Älteste ehemalige Schloss-Schülerin mit 107 Jahren in New York verstorben

Bis zuletzt war die gebürtige Wolfenbüttelerin an dem politischen Verhältnissen ihrer Heimatstadt interessiert.

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Das Bild entstand in einer Bank in Manhattan. Von links: Lore Eppy und Lotte Strauß.
Das Bild entstand in einer Bank in Manhattan. Von links: Lore Eppy und Lotte Strauß. | Foto: Privat

Wolfenbüttel/New York. Die älteste ehemalige Schloss-Schülerin Lotte Strauss ist am 6. September in ihrer Wahlheimat New York verstorben. In einem letzten Telefongespräch mit "Erinnerer" Jürgen Kumlehn am 2. August hätte sie noch immer ein großes Interesse an den politischen Verhältnissen in Wolfenbüttel gezeigt. Nach dem Krieg hatte sie noch einmal ihre frühere Schule besucht, wie Kumlehn berichtet.


Lotte Strauss, geborene Schloss wurde im August 1913 in Wolfenbüttel geboren. Bereits seit mehr als siebzig Jahren hat sie in den USA, weitgehend in New York. Die Pogromnacht musste die Familie Schloss nach ihrem Wegzug aus Wolfenbüttel 1937 in Berlin-Kladow über sich ergehen lassen. Im Oktober des Jahres 1942 wurden ihre Eltern deportiert und bei Riga im "Kaiserwald" erschossen. Ihr selbst sei im Mai 1943 die Flucht über die Landgrenze in die Schweiz gelungen. Von dort aus ist sie drei Jahre später in die USA ausgereist.

Einige Jahre später kehrte Lotte Strauß zusammen mit ihrem Ehemann Dr. Helmut Strauss 1982 zurück nach Deutschland gereist. Dieser hatte an der Berliner TU das Zentrum für Antisemitismusforschung gegründet und dies einige Jahre geleitet. Anlässlich einer Tagung zum Thema "Naziverfolgung und Emigration" in der Herzog August Bibliothek kam das Ehepaar 1983 zurück nach Wolfenbüttel. Hier nahmen sie auch an einem Empfang für die Tagungsteilnehmer in den Räumen ihrer früheren Schule im Schloss teil. Dabei sei es ihr widersinnig erschienen als frühere Bürgerin von Wolfenbüttel willkommen geheißen zu werden, während sie selbst "qualvolle Erinnerungen" erfüllten, wie sie in ihrem 1997 erschienenen Buch "Über den grünen Hügel" schreibt. "So sehr ich mir der guten Absicht des öffentlichen Beifalls bewußt war, vermisste ich jegliche Erwähnung der schrecklichen Ereignisse, die meine Familie und meine Gemeinschaft zerstört hatten. Die Geschichte von Wolfenbüttel, die von der Stadt veröffentlicht und die mir bei diesem Empfang überreicht wurde, erwähnte weder die jüdische Gemeinde noch ihren Beitrag zum Leben der Stadt und ihr tragisches Ende", heißt es weiter darin. So hätte das Ehepaar die Stadt schließlich enttäuscht oder eher unglücklich verlassen und sei im Jahr 1990 wieder zurück in die USA gezogen, wie Erinnerer Jürgen Kumlehn berichtet.

Zwei Wolfenbüttelerinnen treffen sich in Manhattan


Neben Lotte Strauss ist noch eine weitere Wolfenbüttelerin in die USA ausgewandert. Lore Eppy verließ Deutschland bereits 1941. So hatten sich die Wege beider in der Vergangenheit bereits gekreuzt, ohne, dass ein längerer Kontakt daraus entstanden war. Erst im August 2011 trafen sich beide Frauen zufällig in einer Bank in Manhattan wieder. Ein Foto sollte diesen Moment festhalten.

Ihren großen Wunsch, am 3. November bei den amerikanischen Präsidentenwahlen mit ihrer Stimme für Biden dazu beizutragen, Trump abzuwählen, konnte sich Lotte Strauß nicht mehr erfüllen.


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