Braunschweig. Im Theater wurden gestern Abend die Preisträger des diesjährigen Braunschweiger Filmfestivals geehrt. "The Good Life" von Jean Denizot gewann den Publikumspreis. Der KINEMA-Preis ging an: "Wir sind jung. Wir sind stark" und den Kurzfilm-Musikpreis "Leo" gab es für "Emergency Calls"
"The Good Life" gewinnt also den Wettbewerb des 28. Internationalen Filmfestivals Braunschweig. Stellt sich für alle die ihn nicht gesehen haben zunächst die Frage, um was geht es in dem Werk? Es ist grob ausgedrückt ein intensives Familiendrama. Ein Vater (Yves) entführt seine beiden Söhne und lebt mit ihnen über 10 Jahre hinweg versteckt in den Pyrenäen.
Yves geht einem Job als Landarbeiter nach und die Kinder besuchen nie eine Schule. Als sie älter werden, wollen die Brüder ihr eigenes Leben starten. Es kommt zur Flucht der Beiden. "The Good Life" schildert die Geschehnisse sehr einfühlsam. Die Stilrichtung des Films geht in Richtung eines Western. Im Wettbewerb standen 10 Filme aus Ländern, davon acht deutsche Erstaufführungen. Leider konnte der "Macher" den Preis nicht persönlich abholen. Er bedankte sich beim Publikum in einer Videobotschaft.
Dieser Film bewegt
Der deutsch-französische Jugendpreis KINEMA geht an "Wir sind jung. Wir sind stark." von
. Aus der Begründung der Jury: "Die Rundfahrten der Kamera lassen uns eintauchen in den Teufelskreis der Gewalt und einer Geschichte, die sich wiederholt und alle Generationen und alle sozialen Schichten betrifft. Als Zuschauerinnen sind wir von der Brutalität der Ereignisse regelrecht überrollt worden." Der Film spielt an einem Tag. Genauer gesagt dem 24.08.1992. Vom frühen Morgen bis zum Morgen danach. Dreh und Angelpunkt der Erzählung ist das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichterhagen und die Krawalle von damals. Die Protagonisten: Lokalpolitiker Martin, sein Sohn Stefan und die vietnamesische Vertragsarbeiterin Lien. Sie alle suchen nach Liebe, nach Heimat, nach einem anderen Leben. Ihre Konflikte und Probleme, bilden den Spiegel einer Gesellschaft, die an diesem Tag gegen die Wand fuhr. Die Jury unterstrich zudem: Der Übergang von Schwarzweiss zu Farbe hat den Eindruck der Ungerechtigkeit noch verstärkt und hat uns dazu bewegt, über die Aktualität des Themas in Frankreich, Deutschland und in ganz Europa nachzudenken. Mit diesem Film hat der Regisseur unsere Aufmerksamkeit erweckt und uns unsere Rolle in der Gesellschaft vor Augen geführt. Wir haben nicht das Recht, passiv zu bleiben, wir müssen uns unserer Verantwortung stellen“.Qurbani fehlten auf der Bühne fast die Worte. "Ich danken allen sehr für die Auszeichnung. Ich bin noch etwas angeschlagen, weil ich von gestern auf heute in meinen Geburtstag hinein gefeiert habe. Ich bin zum vierten Mal 30 geworden." Ein schönes Geschenk zum Ehrentag war der Preis also auch noch.
Der Leo geht nach Finnland
Den mit 2.000 Euro dotierten Kurzfilm-Musikpreis "Der Leo" erhalten die finnischen Regisseure Hannes Vartiainen, Pekka Veikkolainen und Sounddesigner Joonatan Portaankorva für "Emergency Calls" (Originaltitel: „Hätäkutsu“). Die Jury meint: "Zwischen Leben und Tod - ob internationale Schiffskatastrophe oder individuelles Schicksal in den eigenen vier Wänden: Ein Hilferuf erfolgt nie ohne Grund. Basierend auf realen Notrufgesprächen kreieren die finnischen
Filmemacher Hannes Vartiainen und Pekka Veikkolainen zusammen mit ihrem Komponisten Joonatan Portaankorva eine Atmosphäre, die diese existenziellen Ausnahmesituationen für den Zuschauer sinnlich miterlebbar machen. In der Kombination aus real anmutenden Dialogen zwischen Betroffenen und Notrufleitstelle, dokumentarischem und verfremdetem Bildmaterial sowie einer nicht emotionalisierenden, die Spannung vorantreibenden Tonspur werden reale Ereignisse durch die aufwändige Nachbearbeitung begreifbar gemacht.
Der Untergang des Ostsee-Fährschiffs "Estonia", eine Massenkarambolage oder eine unerwartete Zwillingsgeburt erlangen so eine meta-reale und universale Bedeutung. Wir, die LEO-Jury, vergeben den LEO 2014 an "Emergency Calls" für seine außergewöhnliche Komposition von medialen Ausschnitten unserer Wirklichkeit und einer ins Metaphysische verweisenden Postproduktion." Im Wettbewerb standen 20 Filme aus 13 Ländern. Auch die Finnen konnten nicht vor Ort sein, so nahm die Jury den Preis stellvertretend entgegen. Ein lobende Erwähnung sprach die Jury zudem für "Off Ground" von Boudewijn Koole (Regie), Alex Simu (Musik) und Mark Glynne (Sound) aus den Niederlanden aus. Ein bewegendes Meisterwerk auf höchstem Künstlerischen Niveau. Ein Junge nimmt Abschied von seiner Mutter mit Hilfe eines Tanzes. Was mit ganz ruhiger und tragender Musik beginnt, steigert sich im Verlauf. Tanz und Musik wird intensiver, bis es Zeit ist Lebewohl zu sagen.
Hauptpreis für Mads Mikkelsen
Mit dem Hauptpreis des Festivals, dem mit 10.000 Euro dotierten Schauspielpreis "Die Europa", ehrte das Filmfest den dänischen Schauspieler Mads Mikkelsen.
Er erhielt die Auszeichnung für seine herausragenden darstellerischen Leistungen und Verdienste um die europäische Filmkultur aus. Mikkelsen zeigte sich locker und sorgte für einige Lacher, als er sich zwar sehr herzlich für den Preis bedankte, aber auch zugeben musste, so einen Preis bekommt man nicht, wenn man erst kurz im Geschäft ist. Dann bemerkte er, das er wohl leider doch schon etwas älter geworden sei. Durch den Abend führte die charmante Moderatorin Julia Westlake, für musikalische Leckerbissen sorgten die Academics unter der Leitung von Helmut Zerlett
Festivaldirektor Michael P. Aust zeigte sich sehr zufrieden mit seinem ersten Festival in Braunschweig. In Zukunft soll das Konzept mit der Verbindung von Film und Musik noch weiter ausgebaut werden. Viel mehr wollte der Direktor für das kommende Jahr aber nicht verraten. Eine gute Nachricht gab es am Ende auch noch, VW Financial Services möchte die nächsten beiden Jahre in jedem Fall als Sponsor weitermachen. Das Filmfestival läuft noch bis zum 16.11. . Die letzte Veranstaltung beginnt um 20 Uhr. Infos gibt es hier.