Braunschweig. „Die Anwerbung von ausländischen Arbeits- und Fachkräften in der Pflege ist ein Baustein, um dem aufklaffenden Fachkräftemangel in der Pflege beizukommen. Doch damit allein ist es überhaupt nicht getan“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende des AWO-Bezirksverbandes Braunschweig, Dirk Bitterberg.
Die Arbeiterwohlfahrt setze sich gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege dafür ein, dass jegliche Bemühungen der Anwerbung auf ethische Grundsätze hin geprüft würden. Hierzu seien wesentliche Kriterien zur fairen Mobilität zusammengefasst worden. Eine Anwerbung sei human, auf Menschenrechten basierend und verantwortungsbewusst zu gestalten.
„Es liegt beispielsweise auf der Hand, dass eine intensive sprachliche und kulturelle Vorbereitung der Fachkräfte notwendig ist. Das kann jedoch nicht durch einen kurzen Sprachkursus geleistet werden, sondern benötigt ausreichend Zeit“, hebt Bitterberg hervor. Der AWO-Bezirksverband Braunschweig bildet seit einem Jahr zehn Fachkräfte aus Vietnam aus. „In diesem Projekt setzen wir im Zusammenspiel mit den Partnern aus Fach- und Sprachschule, Praxiseinrichtungen sowie vietnamesischem Kulturverein alle diese Ansprüche um“, sagt Bitterberg.
Genauso entscheidend sei für die AWO, dass nicht nur eine Willkommenskultur unter Einbezug aller Beteiligten erarbeitet werde, sondern auch eine entsprechende Bleibekultur. „Wir müssen aus den Fehlern vorangegangener Anwerbephasen in Deutschland lernen und für die Angeworbenen und ihren Familienangehörigen verlässliche Arbeitsbedingungen schaffen. Das bedeutet auch, dass die Angeworbenen das Recht haben müssen, dauerhaft mit ihrer Familie hierbleiben zu können“, so Bitterberg.
„Darüber hinaus darf Anwerbung nicht dazu missbraucht werden, den problematischen Status Quo in der Pflege zu zementieren. Wir müssen den Pflegeberuf insgesamt wieder attraktiver gestalten, unter anderem, indem wir Pflegekräften mehr Zeit für ihre Pflegetätigkeiten geben, das heißt, bessere Rahmenbedingungen schaffen. Ansonsten wechseln auch angeworbene Fachkräfte in attraktivere Arbeitsfelder. Genauso sind die vorhandenen Arbeitskräfte-Potenziale hier vor Ort zu heben, die bisher keinesfalls gänzlich genutzt werden“, ergänzt Bitterberg. Die AWO setze sich deshalb intensiv für bessere Bedingungen in der Pflege ein. Anwerbung alleine könne den immensen Bedarf an Fachkräften nicht lösen, sondern es müssen aus Sicht der AWO die strukturellen Probleme angegangen werden. „Es wäre unverantwortlich, sich nur schnell der einfachsten Lösung zu bedienen. Die Pflege braucht einen Maßnahme-Mix, um endlich genügend Fachkräfte zu gewinnen“, erläutert Bitterberg.
Das entsprechende Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege finden Sie hier.