Gifhorn. Der Fall der gefundenen Babyleiche schockierte am Wochenende viele Menschen der Region. Auf unserer Facebook-Seite kam oft die Frage auf, warum man das Kind nicht in eine Babyklappe gelegt hat. regionalHeute.de hat sich nach Alternativen umgehört.
Gut ausgeschildert, aber dennoch durch eine Hecke und einen Vorbau vor Blicken geschützt, befindet sich die Baby-Klappe im Außenbereich des Marienstifts in Braunschweig. Bereits 2001 wurde sie in Braunschweig eingerichtet. Öffnet man die kleine Tür, sieht man ein Wärmekissen und allerlei Informationsmaterial für Personen, die ihr Kind dort ablegen möchten oder müssen. Auch ein Stempelkissen ist bereit gelegt, damit sich die Eltern mit Fuß- oder Handabdrücken eine kleine Erinnerung schaffen können, erklärt Kathrin Brück, Pflegebereichsleitern Marienstift. Sobald die Klappe wieder geschlossen wird, ertönt im Schwesternzimmer ein optisches und akustisches Signal. Außerdem kann über eine Kamera das kleine Wärmebettchen gesehen werden. "Mehr aber auch nicht, die Ablage ist absolut anonym", so Brück. Jeden Tag prüfe man die Funktionsweise der Klappe. Ist einmal etwas hineingelegt worden, dann lässt sich die Einrichtung von außen nicht mehr öffnen. Dennoch bestünde die Möglichkeit, das Kind wiederzubekommen. Zu diesem Thema lege man auch Infomaterial in die Klappe.
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Gibt es genug Klappen?
Ist einmal ein Baby abgelegt worden und das Signal ertönt, wird das Kind sofort aus dem Wärmebett geholt und durch Arzt, Hebamme und Schwestern untersucht und versorgt. "Außerdem wird das Jugendamt zeitnah informiert", so Brück. "Wenn das Kind soweit gesund ist, dann verbleibt es erst einmal bei uns. Da meist keinerlei Informationen vorliegen, geben wir ihm einen Namen und suchen dann in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt nach Pflegeeltern", so die Pflegebereichsleitern. Meist finde sich innerhalb einer Woche jemand. Später komme dann das Kind zu seinen Adoptiveltern.
"Kinder können behütet abgegeben werden"
"Für Braunschweig reicht diese eine Klappe völlig aus. Es wäre wirklich schön, wenn in der Region mehr Möglichkeiten bestünden, leider ist dies nicht der Fall." Brück vermutet, dass andere Einrichtungen aufgrund von ethischen Problemen nicht mitmachen würden. Bei der Kritik an den Babyklappen geht es häufig um das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft. "Die Kinder können aber immerhin behütet abgegeben werden und werden nicht irgendwo in einer Plastiktüte abgelegt", befindet Brück. Für die Schwestern ist es immer ein schwieriger Moment, wenn das Signal der Babyklappe ertönt. "Vor allem weil man nie weiß, was einen erwartet. Leider machen immer wieder Personen irgendeinen Quatsch und legen andere Sachen in die Klappe. Deshalb klingelt es bei uns häufiger, als tatsächlich Babys abgelegt werden", erklärt sie. Auch die Gedanken an die Menschen, die ihr Kind ablegen würden, seien nicht immer abzustellen. "Dem Kind geht es ja gut, wenn es bei uns ist. Aber man denkt schon an die Person, die ihr Baby zurückgelassen hat. Der können wir in diesem Moment nicht helfen. Das kann schon belastend sein", schließt sie das Gespräch.
Anonyme Geburt
Das Klinikum in Wolfsburg bietet vertrauliche Geburten an, bei denen die Mutter namentlich nur ein Mal bei einer Beratungsstelle erfasst wird und dann anonym im Klinikum aufgenommen wird. Sie kann das Kind im Klinikum bekommen und es dort lassen, die Kosten werden vom Bundesministerium für Familie getragen. Das Kind wird dann im Anschluss in die Obhut des Jugendamtes gegeben. An seinem 16. Geburtstag hat das Kind dann das Recht, den Namen seiner Mutter zu erfahren.
"Oft ist es ja so, dass die Frauen und Familien die Schwangerschaft verdrängen und verleugnen. Daher gibt es ja die vertrauliche Geburt, die man zur Not auch noch nachträglich wünschen kann. Dann erfolgt das Beratungsgespräch mit uns erst nach der Entbindung", erklärt Susanne Koch, Stellenleiterin der ProFamilia in Wolfsburg. "Sollte man das Kind aber schon bekommen haben und anonym bleiben wollen, dann bleibt leider nur die Babyklappe als legale Option". Grundsätzlich ist es bei ProFamilia aber so, dass nach einer Lösung gesucht wird, die allen hilft. "Aber letzten Endes entscheidet dann die Frau, und das ist auch gut so, denn jeder Fall ist unterschiedlich und jeder Mensch hat andere Probleme".
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