Wir besuchten die Altstadtbäckerei Richter im Wolfenbüttler Stammhaus und sprachen mit Carsten Richter, der den Betrieb in dritter Generation leitet.
Carsten Richter fühlt sich in der Backstube am wohlsten.[/image]
Zehn Uhr. Für einen Bäcker dürfte das schon spät am Tag sein. Ich bin mit Carsten Richter verabredet. Das ist Markenidentifikation, wenn man mit dem Namen für sein Produkt steht. Stark mit der Tradition Wolfenbüttels verwoben, ist der Betrieb mit seinen 16 Filialen als Altstadtbäcker bekannt. Das Kerngeschäft findet in der Lessingstadt statt. Aber auch in Braunschweig und Salzgitter fasst Richter immer stärker Fuß. Schließlich verbindet man mit dem Slow-Food-Bäcker den »Brotversteher«. Drei Namen, drei Gesichter, die ganz gut charakterisieren, was das Besondere ist. Hier werden Tradition, Fortschritt und Handwerk, also Qualität, miteinander verbunden.
Modernes Ambiente im traditionsreichen Betrieb
Das Wolfenbüttler Stammhaus erzählt von der Tradition. Seit 1938 backen die Richters für Ihre Kunden, steht an der Hauswand. Das sind immerhin schon drei Generationen. Da sammelt man Erfahrungen. Und diese Erfahrungen pflegt Carsten Richter, der vor gut zehn Jahren die Geschicke des regionalen Betriebs in die Hand genommen hat. Das moderne Ambiente des kleinen Verwaltungsgebäudes macht aber auch sofort deutlich. Hier ist jemand, der sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruht. Richter ist gerade noch am Computer beschäftigt, während zwei Tassen Kaffee und ein paar Kekse aus eigener Herstellung gebracht werden.
Die Berliner sind eine Spezialität bei Richter.[/image]
Das Handwerk von der Pike auf
Die genießt er und erzählt von seinem Werdegang. Das Handwerk hat Carsten Richter von der Pike auf gelernt. Eine Vorzugsbehandlung gab es für den Nachfolger im Geschäft nicht. Im Gegenteil. Er musste sich das Wissen und seine Stellung hart erarbeiten. In der damaligen Situation war das schwer. Aus heutiger Sicht weiß Carsten Richter: »Das hat mir alles geholfen, um richtig in meinen Beruf und die Verantwortung hereinzuwachsen.« Das Bäckerhandwerk lernte der junge Mann in Göttingen. Zum Konditor wurde Carsten Richter in Salzgitter ausgebildet. Eine umfassende Lehre, erinnert er sich: »Ich habe in den kleinen Betrieben vom Eismachen, über das Zucker gießen und Pralinen herstellen bis zum Baumkuchen alles gelernt.«
An der Ausbildung muss etwas investiert werden
Heute sei das in den modernen Betrieben gar nicht mehr so möglich, räumt er selbstkritisch ein. Die Spezialisierung sei sehr groß. Es müsse viel investiert werden, damit die Fertigkeiten des Handwerkes erhalten bleiben. Als Innungsmeister hat er auch ganz konkrete Vorstellungen: »Ich bin dafür, den Anteil der Theorie in der Schule zu vergrößern. Am besten wären Blockunterrichtsphasen, in denen die Auszubildenden sich an Techniken üben könnten, die in den Betrieben sonst kaum noch vorkommen.«
Handarbeit bleibt ein wichtiger Bestandteil des Bäckerhandwerks.[/image]
Neues Denken für die Zukunft
Dabei geht es Carsten Richter gar nicht darum, eine »gute alte Zeit« zu beschwören. Tradition sei kein Selbstzweck für ihn. Er habe in den letzten Jahren immer wieder darum gerungen, welchen Notwendigkeiten ein Handwerksbetrieb im 21. Jahrhundert Rechnung tragen müsse, um zu bestehen. Das Wichtigste sei, qualitativ gute Produkte für die Kunden herzustellen und vor allem auch an einem guten Service zu arbeiten. »Wo wird man denn heute noch als Kunde mit einem Lächeln und einem offenen Ohr begrüßt«, fragt er. Dies umzusetzen ist für ihn genauso entscheidend, wie die Qualität seiner Brote und Brötchen, Kuchen oder Torten, die übrigens alle aus eigener Herstellung kommen.
Neue Rezepturen entstehen
Für die Qualität arbeitet er hart. Tradition ist für Carsten Richter viel, aber nicht alles. Immer wieder probiere er neue Rezepte aus. Welches Gewürz passt zu einem Produkt? Wo kann man etwas Unverwechselbares herstellen? Wenn Carsten Richter über seine Experimente und Rezepturen spricht, hat man keinen abgeklärten Betriebschef vor sich, der die Verantwortung für zahlreiche Mitarbeiter trägt. Vielmehr leuchten die Augen eines Menschen, der gutes Essen, Geschmack und Aromen mit Lust und Liebe herstellt. Gerade erst hat er sich bei einem Betriebsbesuch auf den aktuellen Stand der Lebensmittelforschung bringen lassen.
Frisch und knusprig aus dem Ofen.[/image]
Neue Produkte für die Herstellung
Bei seinem Backmittelhersteller ist er für drei Tage mit eigenen Mehl, das er wie die übrigen Produkte vor allem aus regionaler Wirtschaft bezieht, dorthin gefahren, um zu testen, mit welchen Mitteln er seine Brötchen, Brote und Gebäckstücke noch schmackhafter machen kann. Natürlichkeit des Produkts und der gute Geschmack sind für ihn die einzig relevanten Größen. Im Lebensmittelbereich solle man nicht mit Ideologie arbeiten, sondern mit Sachverstand. Deshalb dürfen sich die Kunden immer auf neue Produkte freuen. Alte Rezepte werden verbessert. Wichtig ist Carsten Richter der Dialog mit den Kunden. Stehen bleiben, möchte er nicht. Und wenn er nicht gerade ein eigenes Geschäft hätte, würde ihn auch die Aufgabe eines Versuchsbäckers in der Entwicklung reizen.
Der schönste Ort…
Bei einem so großen Betrieb, der aber den Anspruch aufrecht erhält, handwerklich zu produzieren, ist Carsten Richter heute vor allem an den Schreibtisch gebannt. Eine willkommene Abwechselung sind die Neurezepturen, die er sich ausdenkt und bei denen er Dan in der Backstube wieder aktiv wird. Am wohlsten fühlt sich der Bäcker aus Leidenschaft nämlich immer noch am Backofen, bekennt er zum Abschluss des Gesprächs. Das sei der schönste Platz. Diese Verbundenheit zum Betrieb macht wohl am Ende das Besondere der Altstadtbäckerei Richter aus. Da gibt es eben seit drei Generationen richtige »Brotversteher«.
Hier findet man die Altstadtbäckerei Richter in der Region.
Alle Bilder: Altstadtbäckerei Richter.
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