Braunschweig. Die BürgerInitiative SüdWest Braunschweig (BISW) hat eine ausführliche Stellungnahme und Untersuchung zum Thema "Wie geht die Stadt mit ihrem Klima um?" veröffentlicht. Die zugehörige Presseerklärung veröffentlichen wir nachfolgend unkommentiert und ungekürzt.
"Schwere Vorwürfe erhebt die BI gegen die Stadt Braunschweig wegen ihres Umgangs mit dem Stadtklima im Zusammenhang mit dem gescheiterten interkommunalen Industrie- und Gewerbegebiet. Dazu hat die Bürgerinitiative SüdWest Braunschweig jetzt eine Untersuchung vorgelegt. Mit zahlreichen Beispielen und Belegen wird darin ein ausgesprochen einseitiger und lückenhafter Umgang der Stadt Braunschweig mit dem Thema nachgewiesen. Nur durch völliges Ausblenden der Klimaproblematik konnte überhaupt ein Scheitern der Planungen für das Interkommunale Industriegebiet Braunschweig Salzgitter im ersten Anlauf abgewendet werden. Inzwischen ist angesichts der Haushaltslage in Salzgitter das Projekt auch ökonomisch gescheitert. Ausgesprochen positiv: Die Widerstände haben dazu geführt, dass beiden Kommunen Kosten in sechsstelliger Höhe für eine Machbarkeitsstudie II erspart geblieben sind.
Zusammenfassung:
1. Entgegen zahlreicher öffentlicher Aussagen, in denen das Gegenteil versichert wird, wird die seit 2012 vorliegende Stadtklimaanalyse in der Machbarkeitsstudie, die Basis der Entscheidungen der Räte der Städte Braunschweig und Salzgitter war, in keiner Weise berücksichtigt. An keiner Stelle wird das Klima erwähnt, nirgends wird auf die vorliegende Stadtklimaanalyse und ihre Aussagen Bezug genommen. An keiner Stelle findet eine Einschätzung möglicher Folgen statt, wenn auf 300 Hektar 80 Prozent der Fläche mit bis zu 25 Meter hohen Baukörpern versiegelt werden - noch dazu in der Hauptwindrichtung. Vielmehr blieb es bei wenigen beschönigenden Sätzen bei der Vorstellung der Studie durch die OBs.
2. In zahlreichen öffentlichen Äußerungen, die der BI vorliegen, wie schriftlichen Antworten auf Rats- und Bezirksratsanfragen und Briefen an die BI wird stets nachdrücklich versichert: Im Rahmen der Machbarkeitsstudie und ihren Teilgutachten müsse eine neue Klimastudie nicht beauftragt werden, da sie bereits vorliege. Die letzte dieser schriftlichen Äußerungen datiert vom Januar 2018, drei Monate vor Fertigstellung der Machbarkeitsstudie. Dass diese wiederholten Aussagen nicht der Wahrheit entsprechen, kam nach Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie scheibchenweise ans Licht. In ihr ist unkommentiert und ohne jede Textaussage eine Klimakarte (mit Datum September 2017) aus einer im Jahre 2017 erstellten Klimaanalyse eines Büros in Hannover dargestellt. Erst auf beharrliches Nachfragen wurde diese Analyse erstmals am Tag der Abstimmung im Rat über die Machbarkeitsstudie II ins Netz gestellt. Im völligen Widerspruch zu ihren öffentlichen Aussagen hat die Stadt offenbar doch eine weitere Klimastudie in Auftrag gegeben. Über die näheren Umstände (Kosten? Ziel? Auftragszeitpunkt und -gegenstand?) hüllt sich die Stadt bis heute in Schweigen. Sehen so Transparenz und Bürgernähe aus ("Denk deine Stadt...")?
3. In dem ins Netz gestellten Teil 1 (ein zweiter sollte im Sommer 2018 folgen) charakterisierten die Auftragsnehmer ihren Untersuchungsgegenstand so: Untersucht werden sollte eine autochthone Sommerwetterlage (Höchsttemperatur über 25°C, keine überörtliche Windbewegung). Für Braunschweig ist eine solche Wettersituation ein seltener Ausnahmefall (mit weniger als 20 Tagen im Jahr). Eine völlig absurde Konstellation: trotz bevorstehender erheblicher Eingriffe ins Stadtklima durch geplante Baumaßnahmen wird zeitgleich eine Studie beauftragt, die zur Folgenabschätzung keinerlei Beitrag leisten kann. Der Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern steht im Raum.
4. In der Stadtklimastudie von 2012 finden sich bereits deutliche Aussagen zur klimatischen Relevanz des Braunschweiger Südwestens. Die wenig bebauten Freiflächen im Südwesten hätten, so die Gutachter seinerzeit, "eine hohe klimatisch-lufthygienische Ausgleichsfunktion", und geben die deutliche Planungsempfehlung: "großräumiger Erhalt; Bebauung und Versiegelung nur in Ausnahmefällen". Andererseits spielen bei der Frischluftzufuhr in die Stadt regionale Luftleitbahnen eine große Rolle. Ein solche Luftleitbahn zieht sich etwa vom Geitelder Berg über Broitzem Richtung Innenstadt. Sie wird aus der Hauptwindrichtung mit relativ unbelasteter Luft versorgt, die zuvor genau das dazu benachbarte Areal, das geplante Industrie- und Gewerbegebiet, überströmt.
In unverantwortlicher Weise wurden diese deutliche Aussagen von Experten und ihre Planungshinweise von der Stadt Braunschweig missachtet.
5. Wenn man schon die Relevanz dieser Vorgänge in Zweifel zieht, warum wurden dann nicht, anders als in Magdeburg (wo die Rolle der Grünflächen im Außenbereich für das Stadtklima begutachtet wurde), die Auswirkungen näher und ad hoc untersucht? Spätestens in einem weiteren Stadium, bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, wäre es ohnehin zum Schwur gekommen. Ein dann absehbares mögliches Ende des Projekts wäre dann um Vielfaches teurer als ein anlassbezogenes Gutachten.
Die Bürgerinitiative SüdWest Braunschweig erwartet eine rückhaltlose Klärung der Umstände und entsprechende Konsequenzen, damit sich solche Muster nicht wiederholen können. Da das Gebiet weiter im Flächennutzungsplan und neuerdings auch in ISEK enthalten ist, werden die Bürgerinitiativen in Salzgitter und Braunschweig ihre Arbeit fortsetzen."
mehr News aus Braunschweig