Salzgitter. Der jüdische Friedhof in Salzgitter-Bad ist Ruhestätte und Kulturdenkmal zugleich. Auf dem kleinen keilförmigen Areal an der Tillystraße/Hinter dem Salze erinnern 23 noch erhaltene Grabsteine an die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Salzgitter-Bad. Das älteste sichtbare Grab wurde 1823, das jüngste 1921 angelegt. Wie viele Personen hier beigesetzt wurden, ist nicht bekannt. Den Begräbnisplatz, früher ein Teil der Gemeindeweide, erwarb die jüdische Gemeinde 1826. Möglicherweise wurde der Platz bereits vorher als Begräbnisplatz genutzt. Dies teilt die Stadt Salzgitter mit.
Drei der älteren Grabsteine würden Inschriften in hebräischer Sprache tragen, einige jüngere in deutscher Sprache, die Mehrzahl sei zweisprachig beschriftet: auf der nach Osten weisenden Vorderseite hebräisch, deutsch auf der Rückseite. Die hebräischen Inschriften seien mit Namens- und Kalenderangaben, Lobesworten und dem Segenswusch orientiere an jüdischer Tradition: „Hier ist begraben ein rechtschaffender Mann. Er wandelte in Vollkommenheit. Er gab in Freude…und er gab den Armen. Löb, Sohn des Herrn Jehuda Bonnheim. Verschied 17. Schewat 615 im Alter von 71 Jahren. Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens.“ So laute die hebräische Inschrift auf dem Grabstein von Levi Bonnheim. Die deutsche Inschrift auf der Rückseite nenne den bürgerlichen Namen und Lebensdaten nach dem christlichen Kalender und sei nicht eine Übersetzung der hebräischen, wie das Beispiel des Grabsteins von Levi Bonnheim zeigt. Sie lautet: „Hier ruhet der hiesige Bürger und Kaufmann Levi Bonnheim / gestorben am 5. Febr. 1855 / 71 Jahre alt.“
Die Geschichte der Juden in Salzgitter-Bad beginne Ende des 18. Jahrhunderts. 1794 habe sich der Händler und Lotterieeinnehmer Samuel Culemann in Salzgitter niedergelassen, er stammte aus Kassel und hatte zuvor in Altwallmoden gelebt. Levi Bonnheim sei 1808 nach Salzgitter gekommen, die Zeit der westphälischen Herrschaft habe den Juden vorübergehend die bürgerliche und politische Gleichstellung gebracht und damit das Recht, ihren Wohnort frei zu wählen. Bis 1815 seien sieben weitere jüdische Familien nach Salzgitter gekommen, 1848 lebten 35 Juden in Salzgitter-Bad. Im Jahre 1819 habe die in Salzgitter-Bad lebenden Juden eine „Ordnung der jüdischen Gemeinde“ geschlossen und wählten einen Vorsteher. Der Gottesdienst habe anfangs in der Wohnung eines Gemeindemitglieds stattgefunden, erst 1837 habe die Gemeinde ein einfaches Gebäude in der Kuhstraße gemietet, das als Synagoge gedient habe. Die Gemeinde sei klein gewesen, eine jüdische Elementarschule habe es in Salzgitter nicht gegeben, bis etwa 1870 jedoch eine Religionsschule.
Wohlhabende Familien
Nach amtlicher Einschätzung galten 1848 drei der zehn ansässigen Familien als wohlhabend: Philipp Bernheim, Moses Fischer und Levi Bonnheim. Salomon Herbst war mit dem Attribut „arm“ versehen, Philipp Birnthal, der seinen Lebensunterhalt als Buchbinder verdiente, gar „ganz arm“.
Philipp Bernheim sei 1815 nach Salzgitter gekommen und habe das Bürgerrecht erworben, er führte ein Manufakturwarengeschäft in der Marktstraße und war der erste Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Salomon Herbst, dessen Vater 1811 aus Mecklenburg nach Salzgitter gekommen und als Lotterieeinnehmer und Händler tätig war, wurde 1813 in Salzgitter geboren. Wie auch sein Vater habe er das Bürgerrecht erworben. Er habe sich als Agent betätigt und sei Mitglied des Fleckensrates gewesen. Die Familien Bernheim, Goldschmidt und Spiegelberg hätten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gutgehende Manufakturwarengeschäfte geführt, Moritz Meyer ein Zigarrengeschäft.
Zahl der jüdischen Familien ist zurückgegangen
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sei die Zahl der jüdischen Familien in Salzgitter zurückgegangen. 1921 sei mit Philipp Bernheim der letzte Vorsteher der jüdischen Gemeinde gestorben, das Gemeindeleben sei zum Erliegen gekommen. Wer an einen Gottesdienst teilnehmen wollte, habe die Synagoge in Hildesheim besucht. Philipp Bernheim und später seine Ehefrau Bertha wären in Hannover beigesetzt worden, wo die Familie der Tochter lebte.
Das jüngste Grab auf dem jüdischen Friedhof in Salzgitter-Bad sei 1921 für Ida Spiegelberg angelegt worden. Die Familie Spiegelberg hätte bis Anfang des 20. Jahrhunderts ein Manufakturwarengeschäft geführt. Die Geschwister Adele Frank und Hedwig Meyer, 66 und 68 Jahre alt und wohnhaft in der Kaiserstraße, verließen 1935 Salzgitter und zogen nach Hannover in ein Altenheim der Minna-James-Heinemann-Stiftung. Nachdem sie zuletzt in einem der sogenannten Judenhäuser einquartiert waren, seien sie im Juli 1942 mit dem dritten hannoverschen Transport nach Theresienstadt gekommen und wurden noch im September in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt und dort ermordet.
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