Region. Rund 10,4 Millionen Überstunden haben die Menschen in der Region im vergangenen Jahr am Arbeitsplatz zusätzlich geleistet. Davon 5,7 Millionen Arbeitsstunden zum Nulltarif – ohne Bezahlung. Das geht aus dem „Überstunden-Monitor“ vom Pestel-Institut hervor. Die Wissenschaftler haben dabei die „Plus-Stunden im Job“ im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) untersucht.
Ein pikantes Ergebnis aus dem „Überstunden-Monitor“: „Alle Beschäftigten der Region zusammengenommen haben den Unternehmen in durch unbezahlte Mehrarbeit rund 82,6 Millionen Euro quasi ‚geschenkt‘. Und das ist schon äußerst sparsam – nämlich nur auf Mindestlohn-Basis – gerechnet“, sagt Katja Derer von der NGG Süd-Ost-Niedersachsen-Harz. Außerdem sei der Überstunden-Berg auch ein Gradmesser für den „massiven Fachkräftemangel“.
Viele Überstunden in der Gastronomie
„Allein in Hotels, Restaurants und Gaststätten leisteten die Beschäftigten im vergangenen Jahr in Braunschweig rund 43.000 Überstunden. 18.000 davon ohne Bezahlung – quasi für umsonst“, so das Pestel-Institut. Die Wissenschaftler haben bei ihrer Untersuchung aktuelle Mikrozensusdaten ausgewertet. Basis der Überstunden-Berechnung ist die Übertragung von Branchen-Durchschnittswerten auf die Beschäftigungsstruktur von Braunschweig. Im Landkreis Goslar beispielsweise waren es rund 37.000 Überstunden. 15.000 davon ohne Bezahlung.
Bessere Bezahlung gefordert
Mit Blick auf die Überstunden warnt die NGG Süd-Ost-Niedersachsen-Harz: Hotellerie und Gastronomie könnten nicht dauerhaft auf die „Goodwill-Überstunden“ ihrer Beschäftigten bauen. „Es wird höchste Zeit, das Fachkräfte-Loch zu stopfen, das die Corona-Pandemie noch vergrößert hat. Das klappt allerdings nur, wenn Hotels und Restaurants bereit sind, attraktive Löhne zu bezahlen. Perspektivisch muss der Gastro-Startlohn für eine Köchin oder einen Restaurantfachmann nach der Ausbildung bei 3.000 Euro pro Monat für einen Vollzeitjob liegen“, so Katja Derer. Dieses „Lohn-Ziel“ müsse die Gastro-Branche Schritt für Schritt erreichen. Nur dann werde es gelingen, junge Menschen für eine Ausbildung im Hotel oder Restaurant zu gewinnen.
Das Gastgewerbe erlebe gerade einen regelrechten „Fachkräfte-Schwund und Mini-Job-Schub“. Ob in der Küche, im Service, an der Hotelrezeption oder an der Bar: „Die Branche versucht, fehlende Fachkräfte immer häufiger durch angelernte Beschäftigte zu ersetzen“, berichtet die Geschäftsführerin der NGG Süd-Ost-Niedersachsen-Harz. Mittlerweile seien 48 Prozent der Gastro-Beschäftigten in Braunschweig Mini-Jobber.
Zahlen der Region
Braunschweig: 2,9 Millionen Überstunden - 1,6 unbezahlt. In der Gastronomie rund 43.000 Überstunden, 8.000 davon ohne Bezahlung.
Salzgitter: 1,1 Millionen Überstunden - 590.000 unbezahlt. In der Gastronomie rund 9.000 Überstunden, 4.000 davon ohne Bezahlung.
Wolfsburg: 2,6 Millionen Überstunden - 1,4 Millionen unbezahlt. In der Gastronomie rund 25. 000 Überstunden, 10.000 davon ohne Bezahlung.
Landkreis Goslar: 1 Millionen Überstunden - 563.000 unbezahlt. In der Gastronomie rund 37.000 Überstunden, 15.000 davon ohne Bezahlung.
Landkreis Wolfenbüttel: 587.000 Überstunden - 326.000 unbezahlt. In der Gastronomie rund 8.000 Überstunden, 3.000 davon ohne Bezahlung.
Landkreis Helmstedt: 510.000 Überstunden - 283.000 unbezahlt. In der Gastronomie rund 9.000 Überstunden, 4.000 davon ohne Bezahlung.
Landkreis Gifhorn: 966.000 Überstunden - 536.000 unbezahlt. In der Gastronomie rund 14.000 Überstunden, 6.000 davon ohne Bezahlung.
Landkreis Peine: 744.000 Überstunden - 413.000 unbezahlt. In der Gastronomie rund 10.000 Überstunden, 4.000 davon ohne Bezahlung.
mehr News aus der Region