Angespannter Wohnungsmarkt: Doch Leerstände bleiben ein Rätsel

Braunschweig muss bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dafür sollten auch die Leerstände unter die Lupe genommen werden - doch die lassen sich kaum ermitteln.

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Symbolbild. (erstellt mit Adobe Firefly)
Symbolbild. (erstellt mit Adobe Firefly) | Foto: regionalHeute.de

Braunschweig. Bezahlbarer Wohnraum in unseren Städten ist knapp, auch in Braunschweig. Demnach hat die Stadt Braunschweig bereits 2017 Maßnahmen erarbeitet, um das Problem in den Griff zubekommen. Diese laufen mit Ratsbeschluss seit 2020. Dabei geht es auch um Leerstände, doch diese bereiten aktuell noch Kopfzerbrechen.



Der Rat der Stadt hatte der Verwaltung den Auftrag gegeben, bei der Suche nach Wohnraum, der Innenraumentwicklung vor der Außenraumentwicklung Vorrang einzuräumen. Dabei rückte auch die Idee der Wohnraumaktivierung als ein Baustein in den Fokus. In der Diskussion diesbezüglich stand bereits der Vorwurf im Raum, dass 10 Prozent der vorhandenen Wohnräume ungenutzt wären.

Um zu eruieren, wie groß der Leerstand aktuell wirklich ist und in welchen Stadtteilen dies vornehmlich der Fall ist, wurde der Verwaltung überdies der Auftrag erteilt, auf das vom Land Niedersachsen zur Verfügung gestellte Werkzeug zurückzugreifen und dem Rat ein aktuelles Bild darzubieten, aus dem anschließend, je nach Ergebnis, weitere Maßnahmen abgeleitet werden könnten. Wie die Verwaltung in einer Mitteilungsvorlage erklärt, sei es aktuell allerdings nicht möglich, genaue Zahlen über Leerstände zu ermitteln.

Kein geeignetes Werkzeug


Als Werkzeug des Landes sollte die Verwaltung auf das Baulücken- und Leerstandskataster des Landesamtes für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) zurückgreifen, um eine Übersicht über den prozentualen Wohnungsleerstand in Braunschweig zu erstellen.

Die Verwaltung hat das Baulücken- und Leerstandskataster auf seine diesbezüglichen Einsatzmöglichkeiten geprüft, es scheint allerdings nicht geeignet zu sein für diese Aufgabe. Die Verwaltung erklärt: "Entgegen der Erwartung des Titels, ist das Baulücken- und Leerstandskataster für ein Monitoring des Wohnungsleerstandes nicht vorgesehen und auch nicht geeignet. Das Kataster ist dafür konzipiert, leerstehende Gebäude und ungenutzte Grundstücke zu erkennen. Es ist ein Instrument zur Identifizierung potentiell neuen Wohnraums."

Die in der Datenbank des LGLN hinterlegten Grundinformationen basierten ausschließlich auf den vermessungstechnischen amtlichen Grund- beziehungsweise Flurstücksdaten. Informationen, ob sich auf dem Grundstück ein Wohngebäude, ein Gewerbebetrieb oder eine andere Nutzung befindet, seien nicht hinterlegt. Schon diese Informationen müsste die Stadt Braunschweig durch eigene umfangreiche Begehungen des Stadtgebietes und entsprechende Dokumentationen zunächst selbst erheben und dann in das System eingeben. Im Kataster werden zudem keine Wohnungen erfasst, es arbeite ausschließlich mit dem Merkmal „Gebäude“. Dementsprechend sei in den standardisierten Erhebungsbögen zum Füllen der Datenbank das Merkmal „Wohnung“ nicht einmal vorgesehen.

Angespannter Wohnungsmarkt


Anhand von vorhandenen Datenquellen hat die Stadt dennoch versucht, eine Bewertung des Wohnungsleerstands abzugeben. Braunschweig befände sich demnach - wie die meisten bundesdeutschen Großstädte - in einer Phase erheblich angespannter Wohnungsmärkte.

Braunschweig-bezogene öffentlich zugängliche Leerstandsdaten wiesen dabei eine hohe Übereinstimmung auf. So käme das Institut empirica, das in Fragen der Wohnungsmarktforschung und -beobachtung methodisch renommiert ist, für das Jahr 2021 auf eine Leerstandsquote in Braunschweig von unter 1,5 Prozent. Die Geschäftsberichte einiger Braunschweiger Wohnungsunternehmen wiesen für 2022 eine Spanne von 0,2 bis 2,9 Prozent aus. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) habe im Jahr 2018 eine Leerstandsquote von 2 Prozent ermittelt. Allen Daten gemein sei, dass sich der Leerstand in Braunschweig nach wie vor zum Teil unterhalb der für einen funktionierenden Wohnungsmarkt notwendigen Fluktuationsreserve bewegen würde.

Die prozentuale Höhe dieser Reserve werde in der Literatur abhängig der Quelle mit einer Spanne von 2 bis 4 Prozent angegeben. "Vor diesem Hintergrund ist ein umfängliches und andauerndes strukturelles Leerstandsproblem in Braunschweig nicht zu erkennen", so entkräftet die Verwaltung den "Leerstands-Vorwurf".

Frische Daten erwartet


Doch neue Daten sind in Sicht: Mit der Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2022 sei eine Vollerhebung des Wohngebäudebestandes in Braunschweig durchgeführt worden. Die Eigentümer waren gesetzlich zur Auskunft verpflichtet. In dieser jüngsten Vollerhebung seien auch Wohnungsleerstände zum Stichtag 15. Mai 2022 ermittelt worden. Die Zensusdaten sind den Kommunen für Mitte des Jahres 2024 in Aussicht gestellt worden. Diese Daten hätten den Vorteil, dass sie zu einem einheitlichen Zeitpunkt und nach einer einheitlichen Erhebungsmethode flächendeckend erzeugt wurden. Sie könnten auch für die kleinräumige Ebene der Stadtbezirke aufbereitet und dargestellt werden, so die Verwaltung.

Aufgrund der für ein Wohnungsleerstandskataster nicht nutzbaren Datenbank des LGLN schlägt die Verwaltung vor, zunächst die Veröffentlichung der Zensusdaten abzuwarten und diese dann im aktuellen Kontext zu bewerten.


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