Bei Sanierungsarbeiten: Bergleute stoßen auf mittelalterlichen Stollen

Sein Aussehen und die Spuren können Aufschluss über sein Alter und wie seinerzeit die Bergleute gearbeitet haben geben.

Dr Katharina Malek (li.) vom NLD und Thomas Finkeldey vom LBEG betrachten Schlägelspuren im First.
Dr Katharina Malek (li.) vom NLD und Thomas Finkeldey vom LBEG betrachten Schlägelspuren im First. | Foto: Eike Bruns/LBEG

Clausthal-Zellerfeld. Bei der Sanierung des Schachts Silberkrone am Brauhausberg in Clausthal-Zellerfeld sind die Mitarbeiter der beauftragten Fachfirma BST Mansfeld auf den Johannesstollen getroffen. Der Johannesstollen ist ein alter Wasserlösungsstollen – also ein waagerecht verlaufender Gang, der Wasser aus dem Berg geführt hat, damit die Bergwerke nicht absaufen. Über ihn ist wenig bekannt, die vorhandenen Pläne (Risswerke) sind sehr lückenhaft. Der Stollen dürfte mindestens aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammen, vielleicht ist er noch viel älter. Das Besondere ist, dass er nahezu im Originalzustand erhalten ist. Dies teilt das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) mit.


„Das war zwar nicht völlig unerwartet, aber dass er noch in so einem guten Zustand ist, ist eine tolle Entdeckung“, sagt Thomas Finkeldey, der beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) zuständig ist für Gefahrenabwehr. „Sein Aussehen und die Spuren, die wir hier entdecken, geben uns Aufschluss über sein Alter und wie seinerzeit die Bergleute gearbeitet haben“, erklärt Dr. Katharina Malek von der Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege.

Mit ihrem Kollegen Georg Drechsler dokumentiere sie jedes Mal, wenn die Fachleute der Firma BST Mansfeld ein weiteres Stück freigelegt haben, den Johannesstollen und die darin erhaltenen alten Spuren der Bergleute. So habe sich beispielsweise das Tretwerk aus Holz gut erhalten, aber auch Löcher von den Balken der Arbeitsbühnen. „Aus wissenschaftlicher Sicht bietet sich hier eine einmalige Gelegenheit, den durch die komplette Verfüllung seit Jahrhunderten unveränderten Stollen mit den historischen Arbeitsspuren zu untersuchen“, freut sich Dr. Katharina Malek über die unverhoffte Gelegenheit.

Bergschaden als Auslöser



Ursprünglicher Auslöser sei ein Bergschaden gewesen. Nach einer Tauperiode sei im Januar 2019 eine rund 50 Zentimeter tiefe Mulde unter der Straße Am Brauhausberg entstanden. Grund dafür wäre der unter dieser Stelle liegende Schacht Silberkrone gewesen. Das LBEG und die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld hätten zunächst Sofortmaßnahmen zur Sicherung eingeleitet, im Anschluss sollte der etwa von 1668 bis zirka 1700 betriebene Schacht saniert werden.

Bei der Sicherung des rund 46 Meter tiefen Schachts, die sich aufgrund der schwierigen Bodenverhältnisse ohnehin schon länger als geplant hinzog, seien die Fachleute in rund 20 Metern Tiefe auf den Johannesstollen gestoßen. „Für uns stand relativ schnell fest, dass wir den Johannesstollen wieder aufwältigen, um zum rund 65 Meter entfernten Schacht Kron-Kahlenberg zu kommen“, erklärt Thomas Finkeldey. Hintergrund sei, dass dieser weiter östlich gelegene Schacht ebenfalls saniert werden solle. Die Fachfirma könne somit von unten eine Betonplombe setzen, um den Schacht Kron-Kahlenberg dauerhaft zu sichern. Zum Abschluss sollen dann voraussichtlich noch in diesem Jahr der Johannesstollen und schließlich der Schacht Silberkrone verfüllt und somit dauerhaft gesichert werden.

„Aus denkmalpflegerischer Sicht ist gleichzeitig die notwendige fachliche Dokumentation des Originalzustandes für die Nachwelt entstanden“ ergänzt Katharina Malek. Dies geschehe mit modernsten, in der Montanarchäologie erprobten Verfahren. Dabei würden tausende Fotos per Hand aus unterschiedlichen Perspektiven gemacht werden und mithilfe eines Algorithmus zu einem 3D-Modell gerechnet. Erst nach dem Abschluss der Sicherungsarbeiten werde die wissenschaftliche Auswertung abgeschlossen werden können. Die Experten erhoffen sich dadurch mehr über die Geschichte des Stollens und damit über den alten Bergbau im Oberharz zu erfahren. Die Ergebnisse wollen sie dann der Öffentlichkeit präsentieren.

Hintergrund


Vor gut einem Monat habe das LBEG mit der Technischen Universität Clausthal eine Kooperation zum sogenannten Nachbergbau geschlossen. Ein Ziel dieser Zusammenarbeit sei es, genau solche Bergschäden, wie sie durch die Senkung des Schachts Silberkrone entstanden seien, schon frühzeitig zu erkennen oder gar zu vermeiden. Nötig dazu sei auch die wissenschaftliche Aufarbeitung von teilweise jahrhundertealten Unterlagen, die zum Großteil vom Bergarchiv im Niedersächsischen Landesarchiv zur Verfügung gestellt werden. Sie seien wie im Fall des Johannesstollens oftmals nur ungenügend oder aber lückenhaft überliefert worden.

Darüber hinaus werden durch die enge Zusammenarbeit des LBEG mit der Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege wertvolle historische Funde und die technischen Meisterleistungen alter Bergmannskunst der Nachwelt erhalten.