Braunschweig. Für das ungeübte Auge kann Graffiti schon mal aussehen wie eine Schmiererei. Das es jedoch auch eine Kultur des politischen Protestes, eine breite Kunstgattung ist – ein Handwerk, das es zu erlernen gilt – erfährt man in dem Workshop mit dem Braunschweiger Graffiti-Künstler Kube. Er zeigt Kindern und Jugendlichen diese Woche im B58 wie es geht. Wie es legal geht.
Sie sind auf Zügen und Straßenbahnen, auf Hauswänden, Hinterhöfen, Toilettentüren, Schreibtischen und auf der Rückseite des Sitzes im Bus: Graffiti sind überall. Es gibt keine Kunstform, die so vielfältig und massig zu finden ist wie diese. Es gibt auch kaum eine Kunstform, die so wenig akzeptiert wird. Als vor kurzem der bekannte Hamburger Sprayer OZ gestorben ist, hat die Szene medial neue Aufmerksamkeit erfahren. Beachtung, die erneut eine Diskussion ausgelöst hat: Graffiti als Kunst oder Sachbeschädigung?
Wie, wo und warum, das erklärt Kube den Jugendlichen in dem Workshop, der diese Woche im Rahmen des "Battle of the Year" stattfindet. Er weiß, was er tut: "Ich mache schon seit 20 Jahren Graffiti und ich will das, was ich da mache, auch verstehen", sagt er. Viele würden nur schreiben, weil es cool wäre. "Aber es ist mehr, als nur ein Buchstabe." Hauptberuflich ist der 32-Jährige Heilerziehungspfleger, gibt jedoch schon seit einiger Zeit Kurse für Einsteiger und ist professioneller Schreiber, wie er sagt.
Am Anfang ist der Zug das weiße Blatt
Alles beginnt mit Zettel und Bleistift: "Zeichnet erstmal irgendeinen Namen", sagt Kube. Nach und nach gibt er ihnen die Tutorials, um einen stileigenen Schriftzug zu zeichnen. Pfeile, Verbindungen zwischen den Buchstaben; Kugelschreiber ist besser als Bleistift – es kristallisieren sich schnell Talente heraus. Bis sie allerdings mit der Sprühdose an eine freigegebene Wand dürfen, dauert es wohl noch ein paar Tage – bis dahin üben die Nachwuchskünstler noch fleißig weiter. Während die Gruppe vor sich hin probiert, beginnt Kube von der Geschichte der Graffiti-Kunst zu erzählen und alle horchen auf: New York, Berlin, Amsterdam, Paris – das klingt groß. Er holt ein paar Bücher heraus und zeigt ihnen, wie alles auf den Zügen und Straßenbahnen begann.
Für einige, der Teilnehmer, ist vielleicht auch dieser Workshop der Beginn. Der Anfang als Künstler in einem von vielen Menschen unwissentlich beachteten Bereich der abstrakten Malerei.
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