Zagreb. Die kroatische Regierung gerät offenbar erneut wegen ihres Umgangs mit Flüchtlingen unter Druck. Der "Spiegel", "Lighthouse Reports", der ORF sowie die kroatischen Medien Novosti, Telegram und Nova TV berichten unter Berufung auf 60 Screenshots einer internen Whatsapp-Gruppe über einen neuen "Pushback"-Verdacht.
In der Gruppe sollen sich teils hochrangige Polizisten und Beamte des Innenministeriums ausgetauscht haben. Die Chats zeigen den Medien zufolge, dass die kroatische Polizeiführung und auch Mitarbeiter des Innenministeriums 2019 und 2020 im Detail über die Festnahmen von Migranten im Rahmen der "Operation Korridor" informiert worden seien. Und sie sollen den Verdacht nahe legen, dass die kroatische Regierung von illegalen "Pushbacks" gewusst, sie toleriert oder gar gesteuert habe. Die kroatische Regierung bestreitet das.
Man halte sich an alle geltenden Gesetze und könne die Echtheit der Screenshots nicht bestätigen, aus ihnen gehe aber nichts Illegales hervor, teilte das Innenministerium mit. Die Whatsapp-Gruppen seien vor drei Jahren geschlossen worden. Der "Spiegel" und weitere Medien hatten im Oktober 2021 ein Video veröffentlicht, was zeigte, wie kroatische Grenzwächter auf Flüchtlinge einprügeln und sie illegal ausweisen. Polizei-Insider sprachen von systematischen "Pushbacks" im Rahmen der "Operation Korridor", das Innenministerium von einem Einzelfall.
Es suspendierte die Beamten kurzzeitig. Eine der Nachrichten im geleakten Chat lässt sich den Medien zufolge jetzt so interpretieren, dass im Februar 2020 eine Migrantengruppe weit im Landesinneren aufgegriffen worden sei, und zur Ausweisung an der Grenze abtransportiert werden sollte. Das Innenministerium teilte mit, die Formulierung "Odvaracanje", die mit "Abschreckung" oder "Abhalten" übersetzt werden kann, sei nicht eindeutig und werde von Polizisten auch in anderen Zusammenhängen verwendet. "Für mich ist völlig klar, dass hier ein illegaler Pushback veranlasst wurde", sagte der deutsche Migrations- und Westbalkanexperte Bodo Weber.
"Die Formulierung lässt keinerlei Interpretationsspielraum zu." Die Europaabgeordnete Tineke Strik fordert die EU-Kommission auf, eine Untersuchung einzuleiten. "Das Schweigen, die Straffreiheit - all das leistet den Rechtsbrüchen nur Vorschub", sagte sie dem "Spiegel".
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