Große Not in Hausarztpraxen - Mediziner bitten um Spende von Schutzkleidung

Es sei zwar schon einiges gespendet worden, doch der Bedarf in Praxen und Pflegeheimen sei immer noch hoch.

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Die Schutzausstattung wird knapp - Bürger und Firmen werden weiterhin gebeten, alles an entbehrlicher Schutzkleidung bei ihren Hausärzten abzugeben. (Symbolbild)
Die Schutzausstattung wird knapp - Bürger und Firmen werden weiterhin gebeten, alles an entbehrlicher Schutzkleidung bei ihren Hausärzten abzugeben. (Symbolbild) | Foto: Pixabay

Region. In etlichen Fällen seien Privatpersonen und Firmen bereits den bisherigen Aufrufen gefolgt, nicht zwingend benötigte Mundschutze, Schutzbrillen und Schutzanzüge in ihren lokalen Hausarztpraxen abzugeben. Viele Praxen gingen jedoch noch immer leer aus, wie beispielsweise die Praxis von Marion Renneberg in Ilsede. Noch immer werde Schutzausrüstung benötigt: "Wenn die Ärzte sich auch infizieren, haben wir ein riesiges Problem", betont Renneberg im Gespräch mit regionalHeute.de


Dr. Carsten Gieseking, Vorsitzender des Landverbandes Braunschweig im Deutschen Hausärzteverband wiederholt daher den Aufruf, alle entbehrlichen Schutzmaterialien in ihren jeweiligen Hausarztpraxen abzugeben: "Jeder Bastler mit einer Schleifmaschine hat Masken im Keller hängen, jeder Maler und Lackierer. Alle handwerklichen Betriebe, die etwas entbehren können, sollten das bei ihrem behandelnden Arzt abgeben." Gieseking berichtet, dass eine Firma beispielsweise 1.000 Masken abgegeben habe: "Die waren zwar vor drei Jahren abgelaufen, aber jede Maske ist besser als keine." Auch größere Mengen könne man bei seinem Hausarzt abgeben. Dieser würde sich dann an den Hausärzteverband wenden, um zu schauen, wo große Not ist.

Hausärztliche Versorgung steht auf dem Spiel


Es gehe hierbei um den Selbstschutz der Ärzte, um die hausärztliche Versorgung weiter sicherstellen zu können. Gieseking betont, dass auch Hausarztpraxen geschlossen werden könnten, wenn deren Ärzte nachweislich ohne Schutzbekleidung mit einem an COVID-19 erkrankten Patienten zu tun hatten. Auch persönliche Bedenken könnten Ärzte veranlassen, ihre Praxen vorübergehend zu schließen, sollten die Schutzmaterialien ausgehen: "Ich bin fit und gesund und würde meine Patienten auch ohne Schutzmaterial versorgen. Wenn ich aber ein Kollege wäre, der schon ein paar Tage älter ist, würde ich mir das gut überlegen."

Die Not ist groß


"Wir basteln uns schon selber Visiere, damit wir unsere Patienten nicht anstecken", beschreibt Marion Renneberg die Situation in ihrer Praxis in Ilsede. Hier seien bislang keinerlei Spenden eingegangen. "Wir brauchen das, damit wir gesund bleiben, damit wir die Versorgung weiter sicherstellen können. Auch für die, die keine Infektionskrankheiten haben", erklärt Renneberg und wagt eine vorsichtige Prognose: "Es wird schwierig, wenn hier zunehmend auch Patientinnen und Patienten mit nachgewiesener Coronavirus-Infektion behandelt werden sollen. Dafür brauchen wir auch Schutzbrillen, Visiere und Anzüge und davon haben wir ganz wenige." Mit den vorhandenen Ressourcen gehe man sehr schonend um. Die FFP-Schutzmasken werden am Abend auf der Heizung getrocknet und können so unter Umständen auch wiederverwendet werden. Bei Schutzanzügen sehe Renneberg jedoch schwarz: "Man kann nicht alles unendlich weiterverwenden."

Zu wenig, zu spät


Diese FFP-Schutzmasken, die zum Schutz vor dem Coronavirus von den Ärzten dringend notwendig sind, werden durch die Kassenärztliche Vereinigung an die Hausarztpraxen verteilt. Jedoch gibt es nur zwei Sätze Schutzausrüstung - also Mundschutz, Schutzanzug und Brille - für jeden bestätigten Corona-Fall, der bei der jeweiligen Praxis in Behandlung ist. Gieseking sieht hier ein Problem: "Wir müssen uns ja schon beim Verdacht schützen. Es bringt doch nichts, erst welche zu bestellen, wenn schon positiv getestet wurde."

Mäßige Sympathie für Masken in der Öffentlichkeit


Aus all diesen Gründen stehen sowohl Marion Renneberg als auch Dr. Carsten Gieseking der aktuellen Debatte um das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit eher kritisch gegenüber. Marion Renneberg befürchtet vor allem, dass sich die Menschen dadurch in falscher Sicherheit wägen: "Man muss eben auch wissen, wie man so eine Maske korrekt abnimmt, damit man nicht beim Abnehmen das Virus wieder in der Hand hat. Eine Maske allein kann nicht hundertprozentig schützen." Gieseking bewertet die Überlegungen darüber gar als Affront: "Es ist unsinnig, dass die Bevölkerung Schutzmasken tragen soll, solange nicht mal die Menschen an der vordersten Front geschützt werden können." Positiv bewerte der Arzt jedoch die vielen Initiativen, die selbst Stoffmasken herstellen: "Die entsprechen natürlich keinen Schutzstandards. Aber aktuell gilt: Jede Maske ist besser als keine."


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