkt die grüne Stadtratsfraktion laut über eine dritte Gesamtschule nach, die allerdings nicht unbedingt im Stadtgebiet liegen muss.

Nach der fünfjährigen Überzeugungsarbeit in Sachen Shared Space (Stadtplanung) werden jetzt die ersten Früchte geerntet: "Mit dem östlichen Innenstadtgebiet, Stichwort Wallstraße ist es uns mit der CDU gelungen das Konzept von Shared Space zur Umsetzung zu bringen", freut sich Selke-Witzel. Auch Bürgermeister Thomas Pink trägt Shared Space mit. Gemeinsam mit Anwohnern, die dieser Art von Verkehrsgestaltung sehr offen gegenüberstehen, gilt es jetzt die Details in der Umsetzung gut zu betreuen und frühzeitig mögliche Planungsmängel zu verhindern. Der Schloßplatz könnte auch in den Angriff genommen werden, eigentlich die gesamte Innenstadt, wenn es funktioniert. Es geht den Grünen um Aufenthaltsqualität und Wohnwerte, um Leben und Gefühl. Wohl auch deshalb halten die Grünen an ihrem Ziel von Tempo 30 in der Innenstadt fest.

Auch der Ausbau von Radwegen bleibt ein wichtiges Ziel der Grünen. Da ist gerade Bewegung im Thema, es gab sogar ein Treffen aller Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates mit dem ADFC. Die Grünen sind da im Thema, kennen alle Alltagswegenetze des Stadtgebietes, wollen aber wegen der laufenden Gespräche jetzt wenig dazu sagen. Nur soviel: Sollte es nötig sein, könne auch der Personalansatz im Bauamt erhöht werden.


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