Ärzte-Umfrage: Unerträgliche Belastungen im Krankenhaus

Die Corona-Pandemie habe die Arbeitsbedingungen weiter verschärft. 40 Prozent der Krankenhausärzte denken über einen Jobwechsel nach.

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Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Region. Die Corona-Pandemie habe die Arbeitsbedingungen der niedersächsischen Krankenhausärzte weiter verschärft. Rund 40 Prozent würden einen Berufswechsel nicht grundsätzlich ausschließen. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Marburger-Bund-Monitors 2022 für Niedersachsen. Dabei handelt es sich um eine repräsentative Ärzte-Umfrage.



Durch ihre Überstunden füllen niedersächsische Krankenhausärzte über 2700 Vollzeit-Stellen mit aus. Rund ein Viertel bekäme diese Arbeitszeit nicht einmal vergütet.

Gesundheitswesen müsse reformiert werden


„Das sind jede Woche über 28 000 unbezahlte Überstunden, an denen die Arbeitgeber zulasten der Beschäftigten verdienen. Das Gesundheitssystem muss grundlegend reformiert werden, insbesondere in Hinblick auf Personalvorgaben, Finanzierung der Krankenhäuser und mehr Studienplätze“, fordert Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen.

Die tatsächliche Arbeitszeit weiche angesichts des Überstundenbergs stark von der Anforderungen ab. Rund 50 Prozent arbeiten über 49 Stunden pro Woche. „Die Kollegen machen ihre eigene Arbeitszeitreform und reduzieren den Stellenumfang, um die Belastung noch irgendwie ertragen zu können“, verdeutlicht Andreas Hammerschmidt, Zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen.

Bürokratie belastet die Ärzte


Auch die vielgepriesene Digitalisierung bringe kaum Erleichterung. Veraltete Ausstattung und mangelnde Schulungsangebote würden Ärzte das Leben noch schwerer machen, anstatt sie zu entlasten.

„Zeit, die wir unseren Patienten widmen möchten, vergeuden wir mit administrativen Aufgaben und unnötigen Mehrfacheingaben. Wenn die Bürokratie im Mittel drei Stunden täglich frisst, fehlt den Kollegen diese Zeit am Patientenbett“, kritisiert Hans Martin Wollenberg. „Das Gesundheitssystem soll Menschen gesund machen. Stattdessen macht es die Beschäftigten krank und bringt die Patienten in Gefahr.“

Schlechte Arbeitsbedingungen


Rund 70 Prozent der Befragten bemängelten außerdem die Arbeitsbedingungen. Fast ein Drittel habe angegeben, vom Arbeitgeber keine Möglichkeit zur Zeiterfassung zu erhalten. Verschärft werde die Situation durch einen Stellenabbau im ärztlichen Bereich, den seit Beginn der Corona-Pandemie rund 40 Prozent der Befragten erleben.

„Es ist den Beschäftigten des Gesundheitswesens zu verdanken, dass wir bisher verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen sind“, betont Andreas Hammerschmidt. „Der Preis dafür ist hoch: die eigene Gesundheit und ein belastender Berufsalltag, der sich mit den eigenen moralischen Vorstellungen von guter Patientenversorgung häufig kaum noch vereinbaren lässt.“

In der größten Ärzteumfrage des Landes befragte das Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME) im Auftrag des Marburger Bundes 1300 angestellte Ärzt*innen aus allen Bereichen des Gesundheitswesens, 85 Prozent davon sind in Krankenhäusern tätig.


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