Braunschweiger Start-Up entwickelt Antikörper-Immuntherapie

Durch eine solche passive Therapie könne ein Medikament gegen das Coronavirus entwickelt werden können.

Die beiden Promovierenden Nora Langreder und Kai-Thomas Schneider arbeiteten bei der Entdeckung der Antikörper mit.
Die beiden Promovierenden Nora Langreder und Kai-Thomas Schneider arbeiteten bei der Entdeckung der Antikörper mit. | Foto: Michael Hust/TU Braunschweig

Braunschweig. Antikörper haben eine wichtige Rolle im Immunsystem: Sie verhindern, dass Krankheitserreger in unsere Zellen eindringen können. Da SARS-CoV-2 aber ein neuartiges Virus ist, haben viele Menschen noch keine Antikörper gegen den Erreger gebildet. Hier könnte eine passive Immuntherapie helfen, bei der im Labor erzeugte Antikörper verabreicht werden. Sie liefern einen Schutz, bis das Immunsystem eigene Antikörper produziert hat. Ein solches Medikament will die CORAT Therapeutics GmbH entwickeln, die mit finanzieller Unterstützung des Landes Niedersachsen und einer Braunschweiger Investorengruppe jetzt durchstartet. Die Grundlage für ihre Arbeit sind die neutralisierenden Antikörper gegen COVID-19, die die Technische Universität (TU) Braunschweig gemeinsam mit dem Biotechnologieunternehmen YUMAB GmbH im CORAT Konsortium entwickelt hat. Dies berichtet die TU Braunschweig.


„Impfungen können Gesunde schützen, aber bereits an COVID-19 erkrankte Patientinnen und Patienten nicht heilen. Dafür brauchen wir ein ganz anders wirkendes, zusätzliches Medikament“, sagt Professor Michael Hust vom Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik der TU Braunschweig. Hier könnte eine passive Immuntherapie mit menschlichen Antikörpern, die biotechnologisch erzeugt werden, zum Einsatz kommen.

Hervorragendes Teamwork


Bis zu einem fertigen Antikörpermedikament sind viele Schritte und Tests notwendig. Die Forschung dazu ist im CORAT Konsortium gebündelt. Der erste, wichtige Meilenstein war, neutralisierende Antikörper-Kandidaten zu finden. Das ist in den Laboren der Abteilung Biotechnologie der TU Braunschweig und dem Biotechnologieunternehmen YUMAB gelungen. „Diese außergewöhnlich schnelle Entwicklung von Antikörpern war nur durch ein hervorragendes Teamwork möglich. Ich möchte besonders unseren Promovierenden, Postdocs und den technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren wirklich außergewöhnlichen Einsatz danken“, sagt Professor Stefan Dübel vom Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik der TU Braunschweig.

Antikörper direkt im Reagenzglas erzeugen


Die neutralisierenden Antikörper wurden mithilfe des Antikörper-Phagen-Displays erzeugt. „Mit dieser Methode können Antikörper direkt im Reagenzglas erzeugt werden, anstatt wie früher durch die Immunisierung von Tieren. Außerdem erzeugen wir so von Anfang an menschliche Antikörper“, so Stefan Dübel, einer der Erfinder der Methode.

Die vielversprechendsten Kandidaten wurden dann am Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung von Professor Luka Čičin-Šain und seinem Team auf ihre Fähigkeit getestet, die Vermehrung der SARS-CoV-2 Viren zu blockieren.

Weitere Schritte


Der nächste Schritt auf dem Weg zu einer passiven Immuntherapie gegen COVID-19 sind klinische Studien. Das Zulassungsverfahren für Antikörpermedikamente dauert normalerweise mehrere Jahre. Erst nach erfolgreichen klinischen Testreihen kann das Medikament in Krankenhäuser und Arztpraxen gelangen. Um diese Prozesse unter Berücksichtigung aller Sicherheits- und Qualitätsanforderungen für Medikamente zu optimieren und die Zeit deutlich zu verkürzen, wurde die CORAT Therapeutics GmbH gegründet.

Professorin Anke Kaysser-Pyzalla, Präsidentin der TU Braunschweig, hebt den Einsatz aller Beteiligten hervor: „Gerade in schwierigen Zeiten ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen, Start-ups und Unternehmen wichtig, um Ziele wie die Entwicklung eines COVID-19-Antikörpermedikaments zu erreichen. Durch den außergewöhnlichen Einsatz aller Beteiligten sind wir dem Ziel einen Schritt näher gekommen. Ich wünsche der CORAT Therapeutics GmbH auch weiterhin viel Erfolg!“

Die Forschung an COVID-19 Antikörpern läuft am Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik weiter. Professor Dübel: „Wir haben einen riesigen Schatz an Material, das wir in weiteren Projekten einsetzen können. Antikörper sind ja auch hervorragende Werkzeuge für die Grundlagenforschung, zum Beispiel zur Aufklärung von Infektionsmechanismen.“ Auch Professor Michael Hust forscht weiter im internationalen COVID19-Konsortium "ATAC" im Rahmen des EU Horizon2020 Corona-Förderprogramms.

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