Blob der Baumeister: Forscher der TU gucken Fischen beim Wandern zu

Im Forschungsprojekt "MigRamp" werden bevorzugte Schwimmpfade untersucht.

Porträt Flussbarsch (Perca fluviatilis).
Porträt Flussbarsch (Perca fluviatilis). | Foto: Ralph Eikenberg/TU Braunschweig

Braunschweig. Fische wandern, um zum Beispiel Nahrung zu suchen. Doch welche Wege bevorzugen sie auf Sohlengleiten, also naturnahen Bauwerken in Bächen und Flüssen, bei ihrer Wanderung flussaufwärts? Das untersucht die Abteilung Wasserbau und Gewässermorphologie des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau (LWI) der TU Braunschweig im Projekt "MigRamp". Naturnahe Sohlengleiten sind Bauwerke in Fließgewässern, die beispielsweise einen Mindestwasserstand gewährleisten. Für Fische und Kleinlebewesen stellen sie normalerweise kein Wanderhindernis dar.



Speziell sogenannte unstrukturierte Sohlengleiten weisen durch die unregelmäßige Anordnung von Störsteinen eine heterogene Gewässersohle mit vielfältigen Strömungsverhältnissen auf. Außerdem bieten sie auch zusätzlichen Lebensraum. Die Bemessung solcher Bauwerke basierte bislang auf Laborversuchen, da Naturmessungen sehr aufwändig und entsprechende Daten kaum verfügbar sind. Dies führt dazu, dass sie trotz ihrer Vorteile oftmals nicht gebaut werden. Hier setzt das Projekt an.

1:1-Modell nachgebaut


Hydraulische Messungen im
Hydraulische Messungen im "Laxelerator" in Schweden. Foto: Ralph Eikenberg/TU Braunschweig


In Labor- und Feldversuchen wollen die Wissenschaftler die bevorzugten Wanderkorridore der Fische identifizieren. Dabei werden die Schwimmpfade mit der Bauwerksgeometrie der Sohlengleiten und den Strömungsbedingungen entlang der Pfade verknüpft. "Die Fische werden also, salopp gesagt, zu ihren eigenen Baumeistern gemacht“, sagt Ralph Eikenberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Wasserbau und Gewässermorphologie des LWI, der das Projekt betreut. Ziel ist es, das Verständnis zu aufwärts gerichteten Fischwanderungen und damit die relevanten Bemessungskriterien für Sohlengleiten in Flüssen und Bächen zu verbessern.


Für das Vorhaben wählte das Projektteam eine Sohlengleite an der Ilme bei Einbeck aus. Das Bauwerk wurde im Herbst 2020 in einer einmaligen Aktion kurzzeitig trockengelegt. "Die Fische wurden selbstverständlich vorher geborgen und in Sicherheit gebracht“, betont Eikenberg. So konnten die Wissenschaftler die Gleite detailliert vermessen. Laserscan und viele einzelne Fotoaufnahmen des Objektes lieferten ein digitales Höhenmodell als Grundlage für das Labormodell, welches 1:1 im "Laxelerator“ in Älvkarleby, Schweden nachgebaut wurde.

Wohin bewegen sich die Fische?


Um die Bewegungen der Fische genau zu beobachten, statteten die Wissenschaftler das Modell mit mehr als 30 einzelnen Kameras über und unter Wasser aus. Hierbei kamen Forellen, Äschen, Groppen und Flussbarsche zum Einsatz – und das bei verschiedenen naturähnlichen Durchflüssen bis zu 1.200 Litern pro Sekunde und in unterschiedlichen Kombinationen von Fischart, Anzahl und Größe. Die Fische stammten aus Zuchtprogrammen sowie aus Wildfängen und wurden nach den Versuchen in die Freiheit entlassen. Anschließend führten die Forscher Messungen im Teilmodell der Sohlengleite durch, um später die Strömungsbedingungen entlang der Bewegungspfade der Fische beschreiben zu können.


Diese Pfade wollen die Wissenschaftler nutzen, um ab April die Sohlengleite in der Ilme an geeigneten Positionen ebenfalls mit Kameras über und unter Wasser auszurüsten und dort die Wildfische bei der Passage zu beobachten. Das Strömungsfeld über der realen Gleite wird unter Naturbedingungen mit denselben Verfahren wie im Labor erfasst. Das Projekt wird bis November 2022 von der Deutschen Bundestiftung Umwelt mit 216.876 Euro gefördert.


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