Ausstellung im Landesmuseum: Der Weg der Idee Martin Luthers

von Nick Wenkel


Museumsdirektorin Dr. Heike Pöppelmann zeigt die Schriften zum sogenannten Totentanz. Der Totentanz war im Spätmittelalter nicht Ausdruck der Lebensfreude, sondern die Konfrontation mit dem Sterben. Fotos: Nick Wenkel
Museumsdirektorin Dr. Heike Pöppelmann zeigt die Schriften zum sogenannten Totentanz. Der Totentanz war im Spätmittelalter nicht Ausdruck der Lebensfreude, sondern die Konfrontation mit dem Sterben. Fotos: Nick Wenkel | Foto: Archiv

Braunschweig. Das Braunschweigische Landesmuseum und die Evangelische Akademie Abt Jerusalem präsentieren vom 7. Mai bis zum 19. November mit „Im Aufbruch. Reformation 1517-1617" einen Blick auf die bewegten ersten 100 Jahre der Reformation in Braunschweig und dem östlichen Niedersachsen.


In Kooperation mit der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig und der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover entstand das größte Ausstellungsprojekt 2017 zu dem Thema in Niedersachsen. Ganz nach dem Motto „Reformation konkret" zeigt das Projekt die historische Umsetzung der Reformation in Braunschweig und der Region. Als Martin Luther seine berühmten 95 Thesen veröffentlichte, gab es natürlich keinen Masterplan der Reformation. Aber wie konnten sich neue Ideen und neue Sichtweisen durchsetzen? Welche Bedingungen verliehen ihnen eine solche Durchschlagkraft? Wer waren die Trendsetter? Was waren die Herausforderungen? Wo lag das Konfliktpotenzial und wer waren schlussendlich die Entscheider, die den Prozess von oben steuerten? Was musste passieren, damit Luthers Gedanken einen anderen Weg nahmen als die zahlreichen Versuche zuvor, die Kirche zu reformieren?

<a href= Der Erdglobus von Joan Blaeu, 1645-1648. Seit der Antike weiß man: Die Erde ist eine Kugel. Aber erst kurz vor 1500 fertigte man dreidimensionale Abbildungen davon - den Globus.">
Der Erdglobus von Joan Blaeu, 1645-1648. Seit der Antike weiß man: Die Erde ist eine Kugel. Aber erst kurz vor 1500 fertigte man dreidimensionale Abbildungen davon - den Globus. Foto: Archiv


Drei Standorte mit 550 Objekten


Die Sonderausstellung präsentiert an drei Standorten auf insgesamt 2.500 Quadratmeter neben rund 550 Objekten aus eigenen Sammlungen sowie Leihgaben von europäischen Museen, Archiven und Bibliotheken aus vier europäischen Ländern auch erstmals in großer Zahl historische Objekte und Zeugnisse aus 28 niedersächsischen Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und Klöstern. Beteiligt an der Umsetzung waren insgesamt über 69 Personen. Unter den Exponaten der 86 Leihgeber sind unter anderem folgende Highlights: Das Bildnis des Martin Chemnitz und seiner Frau Anna, Feldküriss (Rüstung) von Herzog Heinrichs, die Reliquie des sogenannten Salvatortüchleins oder die „Confessio Augustana" mit dem Bildnis der Elisabeth von Calenberg.

<a href= Pieta - Andachtsbild oder Marienklage, um 1480. Die innere Einkehr ist auch in der Kirche möglich. Dazu dienen die beliebten Andachtsbilder. Kummer und Leid der Mutter über ihren toten Sohn stehen im Vordergrund.">
Pieta - Andachtsbild oder Marienklage, um 1480. Die innere Einkehr ist auch in der Kirche möglich. Dazu dienen die beliebten Andachtsbilder. Kummer und Leid der Mutter über ihren toten Sohn stehen im Vordergrund. Foto: Archiv


Rammler: „Geschichte ist nicht retro"


„Die Ausstellung macht deutlich, welche geschichtlichen Umwälzungen von Luthers Wirken ausgegangen und die bis in unsere Gegenwart zu spüren sind und unser Verständnis von zentralen Themen wie Arbeit, Freiheit oder Unabhängigkeit mit geprägt haben", erklärte zuvor bereits Ministerpräsident Stephan Weil, der als Schirmherr der Sonderausstellung fungiert. Für Dieter Rammler, Leiter der Evangelischen Akademien, hat Braunschweig einen ganz maßgeblichen Anteil an der Reformation. „Braunschweig hat hier Kirchengeschichte geschrieben", erklärte der Theologe. Gleichzeitig ist er dankbar für die angenehme Zusammenarbeit mit dem Braunschweigischen Landesmuseum, die auch Museumsdirektorin Dr. Heike Pöppelmann bestätigen konnte. „Die Kooperation war großartig. Durch die Zusammenarbeit und den Meinungsaustausch mit der evangelischen Akademie können wir den Besuchern nun eine besonders vielseitige Ausstellungzur Reformation bieten."

<a href= Der Braunschweiger Sippenaltar, um 1510. Das zentrale Gemälde stellt die Verwandten Jesu vor. Im Zentrum die Heilige Maria, links daneben ihre Mutter, die Heilige Anna. Auf deren Schoß Jesus, der sich seiner Mutter zuwendet.">
Der Braunschweiger Sippenaltar, um 1510. Das zentrale Gemälde stellt die Verwandten Jesu vor. Im Zentrum die Heilige Maria, links daneben ihre Mutter, die Heilige Anna. Auf deren Schoß Jesus, der sich seiner Mutter zuwendet. Foto: Archiv


Einblick in die Historie


Im Braunschweigischen Landesmuseum am Burgplatz beginnt die Zeitreise mit einem Blick auf die bewegte Zeit um 1500: Die Angst vor dem Jüngsten Gericht und die Hoffnung auf Erlösung auf der einen, die Wiederentdeckung der Antike und die Begeisterung für die Wunder der neuen Welt auf der anderen Seite. Besucherinnen und Besucher können erleben, wie die Ideen Martin Luthers die politische Landkarte umgestalteten, welche Netzwerke sich entwickeln und wie die Braunschweiger Fürsten die Reformation von „oben" durchsetzten, mit Kontrolle ihre Macht erweiterten und der neue Glauben den Alltag der Menschen veränderte. Am Ende des 16. Jahrhunderts war die Einheit des Mittelalters aufgebrochen. Man nahm die Vielfalt der Religionen hin, aber blieb unter sich und tolerierte sich gegenseitig nicht. Nur wenige Monate nach dem ersten Reformationsjubiläum 1617 eskalierten die Konflikte. Europa stürzte in ein Chaos von Glaubens-, Religions- und Staatenkriegen.


mehr News aus der Region


Themen zu diesem Artikel


Kirche