Musikalische Zeitreise für Menschen mit Demenz

von Robert Braumann


„Klang und Leben“: Die professionellen Musiker musizieren gemeinsam mit dementen Menschen und greifen im Gespräch Erinnerungen auf. Foto: BBG
„Klang und Leben“: Die professionellen Musiker musizieren gemeinsam mit dementen Menschen und greifen im Gespräch Erinnerungen auf. Foto: BBG



Braunschweig. Jeder Mensch hat zu einem speziellen Musikstück und zu einer bestimmten Musikepoche eine persönlich-emotionale Bindung. Erklingt das Lied, laufen die Erinnerungen wie in einem Film ab. Diese Wirkung nutzt „Klang und Leben“. Die professionellen Musiker musizieren gemeinsam mit dementen Menschen und greifen im Gespräch Erinnerungen auf. Am 29. März waren sie zu Besuch in der BBG-Seniorenresidenz Tuckermannstraße.

„Viele Bewohner im Haus blühen auf, wenn Musik zu hören ist. Vor allem Hits aus den 40er und 50er Jahren und Volkslieder aktivieren Erinnerungen. Früher wurde ja in der Schule viel gesungen“, berichtet Pflegedienstleitung Silvia Bothe. In der Seniorenresidenz gibt es einen geschützten Bereich mit rund 20 Plätzen für Demenzkranke – betreut von zwei festen Alltagsbegleitern. Rund 80 Bewohner im Haus sind in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt. „Täglich gibt es mehrere Angebote, um unsere Bewohner zu aktivieren und so Ressourcen zu erhalten“, erläutert Geschäftsführer Stephan Nielsen. „Unser Begleitender Dienst organisiert zum Beispiel Gymnastik, Kegeln, Singen, Gedächtnistraining, Malgruppen oder Klangschalen- und Hot-Stone-Massagen. Wir haben einen nostalgischen Aufenthaltsraum im Stil der 50er Jahre und einen Snoezelen-Raum mit Lichtspielen, Musik, Gerüchen und Geräuschen, die die Sinne aktivieren.“

„Klang und Leben“ passt ideal in dieses Konzept. „Normalerweise wartet man zwei Jahre auf einen Termin. Wir hatten nun Glück, dass es eine Terminlücke gab“, berichtet Silvia Bothe, die Kontakt mit dem Verein aufgenommen hatte. Zur Veranstaltung waren auch Angehörige eingeladen, um zu sehen, welch überraschende Wirkung die Musik hat. In hunderten Veranstaltungen zeigte sich immer wieder: Selbst demente Menschen, die sonst kaum oder nicht mehr kommunizieren, wippen nun plötzlich mit dem Fuß, bewegen die Finger im Takt oder strahlen. Die Zuhörer werden in die Musik mit einbezogen. Wer möchte, kann zum Beispiel trommeln. Bei der einstündigen Veranstaltung werden auch Geschichten aus der Vergangenheit erzählt. „Musik öffnet die Pforte zur Erinnerung und holt die Menschen aus ihrer Sprachlosigkeit“, so die Erfahrung der Musiker.

Der Verein „Klang und Leben“ mit Sitz in Hannover wird unter anderem durch Wolfgang Niedecken sowie die Schirmherren Jan-Josef Liefers und Bill Mockridge unterstützt. Initiator Graziano Zampolin, Krankenpfleger und Gitarrist, hat bereits ein Buch über seine Erfahrungen geschrieben. Es heißt „Die Demenz kann uns mal. Die Bedeutung der Musik für demenziell veränderte Menschen“.


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