Region. immer wieder hört man von Angriffe auf Krankenhauspersonal. RegionalHeute.de hat bei den Kliniken in Braunschweig, Wolfenbüttel und Goslar nachgefragt, ob und wie viele Angriffe es in den vergangenen drei Jahren gab?
Dabei ging es auch um die Fragen: Steigen diese Zahlen an, um was für Attacken geht es dabei und was wird von Seiten der jeweiligen Klinik für den Schutz und die Prävention getan? Ein Grund für Unzufriedenheit und Aggression werde darin gesehen, dass das Klinikpersonal unterbesetzt sei und in Folge dessen die Ungeduld bei den Patienten wachse, sagt Dr. Ulrich Heida vom Klinikum Wolfenbüttel. In allen Kliniken werden zunehmend auf die richtige Schulung der Mitarbeiter gesetzt.
Goslar:
Ralf Nehmzow, Pressesprecher der Asklepios Harzkliniken, sagt dazu: „Erfreulicherweise spielt das Thema bei uns in den Harzkliniken so gut wie keine Rolle: Wir haben nur vereinzelt mal in der Rettungsstelle kleinere Vorfälle in Form von Belästigungen bzw. körperlichen Übergriffen, wenn Patienten alkoholisiert oder sonst desorientiert sind; betroffen sind dann Pflegekräfte bzw. Ärzte, das haben wir aber gut im Griff. Wir sind zudem sehr gut und eng mit der Polizei vernetzt, die im Extremfall sofort zur Stelle wäre. Unabhängig davon haben wir vier Mitarbeiter von uns zu sogenannten Konfliktlotsen ausgebildet. Außerdem schulen wir gerade zwei weitere Mitarbeiter zu Deeskalations-Trainern. Diese Mitarbeiter sind alle pädagogisch und psychologisch besonders ausgebildet und können notfalls als Mediator bei aggressiven Vorfällen eingreifen und schlichten.“
Wolfenbüttel:
Dr. Ulrich Heida, Ärztlicher Leiter Zentrale Aufnahme im Klinikum Wolfenbüttel erklärte auf Nachfrage: "Die Zentralen Aufnahmen der Krankenhäuser in Deutschland sind mehr und mehr der erste Anlaufpunkt für alle Personen und Patienten, die ein medizinisches Problem bei sich oder den Angehörigen vermuten. Es ist zusätzlich bekannt, dass die Krankenhäuser mit steigenden Patientenzahlen und unveränderten Ressourcen an ihre kapazitiven Grenzen stoßen und trotz aller Anstrengungen nicht immer alle Patienten sofort behandelt werden können. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich eine zunehmende Unzufriedenheit einzelner Patienten oder Angehöriger, die sich nicht adäquat versorgt fühlen und ihre Aggressionen auch am Personal auslassen. Eine weitere Konfliktmöglichkeit kann sich bei psychiatrischen Patienten oder alkoholisierten Patienten ergeben, die einer medizinisch notwendigen Überwachung oder Therapie nicht zugänglich sind. Die für diese Patientengruppen vorgegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen sind eng gefasst und müssen im Einzelfall abgewogen und beachtet werden. Das Klinikum Wolfenbüttel hat hier an verschiedenen Stellen versucht diesem grundsätzlichen Problem vorzubeugen", so Heida. So wurde das sogenannte Triage-Programms eingeführt, dass Patienten nach Dringlichkeit der medizinischen Versorgung „triagiert“ und behandelt – dieses sorgt für mehr Transparenz und Verständnis bei den wartenden Patienten. Zudem würde es Mitarbeiterschulungen, eine Kameraüberwachung für den relevanten öffentlichen Bereich der Zentralen Aufnahme, ein Übersetzerverzeichnis das bei Verständigungsproblemen mit ausländischen Mitbürgern helfen soll und Beschwerdemanagementsystem im städtischen Klinikum geben. "Die sehr gute Zusammenarbeit mit verschiedenen externen Institutionen, die in Konfliktsituationen das Personal unterstützen können, wie Polizei, Vollzugsbeamte, Gesundheitsamt oder Rettungsdienst, hat in Wolfenbüttel dazu geführt, dass es bisher zu keinen wesentlichen Zwischenfällen gekommen ist", schließt Heida.
Braunschweig:
Das städtische Klinikum Braunschweig. Foto: regionalHeute.de
Marion Lenz, Pressesprecherin im Klinikum Braunschweig teilte auf Nachfrage von reginalHeute.de mit: "Für viele Beschäftigte in Heil-, Pflege- und Betreuungsberufen gehört der Umgang mit aggressiven Verhaltensweisen mittlerweile zum beruflichen Alltag. Das Klinikum Braunschweig bildet hier keine Ausnahme. Dies zeigen die Auswertungen, die das Institut für Arbeitsmedizin mit einem Fragebogen zu Patientenübergriffen ab Mitte 2013 erhoben hat", so Lenz. Die rund 900 gemeldeten Übergriffe beinhalten verbale Attacken, Beleidigung, Beschimpfung, Drohung, Anfassen, sexuelle Belästigung, Nötigung, Körperverletzung beispielsweise durch Kratzen, Schlagen, Stoßen, Beißen, Bedrohung oder Angriff mit waffenähnlichen Gegenständen oder Wurfgeschossen, Freiheitsberaubung durch das verschöießen von Türen under Versperren von Fluchtwegenversperren. "In fast 50 Prozent der Situationen konnte kein konkreter Auslöser benannt werden, häufig stehen die meist männlichen Täter unter Alkohol und/oder Drogeneinfluss. Besonders betroffen sind Mitarbeitende aller Berufsgruppen in den Aufnahmen, der Psychiatrie und der Intensivstation, wenn intoxikierte Patienten überwacht werden müssen", so Lenz weiter.
Geschulte Mitarbeiter
Eine Studie der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege habe gezeigt, dass Mitarbeitende, die durch ihren Arbeitgeber auf gewalttätige und aggressive Klienten gut vorbereitet werden, diese Situationen als weniger belastend empfinden. Auch nehmen Beschäftigte Übergriffe als weniger bedrohlich wahr, wenn sie zu professionellem Verhalten in Gewaltsituationen geschult wurden. Übergriffe auf Klinikpersonal sind keine hinzunehmenden oder zumutbaren Belastungen in Gesundheitsberufen. "Die Betriebsleitung des Braunschweiger Klinikums sieht ihre Aufgabe darin, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch präventive und nachsorgende Maßnahmen davor zu schützen. Vor diesem Hintergrund wurde ein Handlungs-Leitfaden im Klinikum erarbeitet. In dem Leitfaden werden im Klinikum bestehende Maßnahmen, konkrete Handlungsempfehlungen und auch Hilfsangebote für Betroffene beschrieben. Zusätzlich verfügt das Klinikum Braunschweig über zwei ausgebildete Deeskalationstrainer. Beide sind seit Jahren im Haus als Pflegekräfte tätig und bieten Seminare zum Thema Deeskalation an. In der Regel werden jährlich etwa 12 Seminare in angeboten, die auch gut angenommen werden", erklärte Marion Lenz.
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