Helmstedt. Bestatter müssen in vergangenen Zeiten ein ziemlich einsames beziehungsweise nur auf die Familie begrenztes Leben geführt haben. „Totengräber“ oder womöglich sogar „Leichenflädderer“ wurden die Männer (Frauen waren „anno dazumal“ in der Branche höchstens im Büro tätig) genannt. Und die Vorstellungen darüber, wie Bestatter aussehen und auftreten, erinnerten an „Vollstrecker“. Doch dass die Bestattungsbranche so modern ist wie jede andere und welches die Gesichter hinter dem Gewerbe sind, zeigen wir in der neuen Serie "Bestatter privat".
Im Jahr 2024 ist die „Neuzeit“ längst in der Bestattungsbranche angekommen. Oftmals sind alte Vorstellung aber noch in den Köpfen der Menschen hängen geblieben. Am Beispiel der Familie „Lamontain“ aus Helmstedt wollen wir einmal zeigen, dass „mein Freund, der Bestatter“ gar nicht „gruselig“ ist. Im Gegenteil.
Mit der Rufbereitschaft abwechseln
Bestattungsfachkräfte - wie der Handwerksberuf offiziell heißt - führen ein ganz normales Leben wie du und ich; mit der einzigen Ausnahme, dass sie rund um die Uhr bereit stehen, um ihrer Arbeit nachzugehen. Im Hause „Lamontain“ können sich die beiden Männer nun immerhin mit dieser Rufbereitschaft abwechseln. Vater Oliver Hopstock ist Bestattungsmeister und Sohn Gian Hofmann hat gerade seine Gesellenprüfung zur Bestattungsfachkraft bestanden.
Und der 22-Jährige geht voll und ganz in seinem Beruf auf, bezeichnet ihn als ehrenvoll. Gian Hofmann macht es stolz, wenn er Familien in Ausnahmesituationen zur Seite stehen und ihnen die notwendigen Erledigungen abnehmen kann. Er hat ein echtes „Händchen“ für die würdevolle Dekoration einer Trauerfeier oder Bestattung, in der Ausbildung erzielte er die besten Noten in der Bestattungsorganisation.
Menschen in schwierigen Zeiten zur Seite stehen und sie bestmöglich zu entlasten, das ist die Passion des Familienbetriebes Bestattungshaus Lamontain in Helmstedt, in der als jüngster Zuwachs Gian Hofmann nun voll aufgeht. „In meiner Ausbildung habe ich viel über die Menschen gelernt und wie ich erkennen kann, wo sie sich emotional gerade befinden“, erzählt er. „Dadurch weiß ich, wo ich sie abholen kann.“ Das gefällt dem jungen Bestatter.
Von klein auf mit Abschied und Trauer aufgewachsen
Es mag verwundern, wenn ein junger Mensch sich einen Beruf aussucht, in dem er tagtäglich von Abschied und Trauer umgeben ist. Aber Gian Hofmann ist durch Vater Oliver Hopstock und Opa Dieter Lamontain damit aufgewachsen. „Das bedeutet aber nicht, dass ich den Beruf aus Tradition oder womöglich Zwang ergriffen habe. Das war meine freie Entscheidung“, schmunzelt er. Mutter Nadine Hofmann stimmt dem zu, muss aber zugeben: „Als er im Alter von 15 Jahren von seinem Vater zu seiner ersten Überführung mitgenommen wurde, hatte ich doch Bedenken.“ Die besorgte Mutter fragte sich, ob der Sohn danach schlecht träumen würde.
Die Sorge war unbegründet und Gian Hofmann erkannte bereits bei dieser ersten Überführung, dass ihm die Tätigkeit im Blut liegt. Er begleitete Großvater und Vater fortan häufiger auf Trauerfeiern, wodurch der „Dekofimmel“ seiner Ahnen womöglich auf ihn „abfärbte“. Vater Oliver Hopstock macht das alles sichtbar stolz. Zwar kann im Prinzip jede Person sich zur Bestattungsfachkraft ausbilden lassen, allerdings spielen Emotionen und Einfühlungsvermögen natürlich eine große Rolle.
Die „erweiterte Familie“
„Eigentlich ist es beinahe nur möglich, als Familienunternehmen tätig zu sein“, sagt er auch im Hinblick auf die 24/7-Rufbereitschaft, die im Haus „Lamontain“ als ganz selbstverständlich hingenommen wird. „Wenn man dann noch solche tollen Helferinnen und Helfer wie wir sie haben an der Seite hat, funktioniert es“, ergänzt Oliver Hopstock, der seine Angestellten ohnehin als „erweiterte Familie“ ansieht.
Bei manchmal vielen Stunden täglicher Arbeit, ist es in allen Berufen wichtig, einen passenden Ausgleich zu finden. Diesen haben die „Lamontains“ im Emmerstedter Dorfleben für sich gefunden. Die ganze Familie ist Mitglied in der Schützengesellschaft und unterstützt mit ehrenamtlicher Schaffenskraft Veranstaltungen wie das Osterfeuer und das Oldtimertreffen.
Beim Schützenfest wird mal „richtig mitgefeiert“
Stehen das Schützenfest oder die Braunkohlwanderung auf dem Programm, ist Gian Hofmann froh, dass er sich mit seinem Vater in der Rufbereitschaft abwechseln kann, sodass jeder von ihnen mal „so richtig mitfeiern“ kann. Wenn die Bestatter auch immer wieder angesprochen werden, wenn sie bei einem Fest dabei sind oder in die Kneipe kommen, so ist spätestens beim gemeinsamen Beisammensein rasch allen egal, in welcher Branche wer tätig ist.
Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit dem HELMSTEDTER SONNTAG und wurde dort im Original veröffentlicht.
mehr News aus der Region