Braunschweig. Einbrüche bei den Steuereinnahmen als Folge von Corona werden auch nach der Pandemie noch über mehrere Jahre die kommunale Handlungsfähigkeit bedrohen. Derzeit gebe es deutliche Fragezeichen, ob die Steuerausfälle der Kommunen wie im vergangenen Jahr erstattet werden. Damit die Kommunen handlungsfähig bleiben und kommunale Investitionen nicht einbrechen, seien aber schnelle und entschiedene Hilfen von Bund und Ländern dringend notwendig, wie die Stadt Braunschweig in einer Pressemitteilung berichtet.
2020 glichen Bund und Länder die Gewerbesteuerausfälle der Städte und Gemeinden mit 12,4 Milliarden Euro schnell und unkonventionell aus. So wurden die Haushalte der Städte und Gemeinden erfolgreich stabilisiert, und die Investitionen blieben auf hohem Niveau. Der Deutsche Städtetag hat Bund und Länder aufgefordert, auch in diesem und dem kommenden Jahr gemeinsam mit den Ländern die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer zu kompensieren und dafür zu sorgen, dass die kommunalen Investitionen stabil bleiben.
Ohne Hilfe herrscht der Rotstift
Dieser Forderung schließt sich Oberbürgermeister Ulrich Markurth uneingeschränkt an: "Für Braunschweig gilt: Ohne schnelle Hilfe von Bund und Land wird bei uns der Rotstift herrschen. Wir würden zu kurzfristigen Sparmaßnahmen gezwungen, die auf lange Sicht unserer Stadt Schaden zufügen. Das kann niemand wollen!" Der OB appelliert an die örtlichen Bundestags- und Landtagsabgeordneten: "Ohne Hilfe von Bund und Land wird unsere Stadt die coronabedingten Haushaltsprobleme nicht ohne Schaden bewältigen können. Ich fordere Sie auf, sich im Bundestag bzw. im Landtag für eine Kompensation der Steuermindereinnahmen einzusetzen."
Bis zu zehn Milliarden weniger Einnahmen
Ein Abgleich zwischen der Steuerschätzung vom November 2019 – der letzten Steuerschätzung vor der Corona-Pandemie – und der jüngsten Steuerschätzung vom Mai 2021 verdeutlicht den historisch einmaligen Einbruch der Erwartungen bundesweit: Das Volumen der Steuermindereinnahmen beträgt in diesem Jahr 9,4 Milliarden Euro, dies entspricht etwa 110 Euro je Einwohner. Im kommenden Jahr ist mit Steuermindereinnahmen von gut 10 Milliarden Euro zu rechnen. Die Steuereinnahmen steigen zwar gegenüber dem katastrophalen Einbruch im vergangenen Jahr an. Aber die kommunalen Steuereinnahmen liegen sowohl in diesem als auch den kommenden Jahren noch deutlich unter dem ursprünglich erwarteten Niveau.
Die dramatische Entwicklung macht auch vor Braunschweig nicht halt. Dies zeigt der Vergleich zwischen den Haushaltsplanungen und der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung aus dem Jahr 2020 und dem aktuellen Planungsstand auf Basis der jüngsten Steuerschätzung. Während die Stadt vor der Corona-Pandemie für das Jahr 2021 noch mit einem Gewerbesteueraufkommen von 177 Mio. Euro rechnen konnte, musste sie diese Erwartung um 22 Millionen Euro nach unten korrigieren. Und selbst dann bleiben Risiken, dass das Ergebnis schlechter ausfällt als erwartet.
Vergleichbares gilt für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Anstelle von ursprünglich 150 Millionen Euro rechnet die Finanzverwaltung jetzt nur noch mit einem Aufkommen von 136 Millionen Euro – das ist ein Einbruch von 14 Millionen Euro. Aus dem kommunalen Finanzausgleich sind im Vergleich zu den ursprünglichen Erwartungen auch keine Mehreinnahmen zu erhoffen; im Vergleich zur Vorjahresplanung für 2021 sinken die Einnahmen um 6 Millionen Euro.
Hohe finanzielle Risiken bei der Digitalisierung
"Die Erfüllung von auf Bundesebene beschlossenen Rechtsansprüchen stellt uns heute schon vor große, nicht nur finanzielle Herausforderungen", betont Erster Stadtrat und Stadtkämmerer Christian Geiger. Zudem zeichne sich ab, dass weitere Rechtsansprüche im Ganztagsschulbereich schon von vornherein nicht auskömmlich finanziert seien. "Auch in weiteren Aufgabenfeldern, etwa im Bereich der Digitalisierung der Schulen, ergeben sich hohe finanzielle Risiken, nicht allein für den Aufbau der benötigten Infrastruktur, sondern vor allem auch beim Betrieb und zukünftigen Ersatz der erforderlichen Technik." Ohne eine weitere Unterstützung von Bund und Ländern stehe insbesondere auf dem Prüfstand, welche dringend notwendigen Zukunftsinvestitionen verschoben oder gar ganz aufgegeben werden müssten.
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