Braunschweig. Ob 8,50 Euro viel Geld sind, liegt ganz im Auge des Betrachters. Manchmal kann dasselbe Auge denselben Betrag auf zwei unterschiedliche Arten sehen - wie im Fall von Taxiunternehmern. Denn die Branche muss sich ab dem 1. Januar deutlich umstellen. Höhere Fahrpreise sind geplant, Kündigungen wahrscheinlich.
Dass Taxifahrer mehr verdienen sollen als bisher, dagegen hat kaum jemand etwas. Aktuell komme ein Fahrer in Braunschweig im Monatsdurchschnitt auf sechs bis sieben Euro pro Stunde, sagt Burkhard Scheller, Geschäftsführer der Taxiruf Braunschweig GmbH und selbst Betreiber eines Taxiunternehmens mit 14 Fahrzeugen. 8,50 Euro seien ein angemessener Lohn, findet er. Doch wie die Unternehmen das realisieren sollen, fragen sich so einige Branchenvertreter.
"Es gibt Schichten, da fahren die Fahrer in zehn Stunden 30 bis 40 Euro ein", erzählt Gunther Zimmermann, Taxi-Experte beim Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen. Um den Mindestlohn zu finanzieren, müsse aber pro Stunde ein Umsatz von 30 Euro gemacht werden. "Wenn man die Umsätze nicht hat, kostet das Arbeitsplätze." Er schätzt, dass in Niedersachen 500 bis 1000 Taxifahrer ihren Job verlieren werden.
Preiserhöhungen um 25 Prozent werden erwartet - und Abrechnung nach Zeit
Um das möglichst zu verhindern, gibt es interne Stellschrauben, an denen ein Unternehmen drehen kann - wenn es groß genug ist. Ein weiterer Weg, mehr Geld in die Kassen zu bekommen, ist eine Tariferhöhung. So etwas passiert selten im Taxibereich. "Kaum eine andere Branche ist so zurückhaltend mit Erhöhung wie die Taxibranche", sagt Zimmermann. Nun sei es an der Zeit. Entsprechende Anträge liegen den Gremien in den Städten und Landkreisen Niedersachsens vor. Denn diese müssen darüber entscheiden, wie der künftige Tarif jeweils aussehen soll.
Stimmen die Entscheidungsträger in Braunschweig dem neuen Tarif zu, müsse man einer Erhöhung von bis zu 25 Prozent rechnen, sagt Burkhard Scheller. Dazu kommt, dass in dem neuen Tarifmodell nicht nur die Entfernung und die Grundgebühr den Preis bestimmen, sondern auch eine Zeitkomponente eingeführt wird. "Wenn ich nach Zeit bezahlen muss, muss ich auch nach Zeit abrechnen", erklärt Scheller. Eine Strecke von fünf Kilometern kann also unterschiedlich viel kosten, je nach Verkehrslage und Geschwindigkeitsbegrenzung. "Als Kunde kann man so nicht mehr vorher wissen, was die Fahrt am Ende kosten wird", sagt Scheller.
Keine spontanen Taxifahrten mehr
Entscheidend für die Kunden sei aber nicht der höhere Preis, sondern die Verfügbarkeit. "Mit einem Stundenlohn können wir es uns nicht mehr leisten, ein Taxi leer herumstehen zu lassen", erklärt Scheller. Vorbestellungen werden seiner Ansicht nach zur Regel werden. "Wer schnell und spontan ein Taxi haben will, wird künftig Probleme haben", sagt er. Auch geht er davon aus, dass die Fahrer eher auf lukrativere Zeiten reduziert werden, um die Arbeitsplätze zu erhalten. "Es wird zu einer Verknappung des Verkehrsmittels Taxi kommen", glaubt Scheller.
Für Kunden, die sich über die kommenden Preiserhöhungen beschweren, hat Gunther Zimmer klare Worte. "Wer sich einen Abend in der Disko und im Theater leisten kann, sollte das Geld fürs Taxi auch noch übrig haben." Die Gesellschaft sei falsch konditioniert: "Wir müssen uns davon verabschieden, dass es bestimmte Wirtschaftsbereiche gibt, die für 'nen Appel und 'n Ei arbeiten." 8,50 Euro sei nicht viel Geld - die Menschen müssten begreifen, dass das Taxi einen Wert hat.