Integration - Am Exer 17: "Unsere Sorgen sind längst verflogen"


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[image=5e1764af785549ede64cc98c]Das erste Integrationsunternehmen im Landkreis Wolfenbüttel nimmt Fahrt auf. Im Solferino, wo Menschen mit Behinderungen seit Anfang August gemeinsam mit Nicht-Behinderten die Verpflegung der Gäste am Exer 17 sicher stellen, hat das Team mittlerweile erste Erfahrungen gesammelt.

„Ich hatte mir zunächst schon einige Sorgen gemacht“, erklärt Corina Bornecke, die Küchenleiterin der vom DRK-Kreisverband Wolfenbüttel initiierten Gaststätte. Schließlich sei ein Integrationsunternehmen keine Werkstatt für Behinderte. Im Solferino müssten sich alle Menschen im Alltagsbetrieb erproben – und bewähren. „Das war natürlich Neuland für uns alle, und wir mussten vieles erst auf uns zukommen lassen“, sagt die Chefin. Inzwischen sei sie aber sehr entspannt: „Unsere Sorgen sind längst verflogen.“

Es habe ungemein geholfen, dass alle im bestehenden Team offen seien für Neues. Bis zum Ende des kommenden Jahres sollen sieben Behinderte mit sieben Nicht-Behinderten zusammen arbeiten. „Im Moment sind erst zwei da, aber sie wurden von allen toll aufgenommen“, lobt Bornecke.

Dieses Lob geben Miriam Jagieniak und Axel Thunrey gern zurück. Die Bäckerin und der Bäcker (Bornecke: „diese Konstellation ist Zufall“) haben schon vor dem 1. August einige Zeit am Exer gearbeitet und fühlen sich voll integriert. „Ich bin mit den Kollegen sehr zufrieden“, sagt die 37-Jährige und schmunzelt. Man helfe sich gegenseitig und erkläre viel. „Ich mache es dann einfach nach.“

Das klingt leichter als es ist, denn die Bäckerin ist von Geburt an taubstumm. Bevor sie zum Solferino kam, war sie bei der Awo in Bielefeld als Küchenhilfe tätig. Familiäre Umstände bewegten sie zu Umzug in unsere Region. Ein Arbeitsverhältnis in Braunschweig scheiterte. „Das war alles nicht so befriedigend.“ Inzwischen arbeitet sie bei der Zubereitung der drei täglich wechselnden Gerichte am Exer mit und hat sich vor allem auf Süßspeisen spezialisiert. „Niemand macht Kaiserschmarrn besser als sie“, betont Corina Bornecke.

Bei der Kommunikation im Team kann zur Not Axel Thunrey helfen. Der 47-Jährige ist von Geburt an stark schwerhörig und hat einen Sprachfehler. „Noch vor meiner Geburt haben meine Eltern geraucht, Alkohol getrunken und Tabletten geschluckt“, erklärt er. „Daher könnten meine Behinderungen kommen.“

Trotzdem ließ sich Thunrey nicht hängen, sondern absolvierte Fortbildungen im Küchenbereich. Außerdem ließ er sich in Gebärdensprache schulen, so dass er jetzt auch dolmetschen kann, wenn es Verständigungsprobleme in der Gruppe gibt. „Er ist aber eigentlich unser Spezialist, wenn es um Saucen, Braten und Beilagen geht“, sagt Bornecke. Und Thunrey ergänzt: „Am Anfang mussten wir noch viel sprechen, aber inzwischen klappt alles wie von selbst.“

Zunächst hatte das Solferino-Team noch eine Pinnwand angebracht, auf der zahlreiche Zettel mit verschiedenen Tipps zur Arbeit in der Großküche angebracht waren. Das sollte den neuen Kollegen mit Behinderung ihren Einstieg erleichtern. „Die Pinnwand hat inzwischen ausgedient“, sagt Miriam Jagieniak und lacht schon wieder. „Wir verstehen uns alle blendend.“

Foto: Guten Appetit. Das bedeuten die Zeichen von links, hier angezeigt durch Miriam Jagieniak und Axel Thunrey.   Foto: DRK


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