Neue Flüchtlinge in Schöppenstedt: Kritik an Vorgängen bleibt


Ruth Naumann (von rechts), Heinz-Jürgen Coblenz, Elisabeth Daude und Einrichtungsleiter Charli Tchallo bei der Zimmerzuweisung in der Strümpell-Schule. Fotos: DRK
Ruth Naumann (von rechts), Heinz-Jürgen Coblenz, Elisabeth Daude und Einrichtungsleiter Charli Tchallo bei der Zimmerzuweisung in der Strümpell-Schule. Fotos: DRK | Foto: DRK



Schöppenstedt. In der Eulenspiegelhalle herrschte kurz vor den Feiertagen noch einmal reger Betrieb: in vier Bussen trafen am Montag 148 Flüchtlinge in Schöppenstedt ein. Es war bereits der zehnte Ankunftstag seit dem 17. Oktober. Die Kritik an der Organisation und den Vorgängen reiße jedoch nicht ab, heißt es in einem Bericht des DRK-Pressesprechers Frank Wöstmann.

"Die neu gekommenen Familien bringen wir vorzugsweise in der ehemaligen Realschule unter. Dort nutzen wir nun die Zimmer, die zur Verfügung stehen, voll aus, um die räumliche Situation entspannt zu gestalten", berichtete der DRK-Einsatzleiter vom Dienst, Jörg Steiner-Campanale. Die Integrationscoaches des DRK-Kreisverbandes Wolfenbüttel prüften, welche Flüchtlinge untereinander gut harmonieren könnten, und nahmen dann die Zimmerzuweisung vor. Zum Zeitpunkt des Eintreffens der Neuankömmlinge stand die alte Realschule leer, da die dort zuvor lebenden Flüchtlinge auf andere Kommunen verteilt wurden.

Organisation steht unter Kritik


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Beim Eintreffen der Flüchtlinge herrschte reger Betrieb an der Eulenspiegelhalle. Foto: DRK



Im medizinischen Bereich habe es zwei Kinder mit sogenannter "Behandlungspriorität" gegeben. Um diese kümmerten sich die Sanitäter in der Strümpell-Schule. Unter den Neuankömmlingen soll sich auch ein gehbehinderter Mann befunden haben, der trotz seines Handicaps direkt weiter zum Bahnhof wollte. Zudem habe ein Flüchtling geschildert, dass seine Frau in Laatzen im Krankenhaus liege und er nun – unglücklicherweise - in Schöppenstedt gelandet sei. "Solche Organisationspannen gehen gar nicht", urteilten die DRK-Verantwortlichen. Eine ebenfalls neu angekommene Frau habe ihren Mann, der mittlerweile bereits in Deutschland sei, schon zu einem früheren Zeitpunkt der Reise aus den Augen verloren. Obwohl sie ihn nicht erreichen konnte, habe auch sie Schöppenstedt umgehend verlassen. Allgemein übe das DRK Kritik an den Abläufen im Lande: "Seit dem 17. Oktober sind von 1.300 Flüchtlingen, die im Auftrag des Landes von Hannover nach Schöppenstedt verlegt wurden, mehr als 900 nach einer kurzen Verpflegungs- und Hygienepause unregistriert weitergereist, darunter zahlreiche kranke Kinder", berichtet DRK-Kreisvorstand Andreas Ring. Dieser "Flüchtlingstourismus" finde nicht nur im Landkreis Wolfenbüttel, sondern auch in über 20 weiteren Landkreisen und Städten in Niedersachsen statt. "Das Land verbrennt bewusst die Kapazitäten der Kommunen und der Hilfsorganisationen", bemängelt Andreas Ring. "Wir sehen uns nicht in der Lage, das Organisationsversagen des Landes und des Bundes auch im nächsten Jahr auszugleichen." Der Vorstand richtet den Blick auf weitere notleidende Bereiche: "Das Land Niedersachsen trägt seit vielen Jahren die ,Rote Laterne' der alten Bundesländer in den Bereichen Pflege sowie Katastrophenschutz. Jetzt kommt die Flüchtlingshilfe dazu."

Die Reise geht weiter


Dolmetscher Majdi Attia erzählt: "Heute sind vor allem Kurden und Afghanen, kaum Araber eingetroffen. Die meisten reisen innerhalb Deutschlands weiter, da sie hier bereits Verwandte haben." Damit bestätige sich der Trend der vergangenen Flüchtlingsankünfte nicht, wonach ein Großteil der Neuankömmlinge nach Skandinavien weiterzog, so Frank Wöstmann. Letztlich habe sich etwas mehr als die Hälfte der Flüchtlinge (rund 80) für einen Verbleib in Schöppenstedt entschieden, die anderen Neuankömmlinge traten die Weiterreise an.

Aktuelle Zahlen


Nach dem Ankunftstag am Montag sind in den DRK-Notunterkünften Strümpell- und ehemalige Realschule insgesamt 195 Flüchtlinge untergebracht. Jörg Steiner-Campanale betont: "Wir haben also auf jeden Fall noch Kapazitäten frei. Rund 100 Plätze stehen weiter zur Verfügung." Einen Großteil der in Schöppenstedt untergebrachten Flüchtlinge sollen Familien bilden, sodass der Anteil an Kindern und Jugendlichen mehr als ein Drittel betrage. Seit dem 15. Oktober sollen 182 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer des DRK – mit Unterstützung des Technischen Hilfswerks und der Feuerwehr – bei der Errichtung und dem Betrieb der Notunterkünfte in Schöppenstedt 6.892 Stunden Dienst geleistet haben, so Frank Wöstmann.

Gewohnter reibungsloser Ablauf


Unterm Strich verlief das Eintreffen der Flüchtlinge, wie eigentlich schon gewohnt, so Frank Wöstmann, schnell und reibungslos. Im Rückblick auf die mittlerweile zehn Ankunftstage mit insgesamt 1.465 Neuankömmlingen zieht Jörg Steiner-Campanale zufrieden Bilanz: "Wir sind mit der Zeit immer besser und schneller in unseren Abläufen geworden und gewissermaßen schon Experten in unserem Bereich. Jeder findet sich optimal in seine Rolle ein." Dabei hebe der Einsatzleiter besonders die gute Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen, dem Landkreis und den Integrationscoaches hervor.


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