Braunschweig. Mit einer Summe von 1,3 Millionen Euro fördert das Land Niedersachsen aus Mitteln des „Niedersächsischen Vorab“ der Volkswagenstiftung das an der Technischen Universität Braunschweig koordinierte Verbundprojekt „Eskalationsforschung zur Kommunikation großer Infrastruktur- und Bauvorhaben“. In den kommenden drei Jahren werden Forscherinnen und Forscher aus Politik- und Rechtswissenschaft sowie Bauingenieurwesen, Sozialpsychologie und Vertrauensforschung aus Braunschweig, Göttingen und Hannover Eskalations- und Entscheidungsprozesse interdisziplinär untersuchen.
Große Infrastruktur- und Bauvorhaben stoßen in den letzten Jahren vermehrt auf Widerstand und werden zum Gegenstand eskalierender Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern. Dabei gehe der Protest zunehmend von einer breiten gesellschaftlichen Basis aus und beschränke sich nicht nur auf umstrittene Technologien wie etwa Atomkraft oder Massenflugverkehr, erläutert Prof. Nils C. Bandelow vom Institut für Sozialwissenschaften der TU Braunschweig. Auch Großprojekte, die der Umsetzung grundsätzlich gewünschter Technologien dienen, wie beim Bahnverkehr oder erneuerbaren Energien, seien damit konfrontiert, so Bandelow weiter. Ein besonders prominentes Beispiel hierfür sind die unter dem Stichwort „Stuttgart 21“ bekanntgewordenen Auseinandersetzungen um den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs.
„Großvorhaben können einvernehmlich und erfolgreich umgesetzt werden. Oft gibt es auch gute Gründe, auf die Pläne zu verzichten oder sie grundlegend zu ändern. In jedem Fall sollte eine politische Entscheidung transparent sein und alle wirklich Betroffenen angemessen mitnehmen. Ob dies gelingt oder Konflikte eskalieren, hängt von vielen Gründen ab. Die genauen Prozesse sind noch weitgehend unbekannt.“, erklärt Bandelow. „Bisherige Erklärungsversuche haben sich entweder auf einzelne Fälle wie eben Stuttgart 21 beschränkt oder aber die Problematik nur aus einer Perspektive, wie etwa aus dem juristischen oder wirtschaftlichen Blickwinkel, betrachtet“, so der Sprecher des Verbundprojektes weiter. „Um der Grundlogik der Eskalation und De-Eskalation von Großprojekten näher zu kommen, werden wir untersuchen, wie unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen der Öffentlichkeitsbeteiligung, politische Akteurs-Konstellationen, Veränderungen des Kosten-Nutzen-Verhältnisses und die Verzerrungen in der Informationsverarbeitung der Konfliktparteien den Grad der Eskalation bestimmen.“, fasst Prof. Bandelow die Ziele der Teilprojekte zusammen.
Zum Verbundprojekt
Das Verbundprojekt „Eskalationsforschung zur Kommunikation großer Infrastruktur- und Bauvorhaben“ wird von Prof. Dr. Nils C. Bandelow, Inhaber des Lehrstuhls für Innenpolitik am Institut für Sozialwissenschaften der TU Braunschweig, koordiniert. Ebenfalls von der TU Braunschweig sind Herr Prof. Dr.-Ing. Thomas Siefer vom Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und -betrieb sowie Frau Prof. Dr. Barbara Thies vom Institut für Pädagogische Psychologie an dem Forschungsprojekt beteiligt. Zudem leiten Frau Prof. Dr. Jutta Stender-Vorwachs vom Institut für Internationales Recht der Leibniz Universität Hannover sowie Prof. Dr. Stefan Schulz-Hardt vom Institut für Psychologie der Georg-August-Universität Göttingen weitere Teilprojekte.
Im Zusammenhang mit dem neuen Verbundprojekt möchten die Forscher auf eine bereits laufende Vorstudie hinweisen, an der interessierte Bürgerinnen und Bürger bereits jetzt schon teilnehmen können. Die Online-Umfrage ist unter www.unipark.de/uc/ipp/pvs-eskalation abrufbar.
mehr News aus Braunschweig