Bordellbetrieb an der Berliner Straße: Betreiber hält an Plänen fest

Die Stadt prüft die grundsätzliche Möglichkeit einer Ausweitung der Sperrgebietsverordnung. Das Ergebnis sei aber vollkommen offen. Baurechtlich gibt es keine Möglichkeit, den Betrieb zu verhindern.

Über dieser Spielhalle möchte sich eine Zimmervermietung mit Bordellbetrieb ansiedeln.
Über dieser Spielhalle möchte sich eine Zimmervermietung mit Bordellbetrieb ansiedeln. | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Der Betreiber des geplanten bordellähnlichen Betriebs an der Berliner Straße wird an seinen Plänen festhalten, das Vorhaben an der beantragten Stelle Berliner Straße 53 umzusetzen. Das hat er in Gesprächen mit der Stadtverwaltung bekräftigt. Da eine Bauvoranfrage im vergangenen Jahr von der Stadtverwaltung positiv beschieden worden war, hat der Betreiber einen Anspruch auf Umsetzung des Vorhabens (regionalHeute.de berichtete). Das teilt die Stadt Braunschweig in einer Pressemitteilung mit.


Die Stadtverwaltung wird daher die grundsätzliche Möglichkeit einer Ausweitung der Sperrgebietsverordnung der Polizeidirektion weiterverfolgen. Eine solche Ausweitung zu prüfen hatte der Polizeipräsident zugesagt. Die Gespräche mit der Polizeidirektion sind unter Leitung des Ordnungsdezernenten aufgenommen und zunächst die rechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der Sperrgebietsverordnung abgestimmt worden. Notwendig sind dabei möglichst konkrete Kriterien, an welchen Standorten im Stadtgebiet Prostitution untersagt werden soll.

Die Verwaltung trägt derzeit aus verschiedenen Bereichen eine Vielzahl von hierfür notwendigen Informationen zusammen. Diese werden der Polizeidirektion so schnell wie möglich zur Verfügung gestellt. Anschließend muss von der Polizeidirektion sorgfältig abgewogen werden, für welche Standorte im Stadtgebiet eine Änderung der Verordnung erfolgen kann, die Verwaltung hat hierfür ihre Unterstützung angeboten. In diesem Zusammenhang ist auch der Kontakt zum Niedersächsischen Städtetag intensiviert worden, um die Erfahrungen anderer Städte in den Abwägungsprozess einbeziehen zu können, die Gespräche werden fortlaufend weitergeführt.

Der Ausgang ist offen


Der Ausgang, auch in Bezug auf den Standort Berliner Straße, ist dabei offen. Die Sperrgebietsverordnung kann zum Beispiel dort geändert werden, wo ein solcher Bordellbetrieb Beeinträchtigungen im Umfeld schutzbedürftiger Gebiete zur Folge haben kann, zum Beispiel Auswirkungen auf Schulen, Kindertagesstätten, soziale Einrichtungen oder ähnliches. So hat die Verwaltung etwa bereits Fußgänger- und Radfahrerzählungen in dem Bereich durchgeführt, die an die Polizei weitergeleitet werden. Nur wenn eine merkliche Beeinträchtigung prognostiziert werden kann, kommt das Gebiet als Sperrgebiet in Frage. Grundsätzlich kann nicht nur dieser eine Standort, sondern muss das gesamte Stadtgebiet betrachtet werden, weshalb die Prüfung einige Wochen in Anspruch nehmen kann.

Zudem hat die Verwaltung gegenüber der Politik noch einmal erläutert, dass grundsätzlich eine Zulässigkeit von bordellähnlichen Betrieben in Gewerbegebieten besteht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil aus 1983 hervorgehoben, dass es gerade die Zweckbestimmung von Gewerbe­gebieten sei, solchen Betrieben einen Standort zu bieten, die in Hinblick auf ihre spezifischen Standortanforderungen und ihre Auswirkungen zu Unzulänglichkeiten in Gebieten führen würden, in denen auch oder sogar vorwiegend gewohnt wird. Für das Gewerbegebiet an der Berliner Straße bedeu­tet dies, dass Bordelle und bordellartige Betriebe aus planungsrechtlicher Sicht eine gebiets­typische Nutzung darstellen.

Eine reine Verhinderungsplanung ist rechtswidrig


Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, bietet das Planungsrecht bei Aufstellung eines Bebauungsplans zwar grundsätzlich die Möglichkeit, innerhalb einer im Gebiet zulässigen Nutzungsart noch weiter zu differenzieren. Für die Aufstellung eines solchen Bebauungsplans bedarf es jedoch städtebaulicher Gründe beziehungsweise einer positiven Plankonzep­tion. Eine reine Verhinderungsplanung, in der es allein darum geht, ein konkretes Bauvorha­ben abzuwehren, ist hingegen rechtswidrig.

Als Beispiel für eine "positive" Planung nennt die Verwaltung etwa den Bebauungs­plan "Maybachstraße-Nord". Städtebauliches Ziel ist es dort, den Standort vorwiegend dem Produktions- und Dienstleistungsgewerbe vorzuhalten und Bordelle und bordellähnliche Betriebe auszuschließen. Begründet wird dies dadurch, dass in dem Gebiet mit vorwiegend hochwertigen gewerblichen Nutzungen ins­besondere solche anderen Nutzungen ausgeschlossen werden sollen, die häufig bodenrechtli­che Spannungen auslösen und eine Verschlechterung der Gebietsqualität (Trading-Down-Effekt) in Folge der Verdrängung klassischer Gewerbebetriebe nach sich ziehen.

Ein solcher Verdrängungseffekt klassischer Gewerbebetriebe ist in dem zur Rede stehenden Bereich an der Berliner Straße aufgrund der dort vorhandenen heterogenen Nutzungen ins­besondere auch im Hinblick auf die bereits vorhandene Vergnügungsstätte jedoch nicht zu erwarten, so die Verwaltung in einer aktuellen Stellungnahme für den Planungs- und Umweltausschuss. So wurde der Gewerbestandort in dem vom Rat beschlossenen Vergnügungsstät­tenkonzept gerade wegen seiner vielfältigen städtebaulichen Struktur als verträglich einge­stuft. Auch für die dort bereits ansässigen Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe, medizi­nischen Praxen und Sporthallen, etc. sind keine negativen Auswirkungen und kein Trading-Down-Effekt zu erwarten, wie das beispielsweise an der Maybachstraße zu erwarten gewe­sen wäre.

Bebauungsplan wäre gerichtlich angreifbar


Ein Ausschluss von Bordellen und bordellartigen Betrieben lässt sich unter diesen Rahmen­bedingungen aus planungsrechtlicher Sicht nicht ausreichend begründen, so die Verwaltung. Ein entsprechen­der Bebauungsplan wäre mangels Planerfordernis gerichtlich angreifbar. Unabhängig von der Aufstellung eines Bebauungsplanes wirken die Plansicherungsinstru­mente wie Zurückstellung und Veränderungssperre nur auf Bauanträge und Bauvoranfragen, über die noch nicht bauaufsichtlich entschieden worden ist. Das heißt, dass ein jetzt aufge­stellter Bebauungsplan keinen Einfluss mehr auf die Bestandskraft des bereits 2019 erteilten Bauvorbescheides hat.


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