Niedersachsen. Von der Niedersächsischen Landesregierung ist man ja in anderthalb Jahren Pandemiebekämpfung einiges gewöhnt. Versprechungen und unumstößliche Standpunkte der verantwortlichen Politiker und Entscheidungsträger, die nur wenige Tage Halbwertszeit haben. Verordnungen, die nur kurz nach dem Erlass wieder korrigiert werden müssen - oft auf richterlichen Bescheid. Paragraphendschungel, für die man eigentlich ein Jurastudium bräuchte, um sich darin zurecht zu finden. Doch mit der neuesten, am Mittwoch in Kraft getretenen Corona-Verordnung hat die Landesregierung ihr Meisterstück hingelegt. Die Verwirrung ist komplett. Wann und wo nun diese vielzitierte 3G-Regel zum Tragen kommt, versteht nun keiner mehr.
Angefangen hat die Misere schon damit, dass sich Bund und Länder darauf geeinigt hatten, die 3G Regel solle ab diesem Montag gelten, was von den bundesweiten Medien dann auch als Tatsache in den virtuellen Raum gestellt wurde. Dass man in Niedersachsen noch gar nicht so weit war, und dass so eine Regel auch eine rechtliche Grundlage benötigt, bevor sie gilt: geschenkt. Am Mittwoch war es dann also auch in Niedersachsen so weit. Die neue Corona-Verordnung tritt in Kraft und bringt hoffentlich die nötige Klarheit über die 3G. Es blieb bei der Hoffnung.
Ein komplexes 3-Stufensystem, das neben der Inzidenz auch die Hospitalisierung und die Belegung von Intensivbetten berücksichtigt, sieht das Wirken der 3G-Regel in Warnstufe 1 vor. Was in Stufe 2 und 3 käme? Muss noch geklärt werden. Aber da das zu einfach wäre, hat man noch die Notbremse "Inzidenz 50" eingefügt. Steigt der Wert in einem Landkreis oder einer Stadt über eine Inzidenz von 50 - und das fünf Tage in Folge - so gilt dort auch 3G. Vermutlich dürfte das die Warnstufe 1 des neuen Stufensystems überflüssig machen, denn bis die Zahl der schwer Erkrankten wieder im kritischen Bereich liegt, wird die Inzidenz wohl überall deutlich über 50 liegen.
April, April
Doch damit nicht genug der Verwirrung. Das Chaos wird perfekt, wenn jetzt nach und nach Meldungen eingehen, Krankenhaus XY führt die 3G Regel ein und Einschulungen dürfen auch nur unter diesen Voraussetzungen stattfinden, obwohl in den betreffenden Kommunen noch gar keine kritischen Werte erreicht sind. Denn die neue Verordnung hat noch einen Trumpf im Ärmel. Wenn man denkt, man hat alles verstanden, heißt es "April, April". Völlig unabhängig von irgendwelchen Inzidenzen und Warnstufen gibt es nämlich einige Bereiche, in denen die 3G Regel immer gelten soll (zum Beispiel auch in Diskotheken). Mal ehrlich: Wer soll da noch den Durchblick behalten? Da wäre es doch wirklich einfacher gewesen zu sagen "3G gilt überall" und ein paar Ausnahmen zu definieren.
Über andere fragwürdige Aspekte der Corona-Verordnung - etwa dem Wegfall fast aller Beschränkungen im privaten Bereich - rege ich mich ein anderes Mal auf. Vielleicht nach dem Dia-Abend mit den zehn Kumpels, die im Hochrisikogebiet Urlaub gemacht haben.
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