Birgit Honé nimmt Stellung zur "Helmstedter Erklärung"


Vertreter von Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften haben in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin Unterstützung nach dem Braunkohleausstieg gefordert. Symbolbild: Pixabay
Vertreter von Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften haben in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin Unterstützung nach dem Braunkohleausstieg gefordert. Symbolbild: Pixabay | Foto: Pixabay

Braunschweig/Helmstedt. Am Montag, 15. April, haben der Landrat des Kreises Helmstedt, Gerhard Radeck, und die Bürgermeister der Stadt Helmstedt und der Gemeinde Schöningen, gemeinsam mit Vertretern von Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften im Rathaus von Helmstedt die „Helmstedter Erklärung“ unterzeichnet. Darin verlangen die Unterzeichner unter anderem vom Bund eine dauerhafte finanzielle Unterstützung beim erforderlichen Strukturwandel nach dem Ende der Braunkohleförderung im Helmstedter Revier, so das Amt für regionale Landesentwicklung Braunschweig.


Dazu erklärt die niedersächsische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung, Birgit Honé: „Ein erfolgreicher Strukturwandel des Helmstedter Reviers hat für die niedersächsische Landesregierung einen sehr hohen Stellenwert. Es ist unser gemeinsames Ziel, Niedersachsens Regionen zu stärken und lebenswert zu erhalten. Beispiele aus anderen europäischen Ländern zeigen uns eindringlich, dass eine Strukturpolitik, die nur auf Ballungszentren ausgelegt ist, schwere gesellschaftliche Brüche nach sich ziehen kann. Deshalb hat die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Niedersachsen eine hohe Priorität.

Das funktioniert aber nur, wenn die kommunalen Gebietskörperschaften und die regionalen Akteure ebenfalls ihre ganze Kraft einsetzen. Ich bin sehr froh, dass das Helmstedter Revier heute ein kraftvolles Signal nach Berlin sendet. Dieses Signal ist für die Bemühungen der Landesregierung bei ihren Gesprächen mit den zuständigen Stellen in der Bundesregierung sehr hilfreich. Es stärkt unsere Verhandlungsposition, weil es zeigt: Region und Land ziehen an einem Strang. Über die Strukturförderung wird derzeit zwischen Bund und Ländern verhandelt. Einiges ist nach außen gedrungen, einiges aber auch nicht. Deshalb kommt die heutige Initiative auch nicht zu spät. Sie kommt zur rechten Zeit. An Spekulationen zum Ausgang dieser Verhandlungen möchte ich mich heute nicht beteiligen.

Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Landesregierung den positiven Strukturwandel im Helmstedter Revier nach Kräften unterstützen wird. Wenn die Region – so wie am heutigen Montag – engagiert zu Werke geht, wenn gute Ideen entwickelt werden aus denen dann tragfähige Projekte entstehen, wird das Land seinen Beitrag zur Umsetzung leisten. Das kann ich als Regionalministerin an dieser Stelle ohne Wenn und Aber zusagen.“

Den offenen Brief an die Bundeskanzlerin, der am Montag unter anderem von Wittich Schobert und Henry Bäsecke unterzeichnet wurde, veröffentlichen wir hier ungekürzt:
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,
die Menschen im Helmstedter Braunkohlerevier bitten Sie und die Bundesregierung um Hilfe und Unterstützung in einer entscheidenden Phase des Strukturwandels. Das durch die Braunkohlewirtschaft geprägte Helmstedter Revier ist durch die Einstellung der Braunkohleförderung und -verstromung in besonderer Weise betroffen. Was in den anderen vom schrittweisen Kohleausstieg betroffenen Regionen durch die Vorschläge der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ verhindert werden soll, ist hier bereits eingetreten. Durch den Verlust der unmittelbar und mittelbar von der Braunkohle abhängigen Arbeitsplätze liegt die Wirtschaftskraft des Landkreises Helmstedt nur noch bei knapp 50% des Bundesdurchschnittes.

Die Gewerbesteuereinnahmen sind sogar auf nur noch 35% des Bundesdurchschnittes gesunken. Viele Menschen wandern aus dem Revier in die benachbarten Oberzentren ab, weil sie hier keine Zukunft mehr sehen. Den betroffenen Kommunen ist jegliche Gestaltungskraft genommen, zumal sie die Kofinanzierungsmittel für klassische Förderprogramme nicht aufbringen können. Die Folgelasten in der vom Braunkohletagebau geprägten Landschaft übersteigen unsere Kräfte. Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat in ihrem Abschlussbericht deshalb das Helmstedter Revier aus guten Gründen in den Kreis der vier betroffenen Reviere aufgenommen und gefordert, dass in allen Revieren Strukturbrüche sowie soziale und demographische Verwerfungen für die Menschen vor Ort dringend vermieden werden müssen. Vorschläge für Sofortmaßnahmen sowie mittel- und langfristige Projekte für die Strukturentwicklung im Helmstedter Revier sind als Anlage dem Bericht beigefügt worden.

In einem breiten Konsens zwischen Wirtschaft, Gewerkschaften, gesellschaftlichen Gruppen sowie kommunalen und regionalen Verantwortungsträgern ist Einvernehmen über Weg und Inhalte des Strukturwandels in der „Modellregion Helmstedter Revier“ erzielt worden. Zur Umsetzung sind wir dringend auf die Unterstützung des Bundes angewiesen.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
wir bitten Sie eindringlich, das Helmstedter Revier sowohl in das Sofortprogramm für strukturwirksame Projekte in den Braunkohleregionen als auch in das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen gemeinsam mit den drei anderen Revieren aufzunehmen. Die Menschen im Helmstedter Revier haben seit dem Beginn der Industrialisierung die Lasten des großflächigen Abbaus der Braunkohle und ihrer Verstromung getragen. Sie dürfen jetzt nicht mit den dauerhaften ökologischen und wirtschaftlichen Folgen des Ausstiegs aus der Kohle alleine gelassen werden.


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